Schramböck bei den Saudis: Was wurde eigentlich aus Ex-Türkis-Grünen?
Margarete Schramböck zieht es nach Saudi-Arabien. Die ehemalige Ministerin für Wirtschaft und Digitalisierung soll dem Ölriesen Aramco bei der digitalen Transformation helfen, wie Anfang der Woche bekannt wurde. In ihrer Heimat Österreich sorgte das für Schmunzeln.
Ausgerechnet jene Politikerin, die mit ihrem „Kaufhaus Österreich“ so katastrophal gescheitert ist, soll dem saudischen Ölkonzern nun also helfen, „das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen“, wie es in einer Aussendung hieß.
Schramböck ist nicht die einzige Ministerin der türkis-grünen Regierung, die im Amt zwar heftig umstritten war, nun in der Privatwirtschaft aber recht erfolgreich ist. Elisabeth Köstinger, die – wie Schramböck – im Mai 2022 zurücktrat, ist mittlerweile umtriebige Beraterin und Aufsichtsrätin.
Gernot Blümel, den die Grünen erst kurz vor seinem Rücktritt – und zwar im Zuge der Budgetverhandlungen – zu schätzen gelernt haben, führt eine Tochtergesellschaft des deutschen Medizin-IT-Pioniers Frank Gotthardt.
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Heinz Faßmann, der Sebastian Kurz seit dessen Zeit als Integrationsstaatssekretär begleitet hatte und später in zwei seiner Koalitionen Bildungsminister war, ist nach einem Jahr im Amt als Präsident der Akademie der Wissenschaften voll angekommen. Jüngst gab der ehemalige Uni-Vizerektor Interviews und kritisierte die Politik wegen „flacher Debatten“ rund um Normalität und Bargeld.
Kurz selbst reist als Investor durch die Welt und scharte erst kürzlich frühere politische Weggefährten und Unternehmer bei „Schinkenfleckerl und Gin Tonic“ am Rande der Salzburger Festspiele um sich.
Keine Spur gibt es von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher, die im Zuge einer Plagiatsaffäre zurückgetreten und danach vollkommen abgetaucht ist. Dem Vernehmen nach arbeitet sie gerade an ihrem beruflichen Comeback als Unternehmensberaterin.
Türkis-Grün hat dreieinhalb wilde Jahre hinter sich: Ermittlungen gegen mehrere ÖVP-Politiker, zwei Kanzlerwechsel mitsamt Regierungsumbildung, Ukraine-Krieg, Teuerung und – nicht zu vergessen – die Corona-Krise sorgten zuverlässig für Schlagzeilen.
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Apropos Corona: Die Pandemie war Grund für alle drei Rücktritte auf grüner Regierungsseite. Rudolf Anschober verarbeitete seine Eindrücke als Gesundheitsminister in einem Buch, sein Nachfolger Wolfgang Mückstein arbeitet wieder als Allgemeinmediziner. Und die glücklose Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek, eigentlich schon in Pension, schreibt Bücher.
Sebastian Kurz (36)
Alter Job:
Bundeskanzler (Jän. 2020 bis Okt. 2021) und ÖVP-Bundesparteichef (Mai 2017 bis Dez. 2021)
Neuer Job:
Investor und Berater mit eigener „SK Management GmbH“
Nach seinem Rückzug infolge der Inseraten-Affäre im Herbst 2021 war er zunächst als „Global Strategist“ für Tech-Milliardär Peter Thiel tätig und gründete dann ein eigenes Unternehmen mit Büro am Wiener Schubertring.
Kürzlich lud der Ex-Kanzler am Rande der Salzburger Festspiele zu „Schinkenfleckerl und Gin Tonic “. Mit Lebensgefährtin Susanne Thier hat er Sohn Konstantin (*2021), auf Instagram zeigt Kurz sich als stolzer Vater.
Gernot Blümel (41)
Alter Job:
Finanzminister (Jän. 2020 bis Dez. 2021) und Chef der Wiener ÖVP (Okt. 2015 bis Dez. 2021)
Neuer Job:
Geschäftsführer eines IT-Unternehmens im Medizin-Bereich
Verabschiedete sich unmittelbar nach Kurz aus der Politik und ward nicht mehr gesehen – weder bei Promi-Events noch auf Social Media. 2022 war er für die Superfund-Gruppe tätig, im April 2023 heuerte er beim deutschen IT-Pionier Frank Gotthardt an und leitet dessen Wiener Ableger, der Künstliche Intelligenz für die Medizin entwickelt.
Mit Partnerin Clivia Treidl hat er zwei Kinder.
