BVT-Razzia: Oberstaatsanwältin setzte auf „präparierte Zeugen“

BVT-Razzia: Oberstaatsanwältin setzte auf „präparierte Zeugen“
Schmudermayer hatte "kein Druckgefühl" vor der Razzia, aber wichtiges Urteil vor lauter "Geheimhaltung" nicht registriert.

„Es ist sehr bedenklich, auf welcher Grundlage ein derartiger Grundrechtseingriff wie eine Hausdurchsuchung in dieser Republik möglich ist“, sagt Werner Amon, ÖVP-Fraktionsführer, am Dienstag im BVT-U-Ausschuss. Dieses Resümee betraf den Zeugenauftritt von Oberstaatsanwältin Ursula Schmudermayer. Sie leitet die Ermittlungen in der Causa Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT). Sie beschäftigt sich seit April 2017 mit jenem Konvolut anonymer Anzeigen, in dem schwere Vorwürfe gegen Beamte erhoben werden. In ihrem Eingangsstatement schilderte sie detailreich die Anwürfe und nannte dabei Ross und Reiter.

Bewegung kam in den Fall mit dem SPÖ-nahen Wiener Anwalt Gabriel Lansky, der Beamte des BVT wegen eines angeblichen Datenmissbrauchs angezeigte hatte, und mit Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber. „Anwalt Lansky hat mich am 16. Jänner 2018 angerufen, dass der Generalsekretär mich treffen will und Interesse an der Aufklärung hat“, erzählte Schmudermayer. Drei Tage später legte Goldgruber das bekannte Konvolut vor. „Neue Informationen habe ich erst durch die Zeugenvernehmungen erhalten“, sagte die Oberstaatsanwältin.

Heftiger Verdacht

Anfänglich hatte sie einen bösen Verdacht: „Ich habe es theoretisch für möglich gehalten, dass der Generalsekretär (Goldgruber) der Autor des Konvoluts ist.“ In der Folge haben Kabinettsmitarbeiter des Innenministers die Belastungszeugen namentlich genannt und zum Teil zur Einvernahme begleitet.

Dass Zeugen vor der Einvernahme sogar von BMI-Kabinettsmitarbeitern wie Udo Lett befragt wurden, will Schmudermayer nicht gewusst haben. Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper spricht von „präparierten Zeugen“.

Dass Minister Kickl in einer Anfragebeantwortung mitteilte, man habe Schmudermayer die Vorgespräche mitgeteilt, bezeichnete diese als „nicht richtig“. Eine Druckausübung des Innenressorts stellt sie in Abrede. „Ich hatte kein Druckgefühl.“ Einen Seitenhieb konnte sie sich gestern aber nicht verkneifen. „Ohne Herrn Lett nahetreten zu wollen, er hatte konkrete Vorstellungen, was er gern gehabt hätte, ich aber brauche für Ermittlungen einen Anfangsverdacht“, sagte sie. Sie räumte ein, dass sie außer den vier gelieferten Zeugen keine weiteren gesucht oder befragt hat. Begründung: „Geheimhaltung“.

Und warum am Vortag der Razzia (28. Februar) plötzlich Eile geboten war, konnte sie ebenfalls nicht schlüssig erklären. Es war nicht einmal klar, welche Polizeieinheit tätig wird. „Ich bin davon ausgegangen, dass der Generalsekretär eine geeignete Einheit zur Verfügung stellt“, sagte Schmudermayer. Das sei nämlich Sache des Innenministeriums.

Und sie räumte ein, dass es in ihrer 14-jährigen Karriere das erste Mal war, dass ein Generalsekretär des Innenministeriums bei einer Einsatzplanung dabei war.

Vieles unbeantwortet

Laut Schmudermayer hatte die eingesetzte Polizei-Truppe EGS um den FPÖ-Politiker Wolfgang Preiszler keinen Auftrag, Akten im BVT zu sichten. Warum gerade im BVT Rechtsextremismus- Handakten von EGS-Beamten durchgeblättert und eine CD des deutschen Inlandsgeheimdienst mit Fotos von Rechtsextremen in Kärnten beschlagnahmt wurde, konnte sie dem SPÖ-Abgeordneten Jan Krainer nicht beantworten.

Die Razzia war auch damit begründet worden, dass Daten aus der Anwaltskanzlei Lansky im BVT missbräuchlich gespeichert werden, obwohl sie gelöscht werden hätten müssen. Die Oberstaatsanwältin hat aber dabei anscheinend ein Urteil „übersehen“. Oder anders gesagt: Vor lauter Geheimhaltung hat sie nicht ermittelt, dass es zumindest ein weiteres Gerichtsurteil in dieser Sache gibt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Linz hat vor der Razzia schon klar gestellt, dass die Lansky-Akten „nicht vernichtet“ werden müssen. Das OLG Wien hat die Razzia später für rechtswidrig erklärt.

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