Staatsanwältin über Causa BVT: "Wir mussten sehr schnell sein"

Schmudermayer dementiert Amtsmissbrauchsvorwürfe
Tag 5 im BVT-U-Auschuss: Die leitende Staatsanwältin hat ihr Vorgehen im Ermittlungsverfahren sehr selbstbewusst verteidigt.

Der BVT-U-Ausschuss ist in seine heiße Phase eingetreten. Diese Woche werden sechs Personen aus der Justiz befragt, die in der Affäre um die umstrittene Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung involviert sind. Erste Auskunftsperson war die leitende WKStA-Staatsanwältin im BVT-Ermittlungsverfahren Ursula .

Sie hat die Hausdurchsuchung veranlasst und geleitet. Innenminister Herbert Kickl ( FPÖ) sieht die Verantwortung für die Razzia bei der Justiz. Für die Opposition wurde Schmudermayer von Kickls Kabinett unter Druck gesetzt. Sie sei von hier aus "an der kurzen Leine geführt und manipuliert worden", durch die "Anhörung" und die anschließende Vermittlung von "Zeugen", meint etwa SP-Fraktionschef im U-Ausschuss Jan Krainer. Zudem habe man der Staatsanwältin mit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) eine "völlig ungeeignete Polizeieinheit" unter Führung eines FPÖ-Funktionärs zur Seite gestellt.

Schmudermayer hat ihr Vorgehen in der BVT-Affäre am Dienstag sehr selbstbewusst verteidigt. Die später aufgehobenen Hausdurchsuchungen erschienen ihr ein probates Mittel, auch weil sich davor der Verdacht gegen Beschuldigte erhärtet hätte.

Vorwürfe waren für Staatsanwältin nicht neu

Dass sie erst vom Generalsekretär des Innenministeriums Peter Goldgruber auf die Amtsmissbrauch-Vorwürfe rund um das Bundesamt aufmerksam gemacht wurde, dementierte Schmudermayer. Was dieser ihr übergeben habe, sei ihr nicht neu gewesen, seien in der Korruptionsstaatsanwaltschaft doch schon lange davor, konkret 2017, Vorwürfe aus dem Inneren des Innenministeriums das BVTbetreffend eingelangt. In drei Fällen sei die Behörde zuständig gewesen und habe da auch Ermittlungen eingeleitet, etwa was Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Kabinettschef im Innenressort anlangte.

Die Vorwürfe waren offenbar so umfassend, dass Schmudermayer die Untersuchungen zunächst alleine geleitet hatte, da sich das "Riesenproblem" gestellt habe, welche Polizeieinheit sie beauftragen sollte, da überall ein problematischer Anschein entstanden wäre. Bei späteren Zeugenbefragungen sei selbst BVT-Chef Peter Gridling persönlich schwer belastet worden. Sie sei jedenfalls davon ausgegangen, dass nur absolute Geheimhaltung zielführende Ermittlungen ermöglichen würde.

Dass sie letztlich zum Mittel der Hausdurchsuchung gegriffen habe, begründete die Staatsanwältin damit, dass es diverse Probleme gegeben hätte, wenn man auf die Amtshilfe gesetzt hätte. So hätte sich etwa Gridling persönlich belasten können.

BVT-Ausschuss - Tag 5: Die Rolle der Korruptionsstaatsanwaltschaft

  • |Peter Temel

    Guten Morgen aus der Wiener Hofburg!

    Derzeit läuft noch die nicht medienöffentliche Fraktionsführerbesprechung im Sitzungslokal. Davor warten die Journalisten auf die Eröffnungsstatements der Parlamentsfraktionen.

  • |Peter Temel

    Erstes Stimmungsbild: Journalisten warten auf den fünften Tag im BVT U-Ausschuss.

  • |Peter Temel

    U-Ausschuss geht in die heiße Phase

    Oberstaatsanwältin Ursula Schmudermayer ist schon da. Zur Einstimmung: Was uns diese Woche im BVT-U-Ausschuss erwartet:

  • |Peter Temel
    Staatsanwältin Schmudermayer wird von Anwalt Meinhard Novak begleitet. Die Befragung findet medienöffentlich statt. Das heißt, wir können heute unbeschwert tickern.
  • |Peter Temel

    Die üblichen Belehrungen

    Verfahrensrichter Eduard Strauss, Senatsvorsitzender am Oberlandesgericht Wien, gibt wie jedes Mal die notwendigen Belehrungen zum Besten. Wichtigster Punkt: Die Auskunftsperson, sowie die Vertrauensperson (Anwalt Novak) sind dazu verpflichtet, wahrheitsgemäß zu antworten. Das Strafmaß beträgt wie bei einer Falschaussage vor Gericht bis zu drei Jahre. Es ist allerdings möglich, sich der Aussage zu entschlagen.

  • |Peter Temel
    Schmudermayer gibt eine Stellungnahme ab. Für sie habe das Verfahren bereits im Frühjahr 2017 begonnen, nicht erst seit der Kontaktaufnahme durch den Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber. Weil, wie bekannt, diverse anonyme Anzeigen von Insidern, kursiert seien. Die WKSta sei dazu verpflichtet, diesen Vorwürfen nachzugehen.
  • |Peter Temel

    Das Konvolut

    Schmudermayer referiert in hohem Tempo die diversen Vorwürfe im berüchtigten Konvolut an anonymen Anzeigen gegen das BVT.

    Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei dann aktiv geworden, als Vorwürfe gegen Michael Kloibmüller, Kabinettschef früherer VP-Innenminister, aufgetaucht seien.

    Hier mehr dazu:
     

  • |Peter Temel

    Die Staatsanwältin berichtet von der angeblichen Veruntreuung von Quellengeldern im BVT, sexuelle Belästigung, Vorwürfe, das Verfahren gegen Anwalt Gabriel Lansky sei politisch motiviert gewesen. 
    Der Vorwurf an den früheren Kabinettschef im BMI: Michael Kloibmüller habe an den deutschen Spion Werner Maus eine Bestätigung ausgestellt, die dieser dann zur Steuerhinterziehung verwendet habe, Vorwürfe der erfolgreichen Einflussnahme auf Strafverfahren gegen prominente Angehörige des Innenministeriums durch Kloibmüller.

