Schausberger: "Diese rasende Globalisierung – da wird es ein Umdenken geben"

Franz Schausberger, Landeshauptmann von Salzburg 1996–2004, Dozent für Neuere Österr. Geschichte
Franz Schausberger, ehemaliger Salzburger Landeshauptmann, im Gespräch über die Programmatik der ÖVP, die Koalition mit den Grünen und Lehren aus der Corona-Krise.

KURIER: Sie sind seit kurzem Präsident des Karl von Vogelsang-Instituts „zur Erforschung der Geschichte der christlichen Demokratie in Österreich“ (eine Schwesterorganisation der Politischen Akademie der ÖVP; Anm.). Die erlebt derzeit eine Hochphase – woran liegt das?

Franz Schausberger: Es ist Sebastian Kurz gelungen, die ÖVP zu einen. Das war die Grundvoraussetzung für den Erfolg. Er hat der ÖVP wieder ein Selbstbewusstsein und -vertrauen gegeben. Vor Kurz war die ÖVP ungefähr in der Situation wie die SPÖ heute. Es war wohl ganz wichtig, dass er Bedingungen gestellt hat, bevor er die Funktion des Parteiobmanns übernommen hat. Das war ein Fehler von Frau Rendi-Wagner, dass sie das nicht getan hat. Kurz ist es gelungen, klare Aufteilungen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips innerhalb der Partei zu schaffen: auf Bundesebene habe ich das Sagen, in den Ländern die Landesparteichefs – was natürlich nicht heißt, dass man sich nicht abspricht. Dazu kommt, dass er erkannt hat, dass der Staat in Zeiten wie diesen eine helfende und schützende Funktion hat und diese auch wahrnehmen muss. Im Großen und Ganzen ist das Steuern durch die Krise gut gelaufen, und das schlägt sich auch in den Umfragen nieder. Wobei man sich nicht täuschen lassen darf: Es wird schwierig sein, das in diesem Ausmaß zu halten.

Es gibt – wie schon bei Wolfgang Schüssel – den Vorwurf, die ÖVP habe unter Kurz ihre christlich-sozialen Wurzeln verraten …

Innerhalb der „christlichen Demokratie“ gibt es natürlich eine gewisse Bandbreite – von christlich-sozial bis christlich-liberal. Ich glaube, dass Sebastian Kurz gerade als junger Politiker verstanden hat, was die Notwendigkeiten und Bedürfnisse der heutigen Zeit sind, und danach seine Politik ausgerichtet hat. Man kann diese nicht einfach bestimmten Schubladen zuordnen. Kurz und die ÖVP haben jetzt in der Krise sehr sozial gehandelt. Man hat ursprüngliche Prinzipien – Stichwort: keine neuen Schulden – hintangestellt. Natürlich wird es langfristig notwendig sein, diesen Weg fortzusetzen. Aber im Moment hat der fürsorgende Staat Vorrang – und das halte ich durchaus für christlich-sozial. Generell sehe ich nicht, dass Kurz etwas von den Grundsätzen der ÖVP über Bord geworfen hätte.

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