Schallenberg: Russland-Wahl eine "Scheinwahl, weder frei noch fair"

Schallenberg: Russland-Wahl eine "Scheinwahl, weder frei noch fair"
Autokraten wie Putin würden dennoch Wert darauf legen, dass der Schein einer Demokratie gewahrt bleibe, sagt der Außenministerin der ORF-"Pressestunde".

Heute Abend schließen in Russland die Wahllokale - der Sieger dürfte aber schon feststehen: Präsident Wladimir Putin wird aller Wahrscheinlichkeit nach in die nächste Amtszeit gehen.

"Wir wissen, das ist eine Scheinwahl, sie ist weder frei noch fair", sagt Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) dazu in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. 

Er findet es interessant, dass Autokraten wie Putin trotz allem so "großen Wert darauf legen, dass der Anschein gewahrt wird". Jegliche Vorwürfe, dass Druck auf Wähler ausgeübt wird, werden vom Kreml dementiert.

Die Gesprächskanäle zu Russland seien noch frei, betont er, sieht aber "keine Anzeichen", dass Russland bereit wäre, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, was den Krieg in der Ukraine betrifft. 

Die Frage kam, weil Österreich gerade erst zwei russische Diplomaten ausgewiesen hat. Es seien "Tätigkeiten gesetzt" worden, die mit der Wiener Diplomatenkonvention nicht vereinbar seien, hieß es. Eine Ausdrucksweise, die auf Spionage hindeutet. 

Schallenberg wollte sich in der Pressestunde nicht zu Details äußern, betonte aber, dass er - wie seit Beginn seiner Amtszeit - nicht davor zurückschrecke, solche Personen zur "Persona non grata" zu erklären. "Wir machen das nicht willkürlich nach Lust und Laune, erst recht nicht auf Zuruf, sondern wir prüfen das sehr gründlich." 

FPÖ als Kürzel für "Freunde Putins in Österreich"

Auf die kürzlich publik gewordenen Verbindungen der FPÖ zu russischen Geheimdiensten angesprochen, betonte Schallenberg erneut die Linie der ÖVP: Herbert Kickl (FPÖ-Chef) sei ein "Sicherheitsrisiko". 

"Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir eine Partei in diesem Land haben, und eigentlich erschreckend, die sich immer wieder (...) ganz mutwillig vor den Karren Russlands spannen lässt."

Manchmal frage er sich, ob die Abkürzung FPÖ nicht eher für "Freunde Putins in Österreich" stehe, "weil sie zum Teil eins zu eins die Fake News und was alles in den russischen Kanälen verbreitet wird, übernehmen".

Und er warnte, nicht auf die "Propaganda" hineinzufallen, dass die Sanktionen gegen Russland nicht wirken und nur uns selbst schaden würden: "Das stimmt nicht", betonte der Außenminister. Die Sanktionen würden wirken. Davon betroffen sind auch einige Unternehmen aus Österreich, die Geschäfte in Russland machen. 

Für die österreichische Bundesregierung stehe fest, dass die Sanktionen auch weiterhin "auf Punkt und Beistrich" einzuhalten seien. "Da gibt es keine Toleranz." 

"Mitnichten Beitrittsgelüste zur NATO"

Schallenberg brach einmal mehr eine Lanze für die österreichische Neutralität. Österreich bleibe neutral, "und das mit gutem Grund". Angesprochen auf die jüngsten, als Folge der geänderten Sicherheitslage durch den Angriff Russlands auf die Ukraine erfolgten NATO-Beitritte Finnlands und Schwedens, verwies Schallenberg auf die unterschiedliche Geschichte und auf die stark in der österreichischen Bevölkerung verankerte Unterstützung der Neutralität.

Auch angesprochen auf Informationen, wonach in der noch in Ausarbeitung befindlichen neuen Sicherheitsdoktrin Österreichs im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (PfP) auch eine stärkere Kooperation mit der NATO verankert sein soll, betonte er, dies bedeute "mitnichten, dass wir irgendwie Beitrittsgelüste haben". 

Österreich müsse die Sicherheitsdebatte und die Diskussion über den österreichischen Beitrag vielmehr im Rahmen der Europäischen Union führen. "So zu tun, als gebe es nur die NATO und jeder andere ist ein Illusionist und sieht nicht die Realitäten halte ich für vollkommen verfehlt", erteilte der Außenminister etwaigen Forderungen nach einer Diskussion über einen NATO-Beitritt eine Abfuhr. Österreichs Neutralität habe "einen Wert", betonte Schallenberg und verwies auf Österreichs Rolle als Begegnungsort der internationalen Diplomatie.

Debatte über Bodentruppen "überflüssig und unnötig"

Schallenberg verteidigte auch die Rolle Österreichs in Hinblick auf die Unterstützung der Ukraine. Angesprochen auf die Aussage von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der die Möglichkeit einer Entsendung von NATO-Bodentruppen in der Ukraine ausgesprochen hatte, meinte der Außenminister, die Diskussion sei "mehr als überflüssig und unnötig". 

Unter Berufung auf die Neutralität sagte er, Österreich werde auch nie "Kriegsmaterial, Waffen, Munition oder etwas ähnliches" an die Ukraine liefern. In Bezug auf die Russland-Sanktionen sagte der Außenminister, man müssen im Hinblick auf die gegenwärtige Abhängigkeit von Gas aus Russland die "Fakten sehen", er betonte gleichzeitig aber auch die Absicht, aus dieser Abhängigkeit herauszukommen.

Reaktionen von SPÖ und Neos

SPÖ-Europaabgeordnete Andreas Schieder bezeichnete Schallenberg mit Blick auf die kommende Europawahl als "unglaubwürdig". "Die Realität zeigt, dass die Konservativen auf EU-Ebene gemeinsame Sache mit den Rechtsaußenparteien machen. Die EVP ist in den letzten zwei Jahren immer weiter nach rechts gerückt", betonte der Spitzenkandidat der größten Oppositionspartei bei der EU-Wahl in einer Aussendung. 

Sein Neos-Konkurrent Helmut Brandstätter warf dem Außenminister "Schönfärberei, was Russland beziehungsweise das Vorgehen der Bundesregierung gegen Russland betrifft", vor, und kritisierte, dass Österreich auch zwei Jahre nach Kriegsausbruch immer noch keine neue Sicherheitsstrategie habe, "immer noch genauso vom russischen Gas abhängig wie vor dem Krieg" sei und "immer noch ein wahres Paradies für russische Spione" sei.

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