  • |Peter Temel

    "Wir mussten sehr, sehr schnell sein", sagt Schmudermayer. Die Untersuchung selbst habe sehr schnell ablaufen müssen, weil durch Zeugenbefragungen der Kreis der Informierten rasch größer wurde. Jeder neue befragte Zeuge habe auch bedeutet: Ein weitere Person weiß, dass die WKSta ermittelt.

  • |Peter Temel

    Für sie sei es von Anfang an vollkommen klar gewesen, dass es ein „Riesenproblem“ sei, welche Polizeibehörde sie mit den Ermittlungen beauftrage. Bei allen, die theoretisch infrage kommen, hätte es einen problematischen Anschein geben können, weil sie selbst in die Vorwürfe involviert seien. „Deshalb habe ich zunächst einmal die Ermittlungen selbst geführt“, erklärte Schmudermayer, habe aber ihre Vorgesetzten und im November auch Justizministeriums-Generalsekretär Christian Pilnacek über das Verfahren informiert.

    Als Goldgruber im Jänner zu ihr kam, habe sie seine Unterlagen durchgesehen und festgestellt, dass keine neuen Informationen dabei waren. Neue Informationen habe sie erst durch die Zeugenvernehmungen im Februar erhalten.

  • |Peter Temel

    Die Razzia

    Zur Einschaltung der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität sagt Schmudermayer: Es ging darum, rasch einzusickern. Das Sichern der Daten sei Sache der IT-Abteilung gewesen und nicht des EGS. Diese sollte lediglich die Amtshandlung sichern. Das Ergebnis er Datensicherung sei für die WKSta zufriedenstellend gewesen.

  • |Peter Temel

    Einer der Zeugen habe zum Vorwurf des Datenmissbrauchs im BVT gesagt, „dass die Systemadministratoren sehr wohl einen Fernzugriff auf die Daten des BVT machen können“, erklärte Schmudermayer. BVT-Mitarbeiter hatten im U-Ausschuss angegeben, dass jeder Zugriff auf die Daten protokolliert werde, eine spurenlose Löschung also nicht möglich sei. Jedenfalls hat sich für die Staatsanwältin aus der Befragung der ersten drei Zeugen herauskristallisiert, dass man zum Vorwurf des Datenmissbrauchs die allenfalls betroffenen Daten auch sichern müsse, um einen Beweis zu haben.

    Mit ihrem Statement wurde Schmudermayer gerade noch innerhalb der geforderten 20 Minuten fertig. Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures hatte sich schon kurz Sorgen gemacht.

  • |Peter Temel

    Warum eine Razzia und keine Amtshilfe?

    Verfahrensrichter Eduard Strauss will von Schmudermayer wissen, warum man nicht statt auf eine Razzia auf Amtshilfe gesetzt hat. Die Server des BVT seien autark, deshalb brauche man auf jeden Fall die IT-Abteilung des BVT, erklärte die Staatsanwältin. 

    Gegen BVT-Direktor Peter Gridling habe es den Vorwurf gegeben, dass er über den angeblichen Datenmissbrauch Bescheid wusste, aber nichts unternommen habe – durch Herausgabe der Daten hätte er sich möglicherweise selbst belastet, und „das muss er nicht“, ähnlich der Vorwurf gegen den IT-Leiter. Das habe gegen Amtshilfe gesprochen. Außerdem, so Schmudermayer: “Wir haben Daten gesucht, die es offiziell gar nicht geben darf.“

  • |Peter Temel

    Der sprichwörtliche Ferrari in der Garage

    WKStA-Oberstaatsanwältin Schmudermayer über das schwierige Herankommen an Daten: "Welcher Dieb versteckt den Ferrari, den er gerade gestohlen hat, in der Garage des Opfers?"
  • |Peter Temel

    OLG-Urteil "zur Kenntnis genommen"

    Strauss will wissen, ob die umstrittene Razzia im Verfassungsschutz im Nachhinein für sie wirklich der richtige Weg gewesen sei. Die Razzia wurde ja inzwischen vom Oberlandesgericht Wien für unzulässig erklärt. Schmudermayer betont, das Gericht habe den Tatverdacht weitgehend bestätigt, aber eben den Weg der Hausdurchsuchung als nicht richtig befunden – das nehme sie zur Kenntnis.

  • |Peter Temel

    Warum ein Journalrichter?

    Warum habe letztlich ein Journalrichter entscheiden müssen, will Strauss wissen. Die WKSta habe sich überlegt: "Wie kommen wir an die Bewilligung, ohne dass der gesamte Apparat des Landesgericht Wien da eingebunden ist?" Es ging also um möglichst geheime Abwicklung, sie habe deshalb den Präsidenten des Straflandesgerichts kontaktiert und gefragt, wie dies herstellbar sei. Die Vereinbarung war: Sie gehe mit der Anordnung der Razzia persönlich zum Landesgerichtspräsidenten, dieser würde sie dann zum jeweils zuständigen Haft- und Rechtsschutzrichter begleiten. Mit dem Verfassen der schriftlichen Anordnung sei sie aber leider nicht vor 15.30 Uhr fertig gewesen. Darum habe das nach der Dienstzeit von einem Journalrichter erledigt werden müssen, damit das noch am selben Tag erledigt werden konnte.

    Anmerkung: Der Journalrichter wird heute Nachmittag befragt.

  • |Peter Temel

    FPÖ- Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein will den Eindruck einer "Nacht- und Nebelaktion" zerstreuen. Er fragt auch nach dem staatsanwaltlichen Tagebuch, das Teil des Aktes ist. Zunächst geht es um einen Aktenvermerk, wonach der Präsident des Straflandesgerichts, Friedrich Forsthuber, bereits sechs Tage vor der Razzia über die bevorstehende Hausdurchsuchung im BVT informiert worden sei. 

