Nach KURIER-Bericht: SOS-Kinderdorf erstattet Anzeige und will kooperieren

PG SOS-KINDERDORF: SCHLACK
Der KURIER berichtete am Donnerstag über Verfehlungen von Ex-Präsident Kutin, die in Deutschland ermittelt wurden, aber nach dessen Tod ohne Ergebnis endeten.

Beinahe täglich gab es diese neue Enthüllungen im Missbrauchsskandal um SOS-Kinderdorf - jetzt geht die Organisation in die Offensive: Sie bringt eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck ein. 

Auslöser dafür war offensichtlich der KURIER-Artikel von Donnerstag (erschienen in der Freitagausgabe der Zeitung) über die Tatsache, dass in Deutschland gegen den langjährigen Präsidenten Helmut Kutin ermittelt wurde. Basis für die Ermittlungen war der Bericht einer Kommission, die 2021 im Zuge der Causa Großspender vom Dachverband SOS-Kinderdorf International eingesetzt wurde - bis dato aber weitgehend unbeachtet blieb. 

SOS-Kinderdorf Österreich teilte der APA am Freitagabend in einem Statement mit, dass man nach den Vorwürfen gegen Kutin bei der Aufklärung "voll kooperieren" wolle. Die Geschäftsführung habe in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat eine Sachverhaltsdarstellung samt sämtlicher "derzeit vorliegender Unterlagen" an die Staatsanwaltschaft Innsbruck übermittelt. 

"Wir haben den Strafverfolgungsbehörden unsere vollumfängliche Kooperation zugesichert, um eine unverzügliche und lückenlose Klärung zu ermöglichen", hieß es in einem Statement. Die Sachverhaltsdarstellung umfasst neben den medial rezipierten Vorwürfen auch eingegangene Hinweise aus den Whistleblowing-Kanälen.

Forensisches Team beauftragt

Parallel dazu werde ein forensisches Team mit einer umfassenden internen Prüfung zum Sachverhalt beauftragt, dieses soll etwa die Computerdaten des ehemaligen Präsidenten untersuchen. 

Gegen wen konkret ermittelt werden soll, teilt die Geschäftsführung nicht mit. Kutin ist im April 2024 ja gestorben, es könnte sich aber um mögliche Mittäter handeln. 

"Zum Schutz der laufenden Verfahren sowie der Persönlichkeitsrechte von Betroffenen und Beteiligten können wir aktuell keine weiteren Details nennen. Sobald gesicherte neue Informationen vorliegen, informieren wir umgehend", hieß es seitens SOS-Kinderdorf.

Ehren entzogen

Basis für die Ermittlungen in Deutschland war der 262-seitigen Abschlussbericht der "Independent Special Commission" (ISC), veröffentlicht im Juni 2023. Darin werden zwar keine Namen genannt - aber deutlich darauf hingewiesen, dass die „Rolle von Führungskräften und Mitarbeitern“, die „Unterstützung durch hochrangige internationale Persönlichkeiten sowie durch leitende Angestellte und Mitarbeiter“  zu prüfen sei, was die Vorwürfe gegen einen Großspender betraf. 

Für den Verein "SOS-Kinderdorf weltweit" mit Sitz in München ergaben sich daraus Hinweise auf ein Fehlverhalten der langjährigen Leitfigur Kutin. Er wurde im November 2023 ausgeschlossen und ihm die Ehrenpräsidentschaft aberkannt, auch beim Dachverband entzog man Kutin die Ehren. 

In einem Statement, das weitgehend unbeachtet schon vor einer Woche auf der Website des Münchner Vereins veröffentlicht wurde, hieß es zudem, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen Kutin ermittelt habe - mit dessen Tod im April 2024 wurde das Verfahren aber eingestellt, ohne dass die Vorwürfe abschließend geklärt werden konnten. 

Im ISC-Bericht ist von mehreren Persönlichkeiten die Rede - weshalb man sich bei SOS-Österreich nun offenbar auf die Suche nach Mittätern machte. Etwas, das die Justiz in Österreich bis dato verabsäumt hat. 

So wurde in St. Pölten zwar ein Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gegen den Großspender geführt, als er einige Monate später (August 2022) starb, wurde der Akt geschlossen. Hinweise auf Mittäter - bzw. Beitragstäter im Sinne des Strafgesetzbuches - habe es damals nicht gegeben, erklärt ein Sprecher auf KURIER-Anfrage. 

Dieser soll in Nepal mehrere Kinder sexuell missbraucht haben. Kutin geriet nach einem Falter-Bericht vergangene Woche in den Fokus, weil er dem Mann Zugang zu Kindern ermöglicht haben soll. Auch nachdem die Übergriffe in der Organisation bekannt waren. 

Weswegen konkret in München ermittelt wurde, konnte die dortige Staatsanwaltschaft auf KURIER-Anfrage weder am Donnerstag, noch am Freitag mitteilen. 

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