Wären höhere Förderungen eine Lösung?
In erster Linie geht es ums Geld. Die Nutzungsdauer landwirtschaftlicher Gebäude beträgt über 20 Jahre. Ein neuer Schweinestall, mit 500 bis 1.000 Mastplätzen, kostet ein bis zwei Millionen Euro.
Wer vor wenigen Jahren einen Stall mit Vollspaltenboden gebaut hat und nun den Kredit abbezahlt, müsste direkt wieder umbauen. Mehrkosten: etwa 200 Euro pro Platz. „Das Verbot ist eigentlich ein Meilenstein gewesen, das Enddatum 2040 war für uns Landwirte ohnehin eine Herausforderung“, sagt Schweinebauer Franz Rauscher, dessen Betrieb tierfreundlich, aber auch auf Vollspaltenboden produziert.
Aktivist Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, widerspricht mit Verweis auf die Hühnerhaltung: „Legebatterien musste man in nur vier Jahren auf Boden- oder Freilandhaltung umstellen. Das hat bravourös funktioniert.“ Nach dem Gesetz habe es sogar mehr Legehühner und weniger importiertes Geflügel gegeben. Die Frist bei den Vollspaltenböden müsste also „mindestens halbiert werden“, fordert Balluch.
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Das Gegenargument der Landwirte: Während bei den Hennen nur die Innenausstattung des Stalls gewechselt werden musste, ist bei den Schweinen ein großflächiger Umbau nötig. Mögliche Lösung: höhere Förderungen. Derzeit fördert das Landwirtschaftsministerium Investitionen in Tierwohl-Ställe mit 35 Prozent der Kosten – bis zu Gesamtkosten von 500.000 Euro. Rauscher hält eine Förderung von 60 Prozent für nötig – ohne Deckel. Auch Balluch plädiert für höhere Förderungen.
Droht ein Bauernsterben?
Das ist nicht der einzige Zielkonflikt. In der Praxis bedeuten höchste Tierwohl-Standards: Schweine werden unter Vollnarkose kastriert, haben doppelt so viel Platz und einen Strohboden – damit sie gemäß des Tierschutzgesetzes keine „ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden oder Schäden“ erleiden. Gleichzeitig ist nachhaltige Produktion teurer, der Ertrag geringer. Ist der Konsument bereit, das auch zu bezahlen?
Noch nicht. Seit 2021 sei die Anzahl der Bio- und Tierwohlschweine von 170.000 zwar auf über 220.000 gestiegen, sagt Michael Klaffenböck, Geschäftsführer der Österreichischen Schweinebauern: „Der Trend ist positiv, aber es braucht hier noch mehr Nachfrage.“
Die Zahl der Schweinehalter in Österreich sinkt indes: Von 1995 bis 2022 von 112.000 auf 19.000, bei heute 2,7 statt 3,7 Millionen Schweinen. Erstens essen die Österreicher weniger Schweinefleisch. Zweitens: „Vielen Bauern reicht es einfach, immer als Tierquäler dargestellt zu werden“, sagt Rauscher. „Diese mediale Wucht und die dadurch entstandene, gesellschaftliche Meinung geht an uns nicht spurlos vorüber.“
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Keine Fans von Nase und Schwanz
Klar ist: Bei Importfleisch sind Tierwohlstandards oft geringer. 90 Prozent der weltweiten Produktion findet auf Vollspaltenböden statt, in Österreich „nur“ 70 Prozent. Sperren also mehr österreichische Betriebe zu, besteht die Gefahr, dass mehr Billigware importiert wird.
Balluch entgegnet: „Das einzige Argument gegen Tierschutz ist immer, dass Fleisch aus dem Ausland billiger wäre. Aber wir haben eine Überproduktion von Schweinefleisch.“ Ein Drittel des in Österreich verbrauchten Schweinefleischs ist dennoch Importware. Ein (kultureller) Grund: Der Österreicher isst sein Schwein ungern von der Nase bis zum Schwanz, sondern lieber nur die edelsten Stücke.
Welche Frist nun akzeptabel wäre, wollen übrigens weder Bauernbund noch Landwirte beantworten. Tenor: Die Politik sei gefordert, eine zu kurze Frist ruiniere jedenfalls die Inlandsproduktion. „Wir würden gerne alle nach höchsten Tierwohlstandards produzieren, aber da müssen auch Politik und Konsument mitspielen“, sagt Rauscher.
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