    Demnach hat WKStA-Staatsanwalt Matthias Purkart auf Schmudermayers Wunsch am 22. Februar mit Forsthuber „persönlich Kontakt aufgenommen". Er habe ihm mitgeteilt, "dass eine Anordnung einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit dem BVT und der Involvierung hoher Funktionsträger des BMI im Raum stehe". 

    Forsthuber sagte demnach Unterstützung zu, und gab einen Tag vor der Razzia auch an, den zuständigen Journalrichter informiert zu haben. Das Gespräch mit Forsthuber habe ihr Kollege geführt, sagte Schmudermayer. Forsthuber sei sicher nur „rudimentär“ über das Verfahren informiert gewesen, betonte sie.

  • |Peter Temel

    Keine Blanko-Bewilligung

    Sie habe angenommen, dass ein Journalrichter sich mit dem entsprechenden Akt beschäftigt und keine Blanko-Bewilligung erteilt. Wären weitere Unterlagen erforderlich gewesen, hätte sie diese auch beigebracht.
  • |Peter Temel

    Kickl-Mitarbeiter als Vertrauensperson

    NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper fragt nach den von Innenminister Herbert Kickls (FPÖ) Kabinett vermittelten Zeugen zum Verfahren. Dass die Zeugen davor bei einer "Vorbesprechung" im BMI waren, habe sie nicht gewusst, sagt die Staatsanwältin. Grundsätzlich müsse sie aber laut Gesetz Zeugen vernehmen, „die mir angeboten werden“. Dass die erste von ihr befragte Zeugin vom Innenministerium vermittelt worden ist, rüttle nicht an ihrer Glaubwürdigkeit, betonte Schmudermayer. Die Zeugen aus dem BVT hätten aus Geheimhaltungsgründen auch selbst darum gebeten, nicht schriftlich geladen zu werden, deshalb sei der Kontakt über Kickl-Kabinettsmitarbeiter Udo Lett gelaufen.

    Schmudermayer verteidigte auch, dass sie Kickl-Mitarbeiter Lett mehrmals als Vertrauensperson der Zeugen zugelassen habe. Jedem Zeugen stehe es per Gesetz zu, eine Vertrauensperson zur Vernehmung mitzunehmen. Ausschließungsgründe hätten bei Lett nicht gegolten.

     

    Ein aktuelles Video zum heutigen Ausschusstag

  • |Peter Temel

    Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper ist am Wort. Sie will mehr über die Kontaktaufnahme mit BMI-Generalsekretär Goldgruber wissen. Die Staatsanwältin erklärt, dass Goldgruber offenbar davon ausgehe, dass sein Mobiltelfefon und seine E-Mails vom BVT illegal abgehört werden können. Daher habe sie mit ihm nicht elektronisch kommuniziert.

  • |Peter Temel

    Goldgruber als einfacher Anzeiger

    Krisper konfrontiert Schmudermayer mit dem Sager vom Generalsekretär Pilnacek, die Vorgangsweise sei ein „Skandal“ gewesen. Ob ihr nicht bewusst gewesen sei, dass hier vonseiten des BMI nicht der übliche Weg eingehalten wurde, nämlich zuerst Pilnacek zu kontaktieren, bevor die fallführende Staatsanwältin angesprochen wurde? Schmudermayer sieht das anders: Goldgruber sei ein einfacher Anzeiger gewesen.
  • |Peter Temel

    Kontakt mit Goldgruber

    Schmudermayer schildert den Kontakt mit Goldgruber so: Goldgrubers Besuch am 19. Jänner sei von Rechtsanwalt Lansky angekündigt worden. Goldgruber habe beim Treffen einen Schnellhefter vorgelegt und gesagt, er habe den Auftrag bekommen, den Vorwürfen gegen das BVT im Konvolut nachzugehen. Strukturell gedacht sei es „nachvollziehbar“, dass der höchste Beamte eines Ministeriums solchen Vorwürfen nachgeht, denn sonst könne ja für ihn ein massives Problem entstehen, meinte Schmudermayer.

    Dem Vorhalt Krispers, sie habe erst mit den Ermittlungen begonnen, als Goldgruber bei ihr gewesen ist, widersprach die Staatsanwältin: „Ich habe ermittelt – aber nicht unter Beiziehung des BMI.“ Sie habe zunächst selbst ermittelt – das solle und dürfe die Staatsanwaltschaft laut Gesetz. Zusätzliche Ermittlungsansätze hätten sich aus dem Gespräch mit Goldgruber gar nicht ergeben. Sie habe aber mit ihm grundsätzlich darüber gesprochen, welche Polizeibehörde sie mit Ermittlungen beauftragen könnte.

  • |Peter Temel

    Peter Pilz setzt die Befragung zur Razzia fort

    Abgeordneter Peter Pilz ist am Wort. Er will wissen, wie viel Zeit  Schmudermayer hatte, die Bewilligung am Landesgericht für Strafsachen zu bekommen. "Gar keine", sagt sie. "Na wie wollen's denn eine Hausdurchsuchung durchführen, ohne Polizei?" sagt Pilz. Wie sie sicher sein konnte, dass am nächsten Tag eine entsprechende Polizeieinheit beim BVT vor der Tür stehen könne. Schmudermayer sagt aus, das sei Sache des BMI gewesen. Wenn das BMI keine entsprechende Einheit in diesem Tempo beistellen hätte können, "dann ist es halt so".

  • |Peter Temel
    Pilz fragt noch einmal nach der Einsatzgruppe für Straßenkriminalität. Ob sie darauf gewartet habe, dass Goldgruber diese Einheit als "verlässlich" namhaft machen würde. Sie sei davon ausgegangen, weil es Sache des BMI war. Aber ob sie das ausdrücklich mit ihm vereinbart habe, könne sie nicht sagen. Streng juristisch nicht, sagt sie. "Allgemein bedeutend" sei vereinbart worden, dass er eine solche Einheit namhaft macht, sagt Schmudermayer.
  • |Peter Temel

    Pilz geht forsch zur Sache

    Der Fraktionsführer der Liste Pilz fragt auch nach dem Unternehmen PricewaterhouseCoopers, das Datenforensiker beistellen sollte. PwC sei dann aber wieder abgesprungen. Pilz fragt, warum Schmudermayer am 27. Februar 2018, obwohl einen Tag vor der geplanten Razzia noch keine Polizeieinheit namhaft gemacht worden war und auch das Team für die Datensicherung noch nicht sicher gewesen sei, dennoch "über Nacht" einen Journalrichter mit der Sache befasst habe. Die Staatsanwältin erklärt, diesen Eindruck eines Chaos könne sie nicht bestätigen. Als Staatsanwältin sei sie immer wieder darauf angewiesen, dass das BMI eine entsprechende Polizeieinheit beistelle.

