Sebastian Kurz: Warum die "Welt" von seiner schlafenden Freundin berichtet

Sebastian Kurz: Warum die "Welt" von seiner schlafenden Freundin berichtet
Käsebrote und Campari: Der Ex-Kanzler hat dem deutschen Medium eine Audienz in der Privatwohnung gewährt.

Die Freundin von Sebastian Kurz schaut gerne Netflix, konkret packt sie gerade die Serie "Better Call Saul". Das - und einige andere private Details - dürfen die Leser der Welt erfahren. Der frühere Regierungschef hat das deutsche Medium für ein portraithaftes Interview in seine Privatwohnung geladen. Man trifft sich also in Meidling, und wird spätnachts noch auf den Balkon gehen - mit Blick aufs Schloss Schönbrunn.

Für die Welt ist Kurz "die Natürlichkeit selbst". Der frühere ÖVP-Chef wirkt "kein bisschen angeschlagen, nicht eine Sekunde älter als vor den Skandalen. Alterslos Mitte zwanzig. Eher wirkt er, die Umstände legen es ja auch nahe, jünger, stiller, irgendwie zarter als früher im Scheinwerferlicht."

Soviel zur äußeren Erscheinung und was die Welt darüber berichtet.

Was die Verpflegung angeht, hält sich Kurz an die Vorlieben des Autors ("Er hat eine Flasche Campari gekauft, weil er von dieser meiner Vorliebe weiß, und Käsebrote gemacht, drei an der Zahl"). Und an dieser Stelle wird der Text zum ersten Mal irritierend. Denn die Welt geht offenkundig davon aus, dass den früheren Bundeskanzlern in Österreich ein Mitarbeiterstab zusteht - oder sich diese einen leisten. Denn wie bemerkt der Autor erstaunt: "Personal ist nicht mehr zu sehen."

Bemerkenswert ist allemal, was Kurz über sein Image und den Medienkonsum berichtet: "Ich bin seit meinem Rücktritt etwa 150 Mal auf der Straße angesprochen worden, nur zwei Mal war es negativ“, sagt Kurz zu dem deutschen Medium. Und dieses hält die Aussage für alles andere als "banal". Denn sie erkläre Kurz "seltsam ungetrübt-positiven Blick auf die Welt, die offenbar für ihn nie die Medienwelt war, sondern die reale." Kurzum: Der Kanzler habe die "geschriebenen und gesendeten Kommentare über ihn nie gelesen. Er wusste gar nicht, dass er von Millionen gehasst wurde, von den Journalisten, den Social-Media-Usern, den Querdenkern und den Linken im Lande." So schreibt es die Welt. Wer journalistisch mit dem ÖVP-Chef zu tun gehabt hat, weiß freilich: Sebastian Kurz gehörte zu jenen Regierungschefs, die sich ausnehmend intensiv darum gekümmert haben, was wo über sie berichtet worden ist.

Über Kurz Arbeit und was genau er für den Multimilliardär Peter Thiel so macht, äußert sich der Alt-Kanzler eher spärlich. "Er macht mehr Reisen als früher, nach Amerika, auch Südamerika, nach Nahost, Israel, Saudi-Arabien, nach London manchmal, ganz selten auch Deutschland. An zwanzig Tagen im Monat ist er unterwegs, in der Luft sozusagen. Er trifft Leute, bildet Teams, führt Menschen, Interessen und Ideen zusammen. Erst vor wenigen Tagen hat er zwei eigene Firmen gegründet. Da hat er sein erstes Geld reingesteckt."

Sehr blond, immer noch jung

An dieser Stelle wird es, wie die Welt fast selbstkritisch einräumt, "etwas unscharf". Man erfährt nur dies: "Eine kluge Konstruktion offenbar: Er stellt sein Wissen und seine guten Kontakte aus der Zeit als Kanzler einem Investor zur Verfügung, bekommt dafür ein Gehalt, und steckt dieses Geld in den Aufbau eigener Investitionen."

Nachgerade verstörend wird die Reportage an der Stelle, als der Besucher Kurz dabei beobachtet, wie dieser seine Freundin zu Bett bringt. "Jetzt, mit 35, ist er glücklicher Jungvater und verliebt in seine schöne, sehr blonde, immer noch junge Freundin. Sie schläft inzwischen. Er streicht ihr vorsichtig mit dem Handrücken über die erhitzte Wange. Das Licht löscht er ebenso sanft durch eine lautlose Bewegung durch die Lichtschranke. Das Mädchen war bei ‚Diener des Volkes‘, letzte Staffel, eingeschlafen."

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