Späte Lösung: Achrainer folgt Takacs
Bis zum letzten Tag hat das Bundeskanzleramt mit der Bekanntgabe des neuen Flüchtlingskoordinators gewartet. Oder besser: Warten müssen. Denn früher war offenbar niemand verfügbar. Erst am Mittwoch ist Andreas Achrainer, Geschäftsführer der Bundesbetreuungsagentur BBU, vom Bundeskanzleramt gefragt worden. Er hat rasch zugesagt. Und damit dem Bundeskanzleramt eine große Aufregung, wenn nicht gar eine Blamage erspart. Denn seit Wochen kritisieren Hilfsorganisationen, dass die Nachfolge für Michael Takacs nicht geregelt war.
Eine Übergabe-Phase ist mit dem neuen Flüchtlingskoordinator nicht nötig. Im Gegenteil. Im Gegensatz zu Michael Takacs kommt Achrainer sozusagen aus der Branche. Das österreichische Flüchtlingswesen ist sein Metier. Weit über das Thema der Ukraine-Vertriebenen hinaus.
Als der Krieg ausgebrochen ist, war die BBU eine der ersten Anlaufstellen, abgesehen von den Hilfsorganisationen und dem privaten Engagement, die in den ersten Tagen und Wochen einen völligen Kollaps verhindert hat.
Die übers erste Kriegswochenende bei der BBU aufgesetzte Hotline hat 53.000 Anrufe von Vertriebenen und Menschen, die diesen helfen, abgewickelt. Wo sonst, als bei Achrainer, soll das Wissen um die Druckpunkte bei der Bewältigung der Herausforderungen gebunkert sein?
Takacs ist zufrieden
Michael Takacs hat am Donnerstag zufrieden über seine viermonatige Amtszeit als Flüchtlingskoordinator bilanziert: „Jeder Flüchtling hatte ein Dach über dem Kopf, keiner musste auf der Straße schlafen, jeder wurde versorgt.“ Gelungen sei das mit der Unterstützung der BBU, der Länder, der Hilfsorganisationen und vieler privater Helfer. Er ist sich sicher, dass Österreich vorbereitet sei, bis zu 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine zu stemmen.
Takacs betonte zum Abschluss, dass der Flüchtlingskoordinator keine gesetzgeberischen Möglichkeiten habe. Er habe vermittelt und Informationen weitergegeben. Und neue gesetzliche Bestimmungen angestoßen, wo nötig. Dennoch: Vieles ist offen. Wie die Zuverdienstgrenze. Kärnten ist gegen eine unterschiedliche Regelung für Vertriebene und Asylwerber. Takacs hält das für falsch.
Oder die Familienbeihilfe. Eine Entscheidung ist seit Monaten offen, auch hier sollen Ukrainer einen anderen Status bekommen.
Weiters die Erhöhung der Tagsätze für die Versorgung der Flüchtlinge. Hier nimmt Takacs die Länder in Pflicht: Alle Landtage müssten die Lösung rasch im eigenen Landtag beschließen. Rückwirkend. Dass die Grundversorgung in jedem Bundesland anders geregelt ist, macht es für die handelnden Personen überdies schwer.
Jetzt mag man Takacs zugutehalten, dass er die Entscheidungen nicht treffen kann. Auf Konfrontation ging er nicht. Das würde Türen zuschlagen, argumentiert er. Es war wohl auch dem geschuldet, dass er seine neue Funktion als Bundespolizeidirektor nicht gefährden wollte.
Achrainer ist da weitaus unabhängiger. Wenn auch der Sektionschef im Flüchtlingswesen Aufsichtsratsvorsitzender der BBU ist. Achrainer kennt alle handelnden Personen, ist anerkannt und sofort handlungsfähig. „Wir sind für die da, die unsere Hilfe brauchen“, legte er sich fest. Sein Schwerpunkt liegt auf der Integration: „Wir müssen die Leute dabei unterstützen, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können.“ Damit hat er recht. Und dazu gibt es noch viel zu tun.
Situation wie 2015?
Gestern früh hat sich der burgenländische Landeshauptmann Hanspeter Doskozil (SPÖ) zur allgemeinen Flüchtlingslage zu Wort gemeldet. Er sieht die Situation an den burgenländischen Grenzen mit 2015 vergleichbar: „Wir müssen Zelte organisieren und die Leute mit Bussen transportieren, weil wir die Erstbefragung nicht mehr durchführen können.“
Das wollte der scheidende Flüchtlingskoordinator Michael Takacs mit Verweis auf eine Pressekonferenz am Freitag nicht kommentieren. Er betonte, der Flüchtlingskoordinator sei für die Vertriebenen aus der Ukraine eingerichtet worden. Und die Zahl der aus der Ukraine eintreffenden Flüchtlinge sei seit Wochen stabil niedrig.
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