Sicherungshaft: Konflikt in SPÖ über Doskozil-Idee

Sicherungshaft: Konflikt in SPÖ über Doskozil-Idee
OÖ-Parteichefin gegen, Michael Ludwig für Doskozil. Rendi-Wagner verlangt Taskforce, Peter Kaiser spricht von "Einzelmeinung".

Der angehende Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Peter Doskozil, wirbelt die SPÖ durcheinander. Doskozil forderte am Wochenende eine Sicherheitsverwahrung für potenzielle Gewälttäter. Die Chefin der SPÖ-Oberösterreich, Birgit Gerstorfer, nennt die Idee "indiskutabel", Wiens Bürgermeister Michael Ludwig stellt sich hingegen an Doskozils Seite, wenn auch nicht mit voller Überzeugung. SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner wiederholt ihre Forderung nach einer Taskforce, die den Fall in Dornbirn klären soll.

Anlassfall Vorarlberg

Anlassfall für die ganze Debatte ist der Mord am Dornbirner Sozialamtsleiter durch einen Asylwerber. Dem mutmaßlichen Täter war zuvor Asyl verwehrt und wegen begangener Straftaten der Aufenthalt in Österreich aberkannt worden. Er stellte erneut einen Asylantrag und erstach während des laufenden Verfahrens den Sozialamtsleiter, weil dieser ihm die Mindestsicherung verwehrt hatte.

Die Regierung will in Folge des Falles in Dornbirn eine Sicherheitsverwahrung für gefährliche Asylwerber einführen. EU-Rechtler Walter Obwexer hält dies für EU-rechtskonform, da Österreich einen entsprechenden Punkt in der Aufenthaltrsrichtlinie nicht umgesetzt habe.

Doskozil geht einen Schritt weiter und fordert eine Sicherheitsverwahrung auch für Österreicher, beispielsweise für gegenüber Frauen potenziell gewalttätige (Ex-)Partner. Psychologen sollten das beurteilen.

Gerstorfer gegen Verurteilung vor der Tat

Die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer lehnt die Idee der Sicherungshaft für Asylwerber ebenso ab wie für Österreicher. Das hieße „jemanden als Räuber zu verurteilen, bevor er einen Raub begangen hat“ und falle „eher in die Kategorie indiskutabel“, so Gerstorfer gegenüber der APA. Es gebe ausreichend andere „gute rechtliche Möglichkeiten“, die man ausschöpfen könne.

Der Bundesregierung gehe es nicht um die Sicherheit der Bevölkerung, sondern „einzig darum Asylwerber in Bausch und Bogen zu kriminalisieren“. Dabei nehme man auch in Kauf, „dass der Rechtsstaat ausgehöhlt wird“, warnte sie. Wenn man eine Sicherungshaft einführe, müsse man das aber aus Gleichheitsgründen für alle tun.

Diese Rechtsansicht habe ihrer Meinung auch den burgenländischen SPÖ-Chef und designierten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zu seinem Vorstoß bewogen. Aber jemanden ohne Verdacht zu inhaftieren, das „will ich nicht für die österreichische Bevölkerung“ und ebenso wenig für Asylwerber, hielt Gerstorfer fest.

Rendi-Wagner verlangt Taskforce

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner will auf Doskozils Vorschlag nicht konkret eingehen. „Für mich stellt sich diese Frage auf der politischen Ebene noch nicht“, sagte sie im Ö1-„Mittagsjournal“ und verwies auf die sich im Laufen befindende Aufarbeitung der Messerattacke in Vorarlberg.

„Solange ich diese Ergebnisse nicht habe, stehe ich für Diskussionen nicht zur Verfügung“, so Rendi-Wagner, die grundsätzlich Eingriffe in die Grundrechte der Bürger ablehnte.

Kaiser:"Einzelmeinung" Doskozils

Kärntens Landeshauptmann und stellvertretender SPÖ-Bundeschef Peter Kaiser hat die Aussagen seines Parteifreundes Hans Peter Doskozil zur Sicherungshaft am Montag vor Journalisten als „Einzelmeinung“ bezeichnet. Nach seiner Position zur Sicherungshaft gefragt, wollte sich Kaiser nicht explizit festlegen, er forderte lieber eine Analyse der geltenden Gesetzeslage und eine Einbeziehung der SPÖ.

