Zadić gegen Karner: Der Spionagefall Ott und seine Folgen
Es könnte sich um einen der größten Spionagefälle der Zweiten Republik handeln: Der ehemalige Verfassungsschützer Egisto Ott soll russische Geheimdienste jahrelang mit streng vertraulichen Informationen versorgt haben – unter anderem über Verfassungsschutzmitarbeiter. Ott wurde am Karfreitag in Kärnten verhaftet. Aber welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen einem Spion in Österreich überhaupt?
Derzeit bestimmt Paragraph 256 des Strafgesetzbuchs: „Wer zum Nachteil der Republik Österreich einen geheimen Nachrichtendienst einrichtet oder betreibt oder einen solchen Nachrichtendienst wie immer unterstützt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“
Heißt: Man darf in Österreich also nicht zum Nachteil Österreichs spionieren.
Spionage gegen internationale Organisationen oder zum Nachteil anderer Länder ist aber legal. Und das, obwohl wichtige internationale Organisationen wie UNO, OSZE und OPEC einen Sitz in Wien haben. Die lasche Regelung von 1956 gilt als Mitgrund, warum sich Spione in Österreich besonders wohlfühlen.
Zadić will Gesetzeslücke nun schließen
Die Regelung steht schon länger in der Kritik. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) will sie nun ändern: „Österreich wird vorgeworfen seit vielen Jahrzehnten gewissermaßen eine Insel der Seligen für Geheim- und Nachrichtendienste aus aller Welt zu sein. Deswegen müssen wir hier strafrechtlich nachschärfen.“
Gesetzliche Lücken hätten es ausländischen Nachrichtendiensten bisher ermöglicht, straffrei in Österreich zu spionieren. Diese Lücke „müssen wir schließen“, betont Zadić. Das Justizministerium (BMJ) hat am Donnerstag angekündigt, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Die Oppositionsparteien reagieren darauf positiv.
Staatsschutz ohne Bundestrojaner blind?
Auch das Innenministerium (BMI), dessen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst für die Spionage-Bekämpfung in Österreich zuständig ist, unterstützt das Ansinnen grundsätzlich. „Ich halte es für dringend notwendig, dass es im Bereich der Spionage eine Strafverschärfung gibt“, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
Aber: Karner fordert ein „Gesamtpaket“. Die Verschärfung greife nämlich nur, „wenn man dem Staatsschutz und der Polizei die notwendigen Mittel zur Hand gibt. Wir brauchen für die Ermittlungen einen internationalen Standard“, sagt Karner. Er wiederholt eine bekannte ÖVP-Forderung: die Umsetzung des „Bundestrojaners“.
Worum es dabei geht: Derzeit können auf richterliche Anordnung nur Telefonanrufe überwacht werden, Kommunikation auf Messengerdiensten wie Whatsapp oder Telegram aber nicht. Karner will die Überwachung auf diese Dienste ausweiten. „Sonst sind dem Staatsschutz und der Polizei die Augen verbunden, sobald die Kriminellen die Kanäle wechseln und vom Telefon aufs Internet umsteigen.“
Insofern wäre eine Strafverschärfung ohne Bundestrojaner totes Recht, heißt es aus dem BMI zum KURIER. Ob die ÖVP Zadićs Entwurf dennoch zustimmen würde, lässt man auf Nachfrage offen.
Auch Kanzler Nehammer meldete sich zu Wort: Eine von den Grünen geforderte Verschärfung des Spionage-Paragrafen mache nur Sinn, wenn auch die "Abwehr", also die Möglichkeiten der Nachrichtendienste, gestärkt werden, sagte Nehammer am Rande seiner Paris-Reise vor Journalisten.
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) sowie militärische Nachrichtendienste müssten gestärkt "mehr Instrumente" bekommen, um gegen feindliche Nachrichtendienste vorgehen zu können, denn "Spione enttarnen sich nicht von alleine", so der Kanzler. Eine reine Gesetzesverschärfung sei "falsch", ohne die zusätzlichen Befugnisse für Geheimdienste für sich in der Praxis nichts ändern, erklärte Nehammer.
Die Ermittlungsergebnisse nehme er jedenfalls "sehr ernst", der Fall sei eine "Frage der nationalen Sicherheit" und "große Mahnung an uns", betonte Nehammer. Es brauche "Klarheit und "dringende Aufklärung" um zu sehen, "was da noch alles ans Licht kommt".
Grüne lehnen das ab
Die Grünen reagieren darauf mit Unverständnis. Sie haben den Bundestrojaner bisher abgelehnt und bleiben auch dabei. „Eine Chatkontrolle mit Spyware, wie der Bundestrojaner, hat inhaltlich nichts mit Spionageabwehr zu tun, sondern wohl eher mit dem Gegenteil“, meint Grünen-Verteidigungssprecher David Stögmüller via Aussendung. „Diese Überwachungsmaßnahme stützt sich auf das Ausnutzen von Sicherheitslücken in Computersystemen, die dann mit illegaler Software, meistens von dubiosen Anbietern, infiltriert werden“, sagt Stögmüller.
Im Dezember habe zudem der VfGH entschieden, dass schon ein staatsanwaltschaftlicher Zugriff auf Handys einer richterlichen Genehmigung bedürfe. Stögmüller: „Diese Entscheidung hat die ÖVP dazumal noch sehr begrüßt. Dass sie jetzt eine Ausweitung der Überwachungsmaßnahmen fordert, verwundert dann doch sehr.“
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