  • |Peter Temel

    ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon ist an der Reihe. Er stellt ebenso eindringliche Fragen. Amon will mehr über den „einfachen Anzeiger“ Goldgruber wissen, ob dieser ihr, Schmudermayer vorher angezeigt worden sei. Gemeint ist nicht "angezeigt" im strafrechtlichen Sinn, sondern im Sinn von „vorangekündigt“. Schmudermayer bestätigt, dass Gabriel Lansky (ein SPÖ-naher Anwalt, Anm.) dies gemacht habe. Lansky ist selbst Teil eines Daten-Verfahrens, bezog sich hier aber auf „die andere Sache“.

    Er ist in die Causa folgendermaßen involviert: Das BVT soll E-Mails des Rechtsanwaltes auch nach der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn nicht gelöscht haben, was letztlich eben einer der Auslöser der Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz war. 

    Warum Lansky den Generalsekretär des Innenministeriums angekündigt hat, konnte Schmudermayer nicht erklären: „Das ist eine eigenartige Kombination“, stimmte Schmudermayer Amon zu. Deswegen habe sie die Beziehung der beiden auch bei Goldgrubers Besuch hinterfragt.

  • |Peter Temel

    Es habe also zwei Akten gegeben: "das große Verfahren und das Lansky-Verfahren“. Sie habe diese beiden Verfahren voneinander getrennt, damit Lansky als Opfer in dem Daten-Verfahren nicht auch Einblick in das andere Verfahren haben konnte. Amon fragt: Woher habe Lansky dann überhaupt gewusst, dass es ein zweites Verfahren gibt? "Er wird es daraus geschlossen haben, dass der Schriftsatz, den er mir übergeben hat, nicht Teil seines Akts war."

  • |Peter Temel

    Hätte die Löschung von Lanskys Daten gar nicht stattfinden dürfen?

    Amon befragte die Staatsanwältin auch zu einem nun aufgetauchten Beschluss des Oberlandesgerichts Linz von Ende Dezember 2017, also vor der Hausdurchsuchung, wonach die Löschung von Lanskys Daten gar nicht stattfinden dürfe. Die Daten dürften nur nicht verwertet werden. Demzufolge könnte also die Grundlage für die Hausdurchsuchung wackeln. Die Staatsanwältin betont jedoch, dass es sich dabei um eine „andere Rechtsthematik“ handle. Außerdem umfasse das Lansky-Verfahren noch mehr.

    Amon fragt, ob es eine Anordnung der Staatsanwaltschaft zur Löschung der Daten gab. Nein, sagt Schmudermayer. - "Wie konnte das BVT dann wissen, dass es die Daten löschen musste?" - "Musste es ja nicht", sagt Schmudermayer. Amon zeigt sich etwas verwirrt. Schmudermayer klärt auf: Es habe insgesamt 8 Datensticks gegeben. Die OLG-Entscheidung habe andere Daten betroffen als die Daten, um die es im BVT-Verfahren gehe.

  • |Peter Temel

    SPÖ ist am Wort

    SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer ist am Wort. Er befragt Schmudermayer relativ persönlich. Seit wann sie Staatsanwältin sei. 14 Jahre, erklärt sie.
    Ob in diesen 14 Jahren mehrere Mitglieder eines politischen Büros bei ihr persönlich wegen einer Anzeige vorsprechen. Nein, nur Peter Goldgruber, sagt sie.

  • |Peter Temel

    Ob es in ihrer Laufbahn auch einmal vorgekommen sei, dass Kabinettsmitarbeiter Zeugen bereitstellen und dann Vertrauenspersonen mitschicken, will Krainer wissen. Auch hier antwortet Schmudermayer: "Nie", nur in diesem Fall.

    "Und wie oft ist ein Kabinettsmitarbeiter bei einer Razzia-Einsatzbesprechung am Tisch gesessen?" fragt Krainer. Auch dies sei ansonsten noch nie passiert, sagt Schmudermayer.

    Wie oft habe ein Kabinettsmitglied ein Amt ausgekundschaftet, will Krainer zudem wissen. "Weiß ich nicht", sagt Schmudermayer.

  • |Peter Temel

    Krainer fährt fort: "Haben Sie mitbekommen, dass Goldgruber Preiszler (Leiter der EGS, Anm.) den Auftrag gegeben hat, keine elektronische Dokumentation zu machen und nach der Razzia alle Schriftstücke zu vernichten?" - Schmudermayer hat "keine Wahrnehmung."

    Krainer fragt erneut: "Haben Sie das jemals erlebt in Ihrer 14-jährigen Tätigkeit?"

    Schmudermayer: "Nein"

  • |Peter Temel

    Krainer: "Hier ist gar nichts normal"

    SPÖ-Fraktionsführer Krainer scheint sein Befragungsziel erreicht zu haben. Er sagt: "Sie haben mir jetzt auf acht Fragen geantwortet, sie hätten so etwas davor noch nie erlebt. Und jetzt wollen sie mir hier erklären, das ist alles normal? Hier ist gar nichts normal."

    Krainer lässt Schmudermayer noch eine Anfragebeantwortung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorlegen. Diese könne sie in Ruhe durchlesen, in der zweiten Fragerunde möchte er sie dazu befragen, sagt Krainer.

