In der SPÖ in NÖ brodelt es: "Vielleicht haben wir zu hoch gepokert"
Spricht man dieser Tage mit SPÖ-Mitgliedern, dann fällt oft der Name Josef Leitner, den eigentlich alle nur Sepp nennen. Leitner war von 2008 bis 2013 Landesparteiobmann der Sozialdemokraten in Niederösterreich, und er legte sich gerne mit dem damaligen ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll an.
Der kantige Kurs hatte Folgen. "Wir mussten um jeden Cent betteln gehen, hatten nichts mitzureden", erinnert sich ein roter Gemeindevertreter.
Mit dem Wechsel an der Landesspitze soll sich die Atmosphäre zwischen Schwarz und Rot deutlich verbessert haben. "Johanna Mikl-Leitner hat uns viel mehr Raum gegeben. Plötzlich passierten Dinge, die vorher undenkbar waren", erzählt ein SPÖ-Mitglied.
So durfte sich etwa Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig im Kampf gegen die Corona-Pandemie profilieren, auch zu den Feierlichkeiten "100 Jahre Niederösterreich" wurde die Opposition eingebunden.
Neue Eiszeit?
Nach dem Aus der Koalitionsverhandlungen befürchten einige Sozialdemokraten wieder eine Eiszeit zwischen Schwarz und Rot - wie es eben auch unter Josef Leitner war. "Jetzt stehen wir noch im Rampenlicht, das ist natürlich auch unserem neuen Chef Sven Hergovich geschuldet. Aber nach der konstituierenden Sitzung beginnt die Flächenarbeit. Da könnte es bis zur nächsten Wahl wirklich mühsam werden", sagt ein SPÖ-Funktionär.
Dabei gab es maßgebliche Kräfte, die sich für eine Zusammenarbeit mit der Volkspartei stark gemacht haben sollen. Dazu gehörten der St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler, der die Landeshauptstadt mit absoluter Mehrheit regiert. Und auch Markus Wieser, der Chef der Arbeiterkammer NÖ. Aus ihrem Umfeld ist zu hören, dass sie über die aktuellen Entwicklungen "nicht glücklich" seien.
Immer wieder ist auch von jenem neuen Team die Rede, dem Hergovich das Vertrauen schenkt. Christopher Berka, Wolfgang Zwander und Daniel Steinlechner, sie alle haben einen Bezug zum ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern.
"Sie haben geglaubt, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl niemals eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und den Freiheitlichen zulassen werde. Deshalb dürfte auch in den Verhandlungen so hoch gepokert worden sein. Vielleicht zu hoch", sagt ein roter Funktionär.
"Hergovich spricht eine deutliche Sprache"
Andere hingegen können mit der aktuellen Situation gut leben. "Ich bin froh, dass wir einen Landesparteiobmann haben, der eine deutliche Sprache spricht und von seinen Forderungen nicht abrücken will. Der Volkspartei ist einfach nicht bewusst geworden, dass sie keine Alleinregierung mehr hat", so ein SPÖ-Bürgermeister aus dem Mostviertel.
Offiziell nimmt man in der SPÖ-Parteizentrale das Thema Verhandlungsstopp gelassen: "Der ÖVP steht es völlig frei, ihren Regierungspartner selbst zu wählen. Aber die ÖVP muss sich entscheiden: Will sie das Beste für sich selbst rausholen. Oder mit der Sozialdemokratie das Beste für Niederösterreich", heißt es.
Zeichen stehen auf Schwarz-Blau
Jetzt stehen die Zeichen in Niederösterreich jedenfalls auf Schwarz-Blau. Wie schnell und ob sich die beiden Parteien einigen können, ist noch ungewiss. Zu hören ist, dass man auch darüber diskutiert, wie sich FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer am 23. März bei der konstituierenden Sitzung des Landtags verhalten wird. Landbauer hatte ja angekündigt, dass er Johanna Mikl-Leitner nicht wählen werde. Dies könnte tatsächlich der Fall sein, eine Zusammenarbeit soll es dennoch geben, wird aus Verhandlungskreisen berichtet wird.
Kommentare