Durch Rendi-Wagners Rücktritt muss die SPÖ auch ihre Klubspitze neu besetzen. Geringe Chancen rechnen Parteikenner dem aktuellen Vizeklubchef Jörg Leichtfried zu. Auch für diese Spitzenposition fällt der Name Julia Herr – und zwar selbst für den Fall, dass Doskozil Parteichef wird. Warum? Die Frauenquote im Team des Burgenländers ist überschaubar, Herr gilt als Vertraute von Max Lercher und wurde ursprünglich sogar Doskozils Team zugerechnet. Als Frau aus dem linken SPÖ-Flügels könnte sie ein personelles Zugeständnis an Bablers Unterstützer sein.
Andererseits: Auch Klubobfrau-Stellvertreter Philip Kucher käme für höhere Weihen infrage. Immerhin sprach sich der Kärntner als einer der ersten höherrangigen Roten für Doskozil aus.
Blockadehaltung
Sobald die neue Klubführung feststeht, wird auch eine inhaltliche Entscheidung fällig. Der SPÖ-Klub hat vor drei Wochen angekündigt, im Parlament keinen Gesetzesvorlagen, die von den Regierungsparteien kommen, mehr zuzustimmen. Das gelte so lange, bis Türkis-Grün preissenkende Maßnahmen beschließe, hieß es. Die Inflation ist im Mai auf 8,8 Prozent gesunken, liegt aber weiterhin deutlich über dem Schnitt der Eurozone. Von der SPÖ-Blockade sind all jene Gesetze betroffen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen – auch mehrere wichtige Energiegesetze. Während sich Doskozil deutlich für die Blockade aussprach, plädierte Babler dafür, fallweise zu entscheiden.
Löwelstraße
2019 war die SPÖ hoch verschuldet, weshalb Deutsch einen Sanierungskurs einleitete. Werde dieser fortgesetzt, sei die Partei 2025 schuldenfrei, so Deutsch bei seinem Abschied. Zu diesem Kurs gehört auch ein Auszug aus der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße 18 – seit 1945 Adresse der Bundes-SPÖ. Das Objekt gehört der Stadt Wien. Doskozil hat sich klar gegen einen Auszug ausgesprochen, auch Babler würde diesen als Parteichef noch einmal prüfen. Laut Deutsch gebe es schon einen Ersatz-Standort.
Doppelrolle
Mangels eines Mandats im Nationalrat können weder Doskozil noch Babler zum SPÖ-Klubobmann gewählt werden. Was machen sie also in den kommenden eineinhalb Jahren, sollten sie den Parteivorsitz übernehmen? Hier ähneln sich die Planungen. Doskozil will dem Vernehmen nach bis drei oder vier Monate vor der Nationalratswahl noch Burgenlands Landeshauptmann bleiben. Dann will er das Burgenland geordnet übergeben und den vollen Fokus auf den Nationalratswahlkampf richten. Mögliche Nachfolger im Burgenland: Astrid Eisenkopf, Heinrich Dorner oder Leonhard Schneemann. Auch Babler will, heißt es aus seinem Umfeld, vorerst Traiskirchens Bürgermeister bleiben. Er hätte dann sogar parallel drei Aufgaben: Parteichef, Bundesrat, Bürgermeister.
Kommunikationschefs
Weder Doskozil noch Babler dürften weiterhin auf Strategie- und Kommunikationschef Stefan Hirsch sowie auf Thomas Walach, Chef vom Dienst für digitale Kommunikation, setzen. Babler verfügt für seine Pressearbeit über ein junges, weitgehend unbekanntes, aber eingeschworenes Team.
Doskozil dürfte mit seinen engsten Vertrauten – unter anderem Büroleiter Herbert Oschep – antreten.
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