  • |Peter Temel
    Die zweite Fragerunde beginnt wieder mit Hans-Jörg Jenewein von der FPÖ. Er will wissen, was an der Razzia anders war als sonst oder ob diese normal abgelaufen sei. Schmudermayer: Dass die Daten von IT-Experten gesichert werden und die Polizei nur für Sicherheit sorgt, sei immer so und auch diesmal so gewesen. Was anders war: Sie hatte keine ermittelnde Polizei. Deshalb sei sie selbst vor Ort gewesen. Außerdem sei der Datentranspor anders gelöst worden, nämlich von der EGS erledigt. Aber schließlich sei sie persönlich dabei gewesen und auch fünf andere Staatsanwälte seien vor Ort gewesen.
  • |Peter Temel

    Staatsanwältin: Vertrauensperson keine Rechtswidrigkeit

    Jenewein fragt, ob sie den Eindruck irgendeiner Rechtswidrigkeit gehabt habe, als Kabinettsmitarbeiter Lett bei der Zeugenbefragung eingebunden war. "Hätte ich diesen Eindruck gehabt, dann hätte ich darauf selbstverständlich reagiert." Die Zeugen seien aber glaubwürdig gewesen und hätten den Anfangsverdacht erhärtet, was letztlich auch vom OLG bestätigt worden sei.

  • |Peter Temel

    Auch Stephanie Krisper (Neos) fragt noch einmal zu den Einvernahmen. Ob sie wisse, warum das BMI nicht ihr die Entscheidung überließ, welche Zeugen zuerst gehört werden solle, sondern die Reihenfolge vorgegeben habe? Das könne sie nicht beurteilen. Aber solange die Zeugen die Wahrheit gesagt haben, sei alles rechtskonform, erklärt Schmudermayer.

    Zur Rolle von Lett bei der Vernehmung: Hätte er die Zeugin beeinflusst, dann hätte sie gesagt: "Ich schmeiß ihn raus."

  • |Peter Temel

    Nur vom Innenministerium vermittelte Zeugen befragt

    Peter Pilz will wissen, wieviele Zeugen Schmudermayer insgesamt vor der Razzia im BVT befragt habe.
    Abgesehen von jenen Zeugen, die das Innenministerium vermittelt hat, hat die Staatsanwältin davor niemand befragt, gibt sie zu Protokoll.

  • |Peter Temel

    Der Falter kündigt indes erneut Enthüllungen zur Causa BVT an. Chefredakteur Florian Klenk, der ebenfalls beim heutigen Ausschuss anwesend ist, möchte neue Akten veröffentlichen.

  • |Peter Temel

    Werner Amon (ÖVP) befragt Schmudermayer erneut zum Daten-Fall Lansky. Woher sie eigentlich den Beschluss des Landesgericht Linz hatte, wonach die Daten, die noch im BVT lagern, zurückzugeben bzw. Kopien zu löschen seien. Sie wisse es nicht mehr, sagt Schmudermayer. In dem Gerichtsbeschluss heißt es: "Es ist dem BVT aufzutragen, und zwar von der Staatsanwaltschaft Linz. Ob das auch passiert sei, fragt Amon. Schmudermayer: "Mittlerweile schon. Vor der Razzia nicht." Sie habe aber die StA Linz vor der Razzia nicht eingebunden - aus Geheimhaltungsgründen. Amon: "Sie haben allen misstraut, Cobra, BAK? Sogar den eigenen Kollegen in Linz?" Ob Schmudermayer also bei so einem erheblichen Grundrechtseingriff wie einer Razzia gar nicht sichergehe, dass die Grundlagen passen? - Schmudermayer sagt erneut, sie habe ausreichende Beweise gehabt. Und dass der Anfangsverdacht bestätigt wurde, das habe ja auch das OLG bestätigt.

  • |Peter Temel

    "Sie kommen ja bestimmt wieder"

    Kai Jan Krainer (SPÖ) bittet Schmudermayer, die Anfragebeantwortung von Herbert Kickl durchzulesen. Es geht um die Anhörungen der Zeugen im Innenministerium im Vorfeld der Zeugenaussagen. Schmudermayer fragt, wer Auskunftsperson 1 sei und in welcher Reihenfolge die Zeugen im Innenministerium waren. Krainer: "Das sage ich Ihnen beim nächsten Mal. Weil Sie kommen ja bestimmt wieder." - Leichtes Schmunzeln im Saal.

  • |Peter Temel

    Krainer fragt Schmudermayer, ob sie aus heutiger Sicht verstehe, was Lett damals, bei den Zeugeneinvernahmen, mit folgender Aussage gemeint habe: "Die Aussagen der Zeugen in einen Kontext stellen." Sie erklärt: "Ich kann nicht in den Kopf von Lett hineinschauen." Er habe offenbar gemeint, dass er mit den Inhalten schon vertraut sei, erklärt sie. Krainer stellt noch eine Frage zur EGS. Warum Preiszler bereits am 21. Februar von Goldgruber wegen einer Hausdurchsuchung gefragt wurde, wenn Schmudermayer mit Goldgruber erst am 22. Februar über die EGS gesprochen habe? Das wisse sie nicht. Ob das nicht komisch sei? fragt Krainer. Sie wisse nicht was Goldgruber gefragt habe. Krainer: "Ob er eine HD (Hausdurchsuchung, Anm.) machen kann." Dazu könne sie nichts sagen und verweist auf BMI-Interna.

  • |Peter Temel

    Deutsche Verfassungsschutzdaten

    Krainer bohrt nach. Warum sie bei der Razzia Datenträger mit der Aufschrift " Bunderverfassungsschutz Deutschland" mitnehmen habe lassen. Schmudermayer begründet dies mit folgender Aufteilung: IT: nimmt Datenträger, EGS macht SIcherung. Nicht alles hätte vor Ort gesichtet werden können. Schmudermayer verweist auf ein paar hundert Datenträgern im Büro von Sibylle G. Die BVT-Mitarbeiterin war Leiterin des Extremismus-Referats.

    Ihr, Schmudermayer, sei wichtig gewesen, dass die EGS selbst keine Sichtung macht. Sie sei selbst im Büro anwesend gewesen, sagt Schmudermayer. Wochen später seien in ihrer Anwesenheit Datenträger gesichtet worden. G, habe zum Teil selbst nicht gewusst, was darauf gespeichert war.

