Sabotage? OMV wollte keine Ermittlungen
Was passierte im Juni wirklich in der OMV-Hauptdestillationsanlage in Schwechat? Wie der KURIER berichtete, wurde geprüft, ob sich hinter dem angeblichen Unfall, der die Anlage seit Monaten lahmlegt, ein Sabotage-Akt verbirgt.
Wie ernst die heimischen Sicherheitsbehörden diese Version, verbunden mit einer möglichen Gefährdung der Gas-Speicher, nehmen, wird durch jene Schritte ersichtlich, die diese Woche noch am späten Dienstagabend und im Laufe des Mittwochs vonseiten des Innenministeriums gesetzt worden sind.
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), sowie die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit wurden in den Fall eingebunden. Am Donnerstag Nachmittag meldete sich die OMV, die bereits am Mittwoch betonte, „dass es nicht den geringsten Anhaltspunkt“ für eine Sabotage gäbe, in einer Presseaussendung zu Wort. Darin heißt es: „Die OMV hat unverzüglich mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) Kontakt aufgenommen. In diesem Gespräch wurde einmal mehr klargestellt, dass im Zuge der Untersuchungen der Unfallursache durch interne Experten und externe Sachverständige keinerlei Hinweise auf einen Sabotageakt gefunden wurden.“ Und weiter: „Demgemäß hat auch die DSN gegenüber der OMV bestätigt, dass es keinerlei Ermittlungen gibt.“ Dies stimmt und wurde auch nicht anders behauptet. Vonseiten des Staatsschutzes gab es stets nur nachrichtendienstliche Erhebungen.
Warum gab es keine Ermittlungen?
Die Frage bleibt: Wieso wurde bei einem strategisch so wichtigen Unternehmen nicht ermittelt? Wie aus Sicherheitskreisen zu vernehmen ist, hat die OMV gegenüber der Polizei stets an der Unfallversion festgehalten. Laut einer verlässlichen Quelle waren die Ermittler lediglich zwei Mal – das erste Mal bereits am 3. Juni – in der Raffinerie in Schwechat vor Ort. Ein drittes Mal dann am Donnerstag zu den von der OMV kolportierten Gesprächen. Ohne Kooperationsbereitschaft der OMV seien gezielte polizeiliche Ermittlungen nicht möglich, heißt es aus dem Innenministerium.
Dabei ist die Sorge in Europa vor möglichen Angriffen auf die kritische Infrastruktur nach der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines aktuell groß wie nie. Das zeigt auch eine Meldung aus Deutschland. Dort hatte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits im August vor Attacken auf Gas-Terminals, Pipelines und Strom gewarnt.
Verfassungsschutz gewarnt
Das österreichische Innenministerium hielt in einer schriftlichen Stellungnahme fest, dass die aktuelle weltweite Sicherheitslage „zu einer verstärken Sensibilität des Verfassungsschutzes in der Bewertung ähnlicher Vorfälle führe.“
Wie es nun in der Causa OMV weitergeht? Darüber gibt man sich äußerst bedeckt. Laut KURIER-Informationen wurde nach Bekanntwerden des Sabotageverdachts am Mittwoch ein Papier über die Gefährdungseinschätzung der OMV vonseiten des Staatsschutzes erarbeitet. Diese Gefahren-Analysen werden im Normalfall an den zuständigen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, übermittelt. Der oberste Polizist der Republik trifft dann die Entscheidungen, welche Maßnahmen gesetzt werden.
Sicherheitsrisiko "hoch"
Denn auch wenn die Sabotage dementiert wird, inwiefern es ein Bedrohungsszenario für die Gasspeicher der OMV gibt, dazu äußert sich bisher niemand. Aus Sicherheitskreisen heißt es, die Einstufung im Falle der OMV sei mit der Klassifizierung „Sicherheitsrisiko hoch“ erfolgt. Ruf könnte nun darüber verfügen, dass die OMV Objektschutz erhält. Also Personen aus der Exekutive oder vonseiten des Bundesheers würden vor der OMV Stellung beziehen. Beim Bundesheer müsste dies über den Auftrag eines Assistenzeinsatzes erfolgen. So einen Auftrag habe es bisher aber noch nicht gegeben, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Keine Ausweitung von Schutz auf andere Objekte der kritischen Infrastruktur
Die OMV zählt in Österreich zum Teil der kritischen Infrastruktur, also jener Einrichtungen und Unternehmen, die einen öffentlichen Versorgungsauftrag erfüllen. Ob man ob der aktuellen Entwicklungen der Nord-Stream-Lecks überlege, auch den Schutz für andere Objekte der kritischen Infrastruktur in Österreich zu erhöhen? „Im Moment nicht“, heißt es aus dem Innenministerium.
Was es hingegen gibt, ist eine enge Kooperation mit „europäischen Partnern“. Damit sind wohl die Geheimdienste jener Länder gemeint, die ebenfalls von „Vorfällen“ in Raffinerien betroffen sind.
Denn der Unfall in der Raffinerie Schwechat war bei Weitem nicht der einzige Zwischenfall in einer europäischen Raffinerie. Anfang Februar gab es mehrere gezielte Hacker-Angriffe auf Raffinerien in Deutschland, