Haslauer kontert blaue Attacken: "Edtstadler wurde zur Feindin hochstilisiert"

 Haslauer kontert blaue Attacken: "Edtstadler wurde zur Feindin hochstilisiert"
Karoline Edtstadler soll Landeshauptfrau in Salzburg werden. Die FPÖ akzeptiert das, teilt aber kräftig gegen sie aus. "Eine Karoline Edtstadler ist es nicht wert, etwas Funktionierendes aufzugeben." Wie der amtierende Landeschef Haslauer darauf reagiert.

Tagelang hat die FPÖ in Salzburg ihren großen Koalitionspartner, die ÖVP von Landeshauptmann Wilfried Haslauer, zappeln lassen. Jetzt steht fest: Die schwarz-blaue Koalition im Land kann weiter bestehen, Vize-Landeshauptfrau Marlene Svazek akzeptiert Karoline Edtstadler als ihr künftiges Gegenüber an der Spitze der Landesregierung. 

Das hat die Landespartei in einer Sitzung am Sonntagabend einstimmig beschlossen. Damit ist der Weg frei: Die Noch-Ministerin wird ab 2. Juli Landeshauptfrau von Salzburg.

Die Alternative - nämlich Edtstadler abzulehnen - hätte einen Bruch der Koalition und wohl auch Neuwahlen bedeutet. Dieses Risiko wollte die FPÖ nicht eingehen, das "Ja" spricht sie aber nur bedingt aus. Die Noch-Ministerin und Juristin ist damit sozusagen auf Bewährung. 

Ressentiments

Svazek ließ keinen Zweifel daran, dass der Schwenk der ÖVP für sie nur sehr schwer zu akzeptieren ist. Die ÖVP habe seit Jahren permanent kommuniziert, dass Landesrat Stefan Schnöll der Nachfolger Haslauers sei. Das sei der Grundkonsens gewesen, dass die Zusammenarbeit nach Haslauers Abgang "konsequent und konstruktiv" fortgesetzt werden könne. Nun hat die Partei entschieden, dass nicht Schnöll, sondern Edtstadler die ÖVP übernehmen und Landeshauptfrau werden soll. 

Die Kritik, dass die gebürtige Salzburgerin in Salzburg nicht demokratisch legitimiert ist, weil sie sich hier nie einer Landtagswahl gestellt hat, ist nur eine Randnotiz neben den vielen Ressentiments der Blauen gegen die Noch-Ministerin, die Svazek dann noch ausführt - inhaltlicher wie persönlicher Natur.

"Viele fürchten sich vor einer Landeshauptfrau Edtstadler"

Edtstadler habe bis dato "keine besonders inhaltsreichen Ressorts auf Bundesebene" besetzt, attestiert Svazek. Sie war Staatssekretärin im Innenministerium (bei Türkis-Blau) und ist derzeit Kanzleramtsministerin für Europa und Verfassung (bei Türkis-Grün). Sie zeichne sich verantwortlich für das Informationsfreiheitsgesetz, das viele Gemeinden "an die Grenzen des Machbaren" bringen werde, so Svazek. 

Zweitens sei sie Teil einer Bundesregierung, die die Republik in ein "finanzielles Chaos" geführt habe - aus dem ihre Partei, die FPÖ, jetzt mit der ÖVP auf Bundesebene einen Ausweg sucht. 

Zudem habe eine Dreierkoalition zimmern wollen und "diese FPÖ" als Partner ausgeschlossen. "Diese FPÖ steht nun hier und hat gestern beraten, wie es mit ihr weitergehen wird", sagt Svazek - durchaus mit Genugtuung. 

Und fährt fort mit einem für ihre Wählergruppe wohl besonders schwerwiegenden Punkt: Edtstadlers Verhalten während der Corona-Pandemie.

"Ihre Aussagen zur Impfpflicht waren unübertroffen in der Reihe der schwer verkraftbaren Aussagen", so Svazek. So meinte Edtstadler einmal, dass jemand, der ungeimpft ist, eigentlich kein Recht mehr habe, in Österreich zu wohnen. Und: "Es wird wahrscheinlich auch möglich sein, jemanden zu kündigen, der nicht geimpft ist."

Das zeuge von einer "Empathielosigkeit und Kälte", findet die FPÖ-Chefin. "Diese Zeit hat sich eingebrannt, die Aussagen sitzen tief." Hunderte Anrufe und Nachrichten hätten sie ereilt von Salzburgerinnen und Salzburgern, "die sich fürchten vor einer Landeshauptfrau Edtstadler". 

"Wir haben ein Nicht-Verhältnis"

Und jetzt geht Svazek ins Persönliche: Dass Edtstadler behauptet habe, die beiden hätten ein "freundschaftliches Verhältnis", sei "anmaßend". 

Svazek betont: "Wir haben ein Nicht-Verhältnis, das sich auf das Zusammentreffen bei einer geringen Zahl von Veranstaltungen beschränkt. Ich bin gut erzogen, höflich, mit mir kann man gute Gespräche führen. Aber nichts weiter." 

Dieses Verhalten mache sie sicher "dass sich eine Zusammenarbeit mit Edtstadler völlig anders gestalten wird als mit Haslauer". Den lobte sie zuvor ausdrücklich ("Ich schätze seinen Verstand, seine Autorität, seine bürgerliche Zurückhaltung") und bedauerte, nicht noch länger mit ihm zusammenarbeiten zu können.