    Krainer: "Sie verzerren."
     

  • |Peter Temel

    Erst bei der Razzia Umgang mit sensiblen Dokumenten angesprochen

    Es sei erst während der Razzia über den Umgang mit klassifizierten Dokumenten gesprochen worden, berichtet Schmudermayer. Krainer fragt, warum sie vom BMI nicht schon vorab darauf vorbereitet worden sei, "dass es um sensible Dokumente und um den Schutz der Republik Österreich geht?"

    Schmudermayer: "Das hat niemand zu mir gesagt."

  • |Peter Temel

    Aufregung um "Suggestivfrage" aus FPÖ-Fraktion

    Dritte Fragerunde, Jenewein von der FPÖ ist am Wort. Er fragt: "Können Sie ausschließen, dass Sie von Lett und Goldgruber instrumentalisiert wurden, um eine Razzia zu veranlassen und so an Daten des Extremismusreferats zu kommen?" Da wirft Muna Duzdar von der SPÖ ein: "Das ist eine Suggestivfrage." Es wird etwas lauter im Saal, viel Kopfschütteln ist bei den Oppositionsparteien zu sehen. Duzdars Parteikollege Krainer sagt: "Die einzige Antwort kann sein: 'Nein, kann ich nicht ausschließen.'" Schmudermayer sagt nach ein paar Sekunden Zögern: "Ich kann nicht wissen, was Goldgruber wollte."
  • |Peter Temel

    Ob Schmudermayer schon einmal so einen "medialen Druck" wie in diesem Fall verspürt habe, will Jenewein wissen. Sie selbst sei "zum Glück" nicht oft mit solchen Fällen betraut, andere Kollegen hingegen schon.

  • |Peter Temel

    Die letzte Fragerunde wird ziemlich schnell abgehandelt. Krisper (Neos) fragt nach Motivation von Kabinettsmitarbeiter Lett. Schmudermayer sagt, dieser wollte so bald wie möglich Suspendierungen haben. Das sei sie aber nicht ihr Zuständigkeitsbereich als Staatsanwältin gewesen.

  • |Peter Temel

    Pilz fragt erneut zum Tagebuch der Staatsanwältin. Dort habe sie in Bezug auf Goldgruber vermerkt: "Vielleicht war er es selbst?" Pilz spricht darauf an, ob sie es für möglich gehalten, dass Goldgruber selbst der Autor des Konvoluts ist. "Theoretisch schon", sagt Schmudermayer, aber sie habe keine konkreten Anhaltspunkte gehabt.

    "Aber Sie haben es ins Tagebuch geschrieben. Das ist ja etwas," sagt PIlz.

  • |Peter Temel

    Krainer bohrt noch einmal zu der Razzia nach. Wenn bei der Extremismusreferatsleiterin G. nach Mails und ausgedruckten Mails gesucht worden sei, "warum nehmen Sie dann CDs mit?" Dort können auch Mails drauf sein, antwortet Schmudermayer. "Auch auf einer CD, wo 'Bundesverfassungsschutz Deutschland' draufsteht?" Warum solcherart bedruckte CDs, auch zum Thema Ulrichsberg (ein Treffen von Rechtsextremenm Anm.) als möglicherweise fallrelevant eingestuft worden seien, will Krainer wissen.

    Die Zeit für Feinsichtungen vor Ort sei nicht gegeben gewesen. Ihr sei nur wichtig gewesen, dass die EGS nichts selbst sichtet, "das war mir ganz wichtig", sagt Schmudermayer.

  • |Peter Temel

    Die Befragung der Staatsanwältin Schmudermayer endet mit Fragen des Verfahrensrichters Strauss. 

    Warum man Generalsekretär Pilnacek vom Justizminsterium nicht einbezogen habe? Schmudermayer: "Weil Goldgruber einfacher Anzeiger war." Er will wissen, ob sie die Razzia als chaotisch betrachtet habe. "In manchen Räumen war es chaotisch, die HD selbst war nicht chaotisch."

    "War der Transport lege artis? Es war von Sackerln die Rede", fragt Strauss. Schmudermayer bejaht. Die erwähnten Sackerln würden standardmäßig vom BMI an die Polizei ausgegeben.Die Staatsanwältin hat sogar eines mit und zeigt es vor. "Ist das ein Toppits-Sackerl", fragt Krainer. Er nimmt zur Kenntnis, dass sich Schmudermayer sehr genau mit dem bisherigen Verlauf des U-Ausschusses vertraut gemacht habe. Sie kenne diesen besser als die Anfragebeantwortung Kickls, bemerkt Krainer etwas sarkastisch.

  • |Peter Temel

    Kurze Pause

    Die Pause war bis zirka 14 Uhr anberaumt. Es könnte aber noch etwas länger dauern, noch laufen die Statements der Fraktionsführer vor dem Saal.

  • |Peter Temel

    Es geht weiter

    Auskunftsperson Nummer 2 ist der Journalrichter am Landesgericht für Strafsachen Wien, Ulrich Nachtlberger. Er genehmigte in der Nacht vom 27. Februar 2018 die Razzia beim Verfassungsschutz. Er verzichtet auf eine einleitende Stellungnahme.

Wichtig sei ihr gewesen, dass die Durchsuchung "sehr, sehr schnell" ablaufe, was sie auch bei der Einsatzbesprechung klar gemacht habe. Die Mitarbeiter hätten rasch von den Computern weggebracht werden müssen, damit sie nicht schnell per Knopfdruck Löschungen vornehmen könnten. Die Sicherstellung der Daten sei dann ausschließlich Sache der IT-Experten gewesen und nicht der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität. Deren Leiter Gernot Preiszler hat Schmudermayer ihren Angaben zur Folge erst am Tag vor dem Einsatz im  BVT kennengelernt.

Tatverdacht in mehreren Fällen bestätigt

Mit dem Ergebnis der Durchsuchung war die Staatsanwältin zufrieden: "Die Hausdurchsuchung hat so funktioniert, wie wir uns das gedacht haben." Dass das Wiener Oberlandesgericht sie nachträglich für unzulässig erklärt hat, nimmt Schmudermayer "zur Kenntnis". Gleichzeitig verwies sie aber darauf, dass das OLGden Tatverdacht bis auf einen Fall bestätigt habe.

