Vollspaltenböden: Tierqual mit Ablaufdatum?

Schweinemast
Der VfGH-Spruch zu den Vollspaltenböden ist ein Meilenstein. Ein Gastkommentar von Veronika Weissenböck.

Es ist ein echter Paukenschlag: Der Verfassungsgerichtshof hebt die Übergangsfrist für ein Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung auf. Die Frist sei mit 17 Jahren zu lang, so der VfGH.

Hintergrund ist eine Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2022, die das Auslaufen der klassischen Vollspaltenböden mit 2040 festgelegt hat. Der VfGH begründet sein Erkenntnis damit, dass „die Dauer von 17 Jahren angesichts der Abwägung zwischen Investitions- und Tierschutz sachlich nicht gerechtfertigt“ ist. Soll heißen: Das Tierwohl ist wichtiger als rein wirtschaftliche Interessen.

Für Tierschützer ist dieses Erkenntnis ein Meilenstein. Denn Vollspaltenböden sind nichts anderes als eine legale Tierquälerei. Es bedeutet, dass Schweine ihr ganzes Leben lang dicht gedrängt auf Betonböden mit Spalten stehen, durch die ihre Exkremente fallen. Was für Landwirte einfacher im Management ist, ist für die Tiere eine echte Gefahr für ihre Gesundheit: Die Böden verursachen regelmäßig Schwielen auf der Haut der Tiere, sie bekommen häufig Gelenksentzündungen. Die Ammoniakdämpfe, die sie einatmen, weil sie über ihren Fäkalien stehen, führen zu Lungenbeschwerden. Sämtliche Grundbedürfnisse dieser unglaublich intelligenten Tiere werden missachtet. Denn ein Schwein braucht Platz, Stroh oder eine andere weiche Unterlage, will sich suhlen und beschäftigen.

Adrian Almasan | www.adrianalmasan.com

Veronika Weissenböck ist Kampagnenleiterin von Vier Pfoten Österreich

70 Prozent der österreichischen Schweine werden auf Vollspaltenböden gehalten. Der Witz ist, dass diese Haltung eigentlich unserem Tierschutzgesetz widerspricht. Darin heißt es: „Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“ Diese Diskrepanz ist natürlich darauf zurückzuführen, dass stets der Profit statt Tierwohl Priorität hatte, Tiere als reine Ware gelten. Man muss es leider so drastisch ausdrücken: Tierquälerei ist traurige Normalität in Österreichs Ställen.

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Wir dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Bis 2028 sollen im Rahmen eines Projekts neue Mindeststandards für die Haltung von Schweinen nach der Übergangsfrist festgelegt werden. Wie diese aussehen werden, ist noch völlig unklar. Kommt, wie befürchtet, das sogenannte „dänische Modell“, würde lediglich ein kleiner Teil der Fläche mit weniger Spalten versehen als der „herkömmliche“ Vollspaltenboden – eine Augenauswischerei!

Und ohnehin gilt für uns: Eine Haltungsform ohne mindestens doppelt so viel Platz und verpflichtende Einstreu bringt absolut keine Verbesserung des Tierwohls – ob mit oder ohne Vollspalten. Ganz wesentlich ist, dass es für Landwirte gezielte und umfassende Förderungen geben muss, um ihnen die Umstellung auf tierfreundlichere Ställe zu erleichtern. Tierwohl muss sich auch lohnen. Dieser Paradigmenwechsel wird nicht von heute auf morgen geschehen – aber er darf auch nicht 17 Jahre dauern.

Veronika Weissenböck ist Kampagnenleiterin von Vier Pfoten Österreich

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