"Sie ist es nicht wert"

Das klingt alles nicht sehr positiv, ganz im Gegenteil. Warum stimmt die FPÖ dem Wechsel dann trotzdem einstimmig zu?

Weil die Alternative Neuwahlen wären. Svazek erklärt, dass sie zwar gute Chancen sehen würde, mit der FPÖ auf Platz eins zu kommen, aber nicht gesichert sei, dass der Erste dann auch den Führungsauftrag bekommt. Wie man bereits bei den gescheiterten Ampel-Verhandlungen im Bund gesehen habe, "ist es anderen Parteien nicht zu blöd, Mehrheiten abseits des Ersten zu suchen". 

Svazek: "Fest steht aber, dass Neuwahlen etwas beenden würden, das grundsätzlich gut funktioniert hat." 

Sie zählt auf, dass in den ersten eineinhalb Jahren der schwarz-blauen Koalition etwa eine Wohnbaureform, eine Reform im Umwelt- und Naturschutz, ein Pflegegesetz und eine "Umkehr im Asyl und Integrationsbereich" gelungen sei. "Und wir wären noch lange nicht fertig." Eine Novelle des Glücksspielgesetzes, der Ausbau der innerfamiliären Kinderbetreuung und die Entwicklung des ländlichen Bereichs stehen noch an. 

Sie sei sich darüber im Klaren, dass viele sich von ihr erwarten würden, die Zusammenarbeit mit der ÖVP zu beenden, weil die Personalia ihr keine Jubelstürme abringt - "im Gegenteil". Das wäre aber eine emotionale Entscheidung, "und auf der Basis von Emotionen kann man kein Land regieren". 

Kurzum: "Eine Karoline Edtstadler es nicht wert, etwas Funktionierendes aufzugeben." 

"Vertrauensbildende Maßnahme"

Das "Ja" wird aber nur bedingt ausgesprochen: Die FPÖ gibt Edtstadler ein Jahr, um eine "Arbeitsbasis" zu schaffen. Und spätestens 2028 werde der Wähler diese Arbeit im direkten Vergleich mit ihrer beurteilen, sagt Svazek. 

Mit dem "Ja" gehen auch Änderungen in der Ressortverteilung einher. Dass die ÖVP Zugeständnisse wird machen müssen, war der Partei schon im Vorfeld der FPÖ-Entscheidung klar. "Vertrauensbildende Maßnahme" nennt sich das im Polit-Sprech. 

Welche Ressorts genau, werde zeitnah bekanntgegeben und in Umsetzung gebracht, erklärt die FPÖ-Chefin bei ihrer Pressekonferenz. Fragen von Journalisten waren nicht erlaubt. 

Edtstadler will bald mit Svazek reden

Das Klima in der Koalition dürfte seit heute auf jeden Fall deutlich abgekühlt haben. Die Salzburger Volkspartei reagierte auf den Frontalangriff Svazeks mit einer knappen Aussendung: Eine emotional unaufgeregte und sachlich weiterhin ambitionierte Zusammenarbeit sei im Interesse des Landes ohne Alternative. 

Man sei zuversichtlich, dass allfällige Vorbehalte ausgeräumt werden können. "Ich werde zeitnah das persönliche Gespräch mit Marlene Svazek suchen", wird Edtstadler zitiert. Sie sei jedenfalls bereit, das Regierungsprogramm ohne Vorbehalte umzusetzen.

"Edtstadler wurde zur Feindin hochstilisiert"

Am Nachmittag gab dann Landeshauptmann Haslauer in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz eine Stellungnahme ab: "Ich bin froh, dass sich die Vernunft durchgesetzt und Salzburg nicht mutwillig in Neuwahlen getrieben wurde", sagte er zum einstimmigen Beschluss der FPÖ. 

Das Statement seiner Vize-Landeshauptfrau habe sich "hauptsächlich an die eigenen Wähler und Anhänger gerichtet", Edtstadler sei von der FPÖ ja über die Jahre zur Feindin hochstilisiert worden. "Die nächsten Monate werden ausreichend Gelegenheit bieten, dass die Vorurteile einer realistischen Einschätzung weichen werden", zeigt sich Haslauer zuversichtlich. 

Und: "Marlene Svazek braucht auch keine Angst haben, dass nach mir nicht auch unter Karoline Edtstadler vernünftig zusammengearbeitet wird." Über die "notwendigen Adaptierungen" bei der Ressortzuteilung werde in der nächsten Regierungsklausur gesprochen. 

Auch Haslauer ließ keine Fragen von Journalisten zu, sondern verschwand nach ein paar Minuten wieder. 

Fahrplan

Der weitere Fahrplan für die ÖVP sieht so aus: Mit 1. Februar übernimmt Edtstadler als geschäftsführende Vorsitzende der Salzburger Landespartei, am 2. Juli soll sie dann bei einer Sitzung des Landtags zur Landeshauptfrau gewählt werden. Schnöll bleibt Stellvertreter, Haslauer zieht sich zurück. 

Welche Pläne der 68-Jährige dann hat, verrät er vorerst nicht. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag betonte er nur, sein Plan sei es nicht, Festspielpräsident zu werden, eine andere politische Funktion zu übernehmen oder in Pension zu gehen. 

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