Die Verantwortung für die Auswahl der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität für diesen Einsatz wies die Staatsanwältin dem Innenministerium zu. Diese wegen ihres FPÖ-nahen Leiters umstrittene Truppe, die normal bei solchen Durchsuchungen nicht erste Ansprechpartnerin ist, sei wohl ausgewählt worden, weil gegen EGS-Beamte in den diversen Konvoluten keine Vorwürfe aufgetaucht seien, vermutet die Staatsanwältin.

Zurück zur Dokumenten-Übergabe durch Goldgruber: Schmudermayer musste zugestehen, dass in ihrer mehr als ein Jahrzehnt dauernden Staatsanwalts-Karriere noch nie ein Spitzenbeamter mit solch einem Konvolut bei ihr aufgetaucht sei. Auch sei es ihr erstmals untergekommen, dass ein Kabinettsmitglied - in dem Fall Udo Lett - Zeugen besorgt habe und dann auch noch als Vertrauensperson zur Staatsanwaltschaft mitgekommen sei. Bei den gesamt vier vom Kabinett aufgetriebenen Zeugen war es dann auch geblieben, weitere Auskunftspersonen wurden also nicht einvernommen.

Vorwarnung an Straflandesgericht

Schmudermayer reichten offenbar die Aussagen, umso mehr als sie in dieser "Verschlusssache" ohnehin anfangs alleine die Ermittlungen zu führen gehabt habe, um angesichts der breit gestreuten Vorwürfe gegen das Innenministerium negativen Anschein zu vermeiden. So ließ sie später auch über einen Kollegen den Präsidenten des Wiener Straflandesgerichts vorwarnen, dass eine heikle Razzia bevorstehe. Der wiederum informierte den am fraglichen Abend im Einsatz befindlichen Journalrichter.

Dass sie sich mit der Genehmigung der Hausdurchsuchung an einen Journalrichter außerhalb der normalen Dienstzeiten gewandt habe, begründete die Staatsanwältin mit der Dringlichkeit und damit, dass ihre schriftlichen Anordnungen nicht rechtzeitig fertig gewesen seien.

 

Linzer Urteil nicht beachtet

Hinterfragt wurde am Dienstag im Ausschuss auch, ob es überhaupt zur Razzia kommen hätte dürfen. Denn einer der Vorwürfe war schon vor der Hausdurchsuchung relativiert worden. Das Oberlandesgericht Linz hatte nämlich in einem bisher kaum beachteten Urteil klar gestellt, dass die Akten des Anwalts Gabriel Lansky nicht vernichtet werden müssen. Dass dies im BVT unterlassen worden war, war einer der schwerwiegendsten Vorwürfe in der Causa neben der Weitergabe nordkoreanischer Pass-Rohlinge an Südkorea. Schmudermayer kannte das Urteil ihren Angaben zu Folge bei der Hausdurchsuchung zwar nicht, sieht diese unabhängig davon weiter als angemessen an. Dass die Razzia später vom Oberlandesgericht aufgehoben wurde, müsse sie zur Kenntnis nehmen.

Gut gefallen haben die selbstbewussten Aussagen der Staatsanwältin vor allem den Freiheitlichen. In diversen Aussendungen von Parteichef Heinz-Christian Strache abwärts wurde betont, dass die Vorwürfe gegen Innenminister Herbert Kickl zusammenbrächen.

Journalrichter: Fünfzehn Minuten für Entscheidung

Die Befragung von Ulrich Nachtlberger, der die umstrittene Razzia genehmigte, gestaltete sich heute etwas umständlich: Er wollte keine Details preisgeben und sich oft der Aussage entschlagen, was für Raunen in den Abgeordnetenreihen sorgte. Der Richter betonte, "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt zu haben.

Dass eine Hausdurchsuchung im BVT im Raum stehe, habe er mit dem Anruf von Staatsanwältin Ursula Schmudermayer in seinem Journaldienst am 27. Februar gegen 22.30 Uhr erfahren, gab er an. Zuvor, gegen Mittag, wurde er bereits durch den Präsidenten des Straflandesgerichts, Friedrich Forsthuber, vorgewarnt, dass in seinem Journaldienst eine delikate Angelegenheit auf ihn zukommen könnte.

Der Gerichtspräsident habe ihm gesagt, er sei von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft informiert worden, "dass gegen hohe Beamte des BMI Ermittlungen laufen und dass Anordnungen gestellt werden", erklärte Nachtlberger. Es sei darum gegangen, dass "höchste Geheimhaltung" gewahrt werde. Vom BVT sei da noch nicht die Rede gewesen. Die Frage, ob es üblich sei, dass man vorher vom Gerichtspräsidenten in Kenntnis gesetzt werde, verneinte der Richter klipp und klar.

Um 22.30 Uhr rief dann Staatsanwältin Schmudermayer an. Wie lange das Telefonat gedauert hat, wollte Nachtlberger zunächst nicht beantworten. "Ich habe hier nichts zu verheimlichen" und wolle sich auch nicht herauswinden, erklärte der Richter, aber es gehe darum, dass die Gewaltentrennung geschützt bleibe. Der U-Ausschuss-Verfahrensrichter sah dies allerdings anders, weshalb Nachtlberger schließlich angab, dass das Telefonat zwischen zehn und 15 Minuten gedauert habe.

Nachtlberger lenkte dann doch ein

Die Frage, inwieweit die Abgeordneten den Richter befragen dürfen, beschäftigte den U-Ausschuss dann gleich wieder, weil NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper Auskunft über den Inhalt des Telefonats mit der Staatsanwältin wollte. Hintergrund ist, dass das Parlament eigentlich nicht Entscheidungen der Gerichtsbarkeit untersuchen darf. Nachtlberger führte sogleich ein neues Argument zur Entschlagung ins Treffen, dem auch stattgegeben wurde: Gegen ihn ist ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg anhängig und er wolle sich nicht selbst belasten.