Elisabeth Köstinger (44)
Alter Job:
ÖVP-Ministerin für Landwirtschaft und Tourismus (Jän. 2020 bis Mai 2022)
Neuer Job:
Unternehmerin, PR-Beraterin und Aufsichtsrätin bei Ryanair
Ihr Rückzug aus der Politik kam überraschend. Kurz darauf wurde sie Geschäftsführerin beim österreichischen Finanzdaten-Anbieter Mountain-View Data. Im April 2023 wurde die Mutter eines fünfjährigen Sohnes dann strategische Beraterin der Baha-Gruppe, führt zudem eine PR-Agentur und ist Aufsichtsrätin beim irischen Billigfluganbieter Ryanair.
Im Oktober wird sie beim „Female Future Festival“ in Wien auftreten.
Margarete Schramböck (53)
Alter Job:
ÖVP-Ministerin für Digitalisierung und Wirtschaft (Jän. 2020 bis Mai 2022)
Neuer Job:
Vorstandsmitglied bei Aramco Digital und Unternehmensberaterin
Gab ihren Rücktritt kurz nach Elisabeth Köstinger bekannt und verzichtete damals auch auf ihr Nationalratsmandat. Im Juni 2022 gründete sie ein Beratungsunternehmen.
Kürzlich wurde bekannt, dass Schramböck „Board Member“ bei einer Tochterfirma des saudi-arabischen Ölkonzerns Aramco wird. Das Unternehmen beschäftigt sich eigenen Angaben zufolge mit den Chancen der digitalen Transformation.
Christine Aschbacher (40)
Alter Job:
ÖVP-Ministerin für Arbeit, Familie und Jugend (Jän. 2020 bis Jän. 2021)
Neuer Job:
Unternehmensberaterin, derzeit ruht ihr Gewerbe aber (noch)
Trat wegen Plagiatsvorwürfen zurück, zwei Jahre später erklärte die Technische Uni Bratislava dann, dass kein Plagiat vorliege und Aschbacher ihren Doktor-Titel behalten dürfe.
Aktuell lebt sie mit ihren Mann und den drei Kindern in der Steiermark und ist dem Vernehmen nach gerade dabei, ihre Unternehmensberatung wieder aufzubauen. In diesem Bereich hat Aschbacher bereits vor ihrer Minister-Zeit gearbeitet.
Heinz Faßmann (67)
Alter Job::
Parteiloser Minister für Bildung und Wissenschaft (Jän. 2020 bis Dez. 2021)
Neue Job:
Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Sebastian Kurz hatte den Vizerektor der Uni Wien erst als Bildungsminister in die türkis-blaue und später auch in die türkis-grüne Regierung geholt. Im Zuge der Regierungsumbildung des neuen Kanzlers Karl Nehammer (ÖVP) zog sich Faßmann, ein gebürtiger Deutscher mit österreichischer Staatsbürgerschaft, zurück.
Im Juli 2022 folgte er dem Nobelpreisträger Anton Zeilinger als ÖAW-Präsident nach.
Ulrike Lunacek (66)
Alter Job:
Grüne Staatssekretärin für Kunst und Kultur (Jän. 2020 bis Mai 2020)
Neuer Job:
Autorin und stv. Obfrau im „BürgerInnen Forum Europa“
Nach nur vier Monaten im Amt und heftiger Kritik an ihrem Handeln in der Corona-Krise zog sich Lunacek, zuvor langjährige EU-Parlamentarierin, zurück.
Seit April 2020 wirkt sie beim überparteilichen „BürgerInnen Forum Europa“ von Othmar Karas mit und schrieb zwei Bücher: „Zwei Grüne Leben“, ein Porträt über ihren Vater, und „Global Female Future“. Zudem hält Lunacek Vorträge zu queeren und feministischen Themen.
Rudolf Anschober (62)
Alter Job:
Grüner Minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Jän. 2020 bis April 2021)
Neuer Job:
Autor, Vortragender und Berater
Trat aufgrund von gesundheitlichen Problemen zurück. Im selben Jahr veröffentlichte er das Buch „Pandemia“, hält Vorträge und hat eine wöchentliche Kolumne in der Krone.
Seit Anfang 2023 engagiert er sich für die Klima-Initiative „Neustart für ein krisensicheres Österreich“, ein „parteipolitisches Comeback“ schließt er aber aus. Derzeit erholt er sich von einem Bandscheibenvorfall und denkt über ein zweites Buch nach.
Auf Instagram hält Anschober seine Follower über seinen Alltag, seine Haustiere und seinen Garten auf dem Laufenden.
Wolfgang Mückstein (49)
Alter Job:
Grüner Minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (April 2021 bis März 2022)
Neuer Job:
Allgemeinmediziner und Leiter einer Wiener Gruppenpraxis
Anschobers Nachfolger verließ wegen zunehmender Drohungen von Impfgegnern die Politik – auch, um seine beiden Töchter zu schützen, wie er sagte.
Im Herbst 2022 kehrte der Arzt in die „Medizin Mariahilf“ Gruppenpraxis zurück, in der er schon vor seiner Minister-Zeit seit 2010 tätig war.
Mückstein ist aufgrund einer Erbschaft Gesellschafter eines Immobilienunternehmens.
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