„Ich habe in dem Fall etwas anderes zu sagen“, meinte Kaiser auf die Frage nach seiner Meinung. „Ich möchte nicht, dass man ohne irgendeine tiefergehende Diskussion hier irgendwas beschließt, und auf einmal kann jeder und jede in Österreich kontrolliert werden. Denn was Doskozil gestern nur einmal als eine Facette aufgezeigt hat: Warum, wenn man schon mit solchen Argumenten kommt, ist es ausschließlich eine bestimmte Gruppe, warum soll das nicht für alle gelten? Sind nicht alle auch potenzielle Gefährder oder Nicht-Gefährder?“

Ein einfaches „Ich bin dafür“ oder „Ich bin dagegen“ sei in der Frage nicht möglich, findet der Kärntner Landeshauptmann. Es dürfe jedenfalls nicht passieren, dass ohne Diskussion „Kontrollmöglichkeiten, die sich jeder öffentlichen Kontrolle entziehen“, eingeführt werden. Worum es geht, sei, „dass man versucht, ohne dass es Tatbestände gibt, bereits Maßnahmen zu setzen“. Dabei sei noch gar nicht „bis zum Schluss durchanalysiert“, ob es nicht schon nach der bestehenden Gesetzeslage Möglichkeiten gegeben hätte, den tödlichen Messerangriff auf einen Beamten in Dornbirn zu verhindern.

Was jedenfalls nicht sein könne, ist nach Ansicht des Politikers, dass die persönliche Freiheit derartig eingeschränkt werde, ohne dass „mit der stärksten Oppositionspartei und den anderen parlamentarischen Kräften“ gesprochen werde. „Zu sagen, entweder stimmts zu oder wir machen's alleine, bei einer so entscheidenden Frage ist für mich an politischer Unkultur nicht zu überbieten.“

Ludwig will Österreicher einbeziehen

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig will sich nicht festlegen, ob die viel diskutierte Sicherungshaft eingeführt werden soll oder nicht. Die Sache gehöre ausführlich diskutiert - und zwar aus Opfersicht, so Ludwig gegenüber der APA. Nur für Asylwerber soll sie gegebenenfalls aber nicht gelten, geht er mit dem designierten Burgenland-Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) d'accord.

Allen voran müsse der Vorarlberger Vorfall einmal einer „genauen Prüfung“ unterzogen werden, hielt Ludwig am Montag fest. Er unterstütze die Forderung nach einer Taskforce unter der Leitung der Justiz. „Das Gewaltschutzgesetz, dessen Bestimmungen unter anderem im Sicherheitspolizeigesetz verankert sind, ist 1997 in Kraft getreten und gilt inzwischen seit mehr als 20 Jahren. Im Zuge einer umfassenden Evaluierung müssen selbstverständlich manche Bestimmungen aktuell überprüft und auch breiter diskutiert werden“, meint der Wiener Stadtchef. Wobei er sich gleichzeitig „dezidiert“ gegen eine Anlassgesetzgebung ausspricht.

Jedenfalls gehöre im Zuge der Diskussion der Gewaltschutz in den Fokus gerückt: „Es geht um den Schutz potenzieller Opfer.“ Sollte eine Sicherungshaft kommen, unterstützt Ludwig den Vorschlag, diese auch auf Österreicher anzuwenden. Denn es könne hier keine Differenzierung der Täter geben. „Für ein Opfer eines Gewaltverbrechens spielt es keine Rolle, woher der Täter kommt.“ Bei allfälligen Neuregelungen müssten „natürlich auch alle Grundrechte, Menschenrechte und verfassungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden“.

Wiener Grüne gegen "Sicherheitspopulismus"

Für den Koalitionspartner der SPÖ in Wien, die Grünen, gibt es in Sachen Sicherungshaft indes keinen Spielraum. Neo-Spitzenkandidatin Birgit Hebein, die ab Ende Juni auch Vizebürgermeisterin sein wird, brachte ihre Ablehnung am Montag unmissverständlich zum Ausdruck. „Doskozil will Menschen auf bloßen Verdacht hin in Haft nehmen, weil sie vielleicht einmal eine Straftat begehen könnten“, kritisierte sie: „Mit diesem Sicherheitspopulismus muss endlich Schluss sein.“

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