Nach neuerlichen Diskussionen einigte man sich darauf, dass Nachtlberger die Fragen allgemein, aber doch beantwortet. Es sei ein völlig normaler Vorgang, dass ein Staatsanwalt einen Journalrichter während der Rufbereitschaft anruft und einen Sachverhalt schildert. Er habe mit Schmudermayer das Begehr ausführlich besprochen, sie habe ihm den Sachverhalt sehr ausführlich telefonisch geschildert, und "ich habe das dann so bewilligt". Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und habe "nach bestem Wissen und Gewissen" entschieden. Auch sei keinerlei Druck auf ihn ausgeübt worden. Auf Krispers Einwand, dass eine Viertelstunde nicht gerade lang sei, konterte Nachtlberger: "Haben Sie mal 15 Minuten nichts gemacht und auf die Uhr geschaut, wie lang das dauert?"

Am nächsten Tag habe er während der Hausdurchsuchung noch einmal mit der Staatsanwältin telefoniert, weil eine Rechtsvertreterin des BVT eine Bestätigung wollte, dass er die Maßnahme bewilligt habe. Zum Zeitpunkt der Razzia gab es nämlich keine schriftliche Bewilligung mit der Unterschrift des Richters - das sei aber "gang und gäbe", sagte Nachtlberger. Im Laufe des Tages habe er die Staatsanwältin mehrmals an die schriftliche Vorlage erinnert - "weil an dem Tag war Rapid-Spiel am Abend und da habe ich Karten gehabt". Am Abend habe er die schriftliche Genehmigung dann unterschrieben.

BVT-U-AUSSCHUSS: HANDLER

Oberstaatsanwalt und Gruppenleiter Wolfgang Handler (li.)

Staatsanwalt nimmt Schmudermayer in Schutz

Dritter und letzter Zeuge am ersten Ausschuss-Tag ist der direkte Vorgesetzte von Schmudermayer, Oberstaatsanwalt und Gruppenleiter Wolfgang Handler. Er war anwesend als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ( WKStA) von Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber jenes Dossier mit Anschuldigungen gegen BVT-Mitarbeiter bekam, das zu Ermittlungen und letztlich zur Razzia führte.

Handler attestierte Schmudermayer korrektes Vorgehen und zeigte Unverständnis, warum die Hausdurchsuchung im BVT nachträglich vom Oberlandesgericht aufgehoben wurde.

Es tue ihm "persönlich schon weh", wenn die Razzia als rechtswidrig beschrieben werde oder sogar von einem Überfall die Rede sei, erklärte Handler, der als letzte Auskunftsperson des heutigen Tages vor den Ausschuss geladen war. Er habe hier eine andere Einschätzung als das Oberlandesgericht.

Dass man überhaupt auf eine Hausdurchsuchung gesetzt habe, begründete Handler damit, dass sich der Verdacht des Datenmissbrauchs im BVT durch Zeugenaussagen erhärtet habe und sich die Vorwürfe als stimmig erwiesen hätten. Da sei eine entsprechende Sicherstellung nötig gewesen. Dass die Staatsanwaltschaft den Präsidenten des Wiener Straflandesgerichts bezüglich der Razzia quasi vorgewarnt habe, sei zwar nicht die übliche Vorgangsweise, aber es handle sich ja insgesamt um keinen üblichen Fall.

Für Handler war es übrigens nicht die erste Hausdurchsuchung im BVT. In einer anderen Causa im Jahr 2016 war er sogar der leitende Staatsanwalt, wobei die Razzia in diesem Einzelfall vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung durchgeführt wurde.

Aktenmitnahme zum Teil unzulässig

Bei den nun kritisch beäugten Hausdurchsuchungen aus dem heurigen Jahr wurden ja auch klassifizierte Akten sichergestellt, was eigentlich nicht passieren hätte dürfen, wie Handler bestätigte. Allerdings hätten die sich auch nicht auf den sichergestellten Datenträgern befinden dürfen. Man habe die klassifizierten Daten jedenfalls in der Staatsanwaltschaft sicher verwahrt und sie würden entsprechend rückgestellt.

Wie davor Schmudermayer versuchte auch Handler glaubhaft zu machen, dass sich die Justiz nicht vom Innenministerium instrumentalisieren habe lassen. Die Übergabe des Vorwurfkonvoluts durch BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber spielte er insofern herunter, als man das Papier ohnehin längst gehabt habe und Ermittlungen bereits gelaufen seien. Auch habe man mit dem Generalsekretär inhaltlich gar nicht gesprochen, "weil mir die Meinung des Herrn Goldgruber ehrlich gesagt auch egal gewesen wäre".

Kein Problem sieht Handler, der als einer von fünf Oberstaatsanwälten die Causa behandelt, darin, dass BMI-Kabinettsmitarbeiter Udo Lett zwei Zeugen zur Staatsanwaltschaft begleitet habe. Dieser wäre nur als Vertrauensperson auszuschließen gewesen, wenn eine Einflussnahme auf die Zeugen zu befürchten gewesen wäre. Lett habe aber sogar einmal den Raum verlassen, als es um das Extremismusreferat gegangen sei. Dass eine Zeugin angab, gar nicht zu wissen, warum sie überhaupt bei der Staatsanwaltschaft aussagen soll, wertete Handler als Indiz, dass es davor keine Absprachen gegeben habe.

Pilnacek kommt am Mittwoch

Der zweite Tag wird mit der Befragung von Justizministeriums-Generalsekretär Christian Pilnacek eröffnet. Er wurde erst über die Razzia informiert, als diese bereits im Gange war. Pilnacek kritisierte, dass die EGS eingesetzt wurde ("wahnsinnig auffällig") und nannte das Vorgehen von Kickls Kabinett intern einen "Skandal". Nach ihm ist die Leiterin der WKStA Ilse Vrabl-Sanda an der Reihe sowie ein Staatsanwalt, der nach der Hausdurchsuchung eine Prüfung der Vorgangsweise der WKStA vornahm.

BVT-Ausschuss befragt Staatsanwältin und Richter

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