Was Michael Ludwigs Schwenk bedeutet
Doch was steckt hinter dem Vorstoß Ludwigs und der SPÖ? Ehrliches Eintreten für den Naturschutz oder reine Wahlkampf-Taktik? Und wie glaubwürdig kann die Wiener Landespartei, die wegen ihres Festhaltens am umstrittenen Lobautunnel von Gegnern gerne als "Betonierer-Partei" hingestellt wird, die Rolle als neue "Öko-Partei" spielen?
Hört man sich in der Wiener Landespartei um, wird von verschiedenen Seiten Ludwigs Schwenk folgendermaßen erklärt: Gerade Wien und Kärnten hätten in den vergangenen Jahren bereits sehr viel in Sachen Renaturierung unternommen – die Bundeshauptstadt etwa mit der Neugestaltung von Wienfluss und Liesingbach.
Lediglich um die anderen Bundesländer nicht zu verprellen, habe man sich zunächst dennoch ihrer Ablehnung angeschlossen. Auch in der Überzeugung, dass in dieser Causa ohnehin vor allem eine Einigung zwischen Grünen und der ÖVP auf Bundesebene nötig sei.
„Dann wurde aber von den Grünen und Gewessler versucht, die Verantwortung für Österreichs fehlender Zustimmung allein den Bundesländern und im Speziellen Wien zuzuschieben“, sagt ein Funktionär.
Gegipfelt sei dies in einem eigenen Sonderlandtag Mitte Mai, den die Wiener Grünen einberufen hätten. „Das hat Ludwig zu der Klarstellung veranlasst, dass er keineswegs die treibende Kraft hinter der Ablehnung ist. Er wollte nicht stehenlassen, dass er der Chef-Betonierer sei.“
Ein roter Parteistratege formuliert es so: „Es ist legitim, dass die Grünen mit diesem Thema kampagnisieren. Aber dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn auch andere Parteien dieses Thema aufnehmen.“
"Strategische Entscheidungen" der SPÖ
Dass jetzt sogar Babler und Häupl für die Renaturierung Werbung machen, deutet allerdings darauf hin, dass es der SPÖ um mehr geht als um diese punktuelle Klarstellung. „Politische Entscheidungen sind immer auch von strategischen Entscheidungen geprägt“, bestätigt der Funktionär.
Demnach habe sich in der SPÖ die Überzeugung durchgesetzt, dass man von der FPÖ, die sich im Kampf um die Wähler allein mit der ÖVP matcht, kaum Stimmen gewinnen könne. Sehr wohl könne man der linken Konkurrenz, also vor allem den Grünen Wähler abspenstig machen. Insofern sei eine stärkere Positionierung beim Klimaschutz sinnvoll. Auch in Hinblick auf die Wien-Wahl 2025.
SPÖ kämpft um grüne Stimmen
Ähnlich sieht das auch der PR-Berater und ehemalige SPÖ-Parteimanager Josef Kalina. „Natur-, Umwelt- und Klimaschutz ist einer großen Gruppe der Bevölkerung sehr wichtig. Deshalb ist es vernünftig, dass die SPÖ hier ein Signal setzt, schließlich geht es um einen großen Wählermarkt.“
Für Kalina sei es sehr wohl möglich, gleichzeitig für Umweltschutz und den Bau des Lobautunnels zu sein. „Die Mehrheit der Menschen ist überzeugt, dass dieses Projekt notwendig ist.“ Zugleich unternehme gerade Wien seit jeher sehr viel in Sachen Klimaschutz, betont der Experte. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem die zuständigen Stadträte Ulli Sima und Jürgen Czernohorszky nicht einen Baum pflanzen oder einen Radweg eröffnen.“
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