SPÖ: Erster Antrag auf Parteiausschluss von Alfred Gusenbauer
Jetzt muss sich die SPÖ doch mit einem möglichen Parteiausschluss von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer befassen. Es liegt ein Antrag der Wiener Sektion 8 vor.
Die Mitglieder des SPÖ-Bundesparteivorstands haben am Wochenende einen Antrag übermittelt bekommen, über den sie eigentlich nicht mehr diskutieren wollten: Die Aufforderung an die Bundespartei, ein Verfahren nach Paragraf 12 Parteistatut gegen Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer einzuleiten.
Mit anderen Worten: Der einstige Bundesparteiobmann soll aus der Partei ausgeschlossen werden. Absender ist die Sektion 8 aus Wien-Alsergrund, aus der auch Parteirebell Nikolaus Kowall stammt.
Bezirkspartei am Zug
Formal eingebracht ist der entsprechende Antrag aber nicht, wie die Sektion am Montag betonte: „Wir haben den Antrag auch zu Informationszwecken an die Mitglieder des Bundesparteivorstands geschickt - allerdings haben wir als Sektion kein 'Antragsrecht', das hat nur die nächst höhere Ebene, die SPÖ Alsergrund“, schreibt Sektionsleiterin Lea Six. Auf dieser Ebene sei der Antrag jedoch bisher weder diskutiert noch beschlossen worden. Das werde erst bei der Jahreskonferenz der SPÖ Alsergrund stattfinden.
Wann diese stattfindet, sei aber noch nicht fixiert, sagt Bezirksgeschäftsführer Christopher Maurer zum KURIER. Denkbar sei ein Termin im Herbst. Sollte die Bezirkspartei dem Antrag zustimmen, würde mit der Causa der Bundesparteivorstand beschäftigt werden, der dann über die Einsetzung eines Schiedsgerichts zum Ausschlussverfahren zu entscheiden hätte.
Die Diskussion über Alfred Gusenbauer hatte Bundesparteiobmann Andreas Babler zu Beginn des Jahres erwischt. Da war aufgekommen, wie sehr der rote Ex-Bundeskanzler in die Signa-Affäre verwickelt ist. Als Aufsichtsrat und als millionenschwerer Berater von Rene Benko.
Absage von Alfred Gusenbauer
Andreas Babler erklärte dazu in einem ZIB2-Interview mit Armin Wolf, dass er die Vorgehensweise von Gusenbauer zwar moralisch verurteile, das Parteistatut aber keine Möglichkeit vorsehe, dass es deswegen ein Parteiausschlussverfahren geben könnte. Dies sei auch die Position der Führung der SPÖ Alsergrund, betont Bezirksgeschäftsführer Maurer.
Landesparteiobleute wie der Burgenländer Hans Peter Doskozil waren gegenteiliger Meinung. Dieser erklärte, dass er ein Ausschlussverfahren einleiten würde, wenn Gusenbauer Mitglieder seiner Landespartei wäre.
Dem widersprach etwa Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser ganz klar. Er sehe keinen Grund für so ein Verfahren. Genauso haben es die Niederösterreicher mit Sven Hergovich an der Spitze gesehen. Wiener Genossen und der Tiroler Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer wollten Gusenbauer dazu bewegen, seine Mitgliedschaft ruhend zu stellen.
Der Betroffene selbst erteilte dem Ganzen eine Absage. In einem Interview auf Ö1 erklärte Gusenbauer, dass er keinen Grund sehe, aus der Partei auszutreten. Das Spannende dabei: Einen direkten Kontakt zwischen dem Ybbser und Parteichef Andreas Babler hatte es zu dem Thema nicht gegeben. Gusenbauer war nur noch für bestimmte Parteifunktionäre erreichbar.
Die Vorwürfe aus der Sektion 8
Mit diesen Festlegungen hätte das Thema innerparteilich eigentlich abgehakt sein sollen.
Dem macht jetzt die Sektion 8 aus Wien einen Strich durch die Rechnung. In dem Antrag, der schon aus dem Dezember stammt, heißt es unter anderem: "Wie bislang nicht dementierte Recherchen unabhängiger Medien ergeben haben, hat der frühere soazialdemokratische Kanzler Alfred Gusenbauer sein moralisch und politisch fragwürdiges Engagement bei dem Signa Konzern von Rene Benko, der Geschäfte mit ruinösen Immobilien-Pyramidenspielen betreibt, bereits in seiner Amtszeit sorgsam vorbereitet."
Und weiter: "Ebenso hat er dies mit seinem Engagement für eine pro-russische Nichtregierungsorganisation gehalten, die schon damals erkennbar von "Putins Leuten" geführt (vom ehemaligen Eisenbahn-Chef und christlich-orthodoxem Reaktionär Wladimir Janunkin) und als Propagandainstrument gegen "den Westen" eingesetzt wurde."
Schaden für Neu-Positionierung der SPÖ
Deswegen müsse sich die SPÖ von ihm trennen. "Diese Parteimitgliedschaft hängt aber nicht nur Gusenbauer an, sie klebt ebenso an der SPÖ, die gerade den oben beschriebenen Neustart hinlegt. In den kommenden Monaten haben wir einen Wahlkampf zu schlagen, der über die Zukunft des Landes entscheiden wird. In ihm wird es darum gehen, eine Neuauflage der ruinösen neoliberalen und rechtspopulistischen Koalition aus FPÖ und ÖVP nicht nur zu verhindern, sondern diese mit einem eigenen Entwurf für eine gerechte Zukunft des Landes zu konfrontieren."
Da passe die Signa-Affäre rund um Alfred Gusenbauer nicht mehr hinein, so die Schlussfolgerung. Wobei auch darauf verwiesen wird, dass sich die Partei unter Andreas Babler in der Gesellschaft gerade neu positioniere.
Hohe Parteiauszeichnung für Gusenbauer
Für Andreas Babler ist dieser Antrag eine innerparteilich hohe Hürde. Auf der einen Seite hat er jene - nicht unwichtigen - Funktionäre, die gegen einen Parteiausschluss von Gusenbauer sind. So hat der Niederösterreicher unter dem damaligen Landesparteiobmann Franz Schnabl die Viktor-Adler-Plakette als höchste Auszeichnung der Sozialdemokratie für seine politischen Verdienste erhalten. Bei der Verleihung waren immerhin auch Pamela Rendi-Wagner, Heinz Fischer, Werner Faymann und Hans Niessl anwesend. Auf der anderen Seite ist die Sektion 8 mit Nikolaus Kowall jene Parteiorganisation, die mitentscheidend war, dass Andreas Babler am 3. Juni 2023 in Linz zum Bundesparteiobmann gewählt worden ist. Und diese fordert von der neuen "Babler-SPÖ" eine klare Positionierung.
Gleichgültig, wie der Bundesparteivorstand nun mit diesem Antrag umgeht, einfach wird es für Babler und seine SPÖ nicht. Das Thema wird auch im kommenden U-Ausschuss mitschwingen, wenn sich SPÖ und FPÖ mit den Millionären im Umfeld der ÖVP befassen.
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