Schwarzer Donnerstag für die Roten

Schwarzer Donnerstag für die Roten
In der sensiblen Phase kurz vor der Auszählung kommt der SPÖ der Chef ihrer Wahlkommission abhanden. Das nährt Spekulationen – wie manch andere Beobachtung auch.

Es ist, soviel muss man bei aller Empathie und Zurückhaltung wohl festhalten, der schlechtestmögliche Zeitpunkt für einen Rückzug: Harry Kopietz, Chef der SPÖ-Wahlkommission, hat am Donnerstag völlig überraschend hingeschmissen.

„Auf Rat meiner Ärzt*innen sehe ich mich aus gesundheitlichen Gründen veranlasst, diese Funktion mit sofortiger Wirkung zurückzulegen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des 74-Jährigen.

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Seit geraumer Zeit hat der frühere Landtagspräsident und Vertraute von Bürgermeister Michael Ludwig Schwierigkeiten mit dem Herz; diese wurden nun drängender. Und weil die Befragungsphase nun geschafft sei, zieht sich Kopietz zurück.

Neue Chefin der Kommission ist Michaela Grubesa, die für die SPÖ im steirischen Landtag sitzt und tendenziell dem Freundeskreis rund um Hans Peter Doskozil zugeordnet werden kann.

Gibt es andere, inhaltliche Gründe für Kopietz Demission? Weiß er gar, wie die Befragung ausgeht?

Der jähe Wechsel befeuerte am Donnerstag jede Menge Gerüchte, die Stimmung ist aufgeheizt.

Wie sehr, illustrieren folgende Episoden: Seit Tagen kursiert in der SPÖ ein angebliches Abstimmungsergebnis unter Berufung auf die Firmen, die die Stimmen auswerten. Demnach habe Rendi-Wagner mit 41 Prozent gewonnen, Andreas Babler liege bei 37 Prozent, Hans Peter Doskozil nur auf Platz 3 mit 22 Prozent. Dieses Ergebnis sei auf der Maitribüne der Wiener SPÖ erzählt worden, heißt es.

SPÖ-Mitgliederbefragung: IT-Experte ortet Manipulationsgefahr

In der Krone platzierte derweil ein anonymer Informant, dass sich in der mit der Abwicklung der Befragung beauftragten Firma Bemerkenswertes zugetragen habe. Demnach seien bei einem Besuch der Wahlkommission vor Ort Stapel mit Stimmzetteln gesichtet worden. Und bei diesen sei der von Doskozil am höchsten gewesen.

Wahr ist: Entgegen der landläufigen Meinung werden die Abstimmungsbögen nicht erst am 22. Mai von der Wahlkommission geöffnet und gezählt.

Der Sprecher der Bundes-SPÖ bestätigt gegenüber dem KURIER, dass die erwähnte Firma die Abstimmungsbögen vorsortiert, indem man beispielsweise Authentizität und Gültigkeit automatisiert prüft. „Allerdings werden alle Stimmen in plombierten Kisten verwahrt und der Wahlkommission erst am 22. Mai zur Verfügung gestellt“, sagt SPÖ-Sprecher Stefan Hirsch. Die betreffende Firma habe diesbezüglich einen Ruf zu verlieren, die Stimmen würden de facto in einem Hochsicherheitstrakt verwahrt. „Das ist die sicherste Befragung, die es je von einer Partei gegeben hat.“

Sicherheitslücke

Als wäre das nicht genug der Aufregung, sorgte am Donnerstag eine kolportierte Sicherheitslücke bei der Online-Befragung für Irritationen. Sicherheitsforscher des Unternehmens „Certitude Consulting“ haben Zweifel angemeldet, ob das für die Befragung verwendete Tool wirklich für einen wahl-ähnlichen Vorgang geeignet ist. „Die von der SPÖ bzw. dem beauftragten Unternehmen verwendete Software ist nicht sicher genug, um eine Manipulation bei der Teilnahme auszuschließen“, sagt Marc Nimmerrichter, Managing Partner bei Certitude Consulting, zum KURIER.

Die Bundes-SPÖ will das nicht so einfach hinnehmen. „Wir haben vorab mit Rechts- und IT-Experten intensiv beraten und entsprechende Gutachten über die Vorgangsweise erstellen lassen“, so Parteisprecher Hirsch.

Das Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen halte fest, dass es „für Unbefugte auch statistisch nahezu ausgeschlossen ist, selbst bei Kenntnis des Internetlinks einen Abstimmungscode zu erraten und so unbefugt anstelle einer anderen Person teilzunehmen“. Die SPÖ hat die Angelegenheit ihrem Anwalt übergeben, um allfällige Schritte gegen „Certitude Consulting“ zu prüfen.

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