Spionage-Affäre: Die Neos nehmen FPÖ-Chef Herbert Kickl ins Visier

Spionage-Affäre: Die Neos nehmen FPÖ-Chef Herbert Kickl ins Visier
Meinl-Reisinger fordert Taskforce: "Hat Kickl als verlängerter Arm des russischen Geheimdienstes unseren Nachrichtendienst zerschlagen?"

Die Neos wollen statt über die Causa Schilling lieber wieder über die Spionageaffäre und russischen Einfluss in Österreich reden. Die pinke Parteichefin Beate Meinl-Reisinger nahm am Dienstag den Ex-Innenminister und heutigen FPÖ-Chef Herbert Kickl ins Visier und forderte eine Taskforce, die untersuchen solle, ob er "möglicherweise als verlängerter Arm des russischen Geheimdienstes unseren Nachrichtendienst zerschlagen" habe. Die FPÖ ortete "substanzlose Anpatzversuche".

Meinl-Reisinger verwies bei einer Pressekonferenz auf einen jüngst im europäischen Nachrichtenmagazin Politico erschienenen Artikel, der die Spionageaffäre rund um den flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek und den Ex-BVT-Chefinspektor Egisto Ott beziehungsweise angebliche Verbindungen zur FPÖ nachzeichnet. Sie komme sich teilweise vor wie in einem "schlechten Hollywood- oder Agentenfilm", meinte Meinl-Reisinger, nur dass es hier wirklich um die Sicherheit des Landes und der Bevölkerung gehe.

Rolle Marsaleks

Aus dem Medienbericht gehe hervor, dass Marsalek seine Chance gesehen habe, als russischer Agent über die damalige Regierungsbeteiligung der FPÖ im Sinne Russlands auf den heimischen Nachrichtendienst Einfluss zu nehmen, so Meinl-Reisinger. 

Sie erinnerte an die illegale Razzia im damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) unter Kickl, die der Reputation des Geheimdienstes massiv geschadet hatte, damit sei man in Wahrheit "für den russischen Geheimdienst tätig" gewesen, "der das genau wollte". Entweder sei Kickl "ein nützlicher Idiot für Putin" gewesen oder "er wusste, was er da tat", und das wäre "ein großer Skandal" mit strafrechtlicher Relevanz in Richtung Landesverrat, führte die Neos-Chefin aus.

"Schläft Karner in einer Pendeluhr?"

Meinl-Reisinger vermisst in der ganzen Causa jedenfalls eine "Aktivität" von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP): "Schläft er wirklich in einer Pendeluhr?" Sein Job wäre es, aufzuklären und aufzuräumen, findet Meinl-Reisinger, aber: "Der Herr Innenminister Karner tut nichts."

Meinl-Reisinger fordert Taskforce

Zwar pochen die Neos weiterhin auf einen Russland-Untersuchungsausschuss, vor der Wahl geht sich das allerdings nicht mehr aus. Man könne aber nicht länger warten, befand Meinl-Reisinger, deshalb fordere man von Karner, eine Taskforce einzusetzen. Diese solle ähnlich aufgestellt sein wie jene nach dem Terroranschlag in Wien und im Innenministerium alles aufarbeiten. Die Taskforce solle sich anschauen: "Hat der Herr Kickl in Wahrheit möglicherweise (...) als verlängerter Arm des russischen Geheimdienstes unseren Nachrichtendienst zerschlagen?"

Bei der EU-Wahl am 9. Juni gehe es jedenfalls darum, für ein starkes Europa zu sorgen, das wehrhaft sei gegen Russland. Man dürfe nicht "jene an die Schalthebel der Macht lassen, die in Wahrheit Putins Spiel spielen".

FPÖ: "Substanzlose Anpatzversuche"

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sprach in einer Reaktion gegenüber der APA von "substanzlosen Anpatzversuchen gegen die FPÖ, mit denen die schwarz-grün-rot-pinke Einheitspartei aus Angst vor den bevorstehenden Wahlgängen schon seit Wochen hausieren geht". Nur weil man diese wiederhole, würden sie "kein Gramm wahrer", betonte Hafenecker. Er will nach der Nationalratswahl einen "umfassenden Untersuchungsausschuss, in dem die Russland-Verbindungen aller Parteien in den letzten Jahrzehnten und insbesondere auch der NEOS - Stichwort Haselsteiner - genau unter die Lupe genommen werden", spielte er den Ball zurück.

Die Hausdurchsuchung im BVT sei von einem Journalrichter genehmigt worden. Zudem vergaß Hafenecker nicht zu erwähnen, dass "der Hauptverdächtige im mutmaßlichen Spionageskandal Ott die Karriereleiter im BVT unter ÖVP-Innenministern hochgeschickt worden" sei.

Innenministerium wehrt sich 

Das Innenressort wies indes jegliche Kritik zurück. Festgehalten wurde, das Österreich als einziges Land bereits im Jahr 2020 Ermittlungen wegen des Verdachtes der „Spionage“ gegen Marsalek eingeleitet habe, die letztlich auch zum Haftbefehl gegen Egisto Ott geführt hätten.

Seit Beginn dieser Ermittlungen habe es 136 Berichte an die Justizbehörden, mehr als zwei Dutzend Hausdurchsuchungen, fünf Festnahmeanordnungen, mehr als 300 Einvernahmen sowie die Sicherstellung und Auswertung mehrerer Terabyte an Daten gegeben. Ermittelt werde gegen bekannte und unbekannte Personen. 

Der Tatvorwurf umfasse rund zwanzig Paragrafen im Strafgesetzbuch und umfasse unter anderem Verrat von Staatsgeheimnissen, Missbrauch der Amtsgewalt, Verletzung von Amtsgeheimnissen. Die Ermittlungen seien jedoch aufgrund der beteiligten Personen und der internationalen Dimension „enorm komplex“.

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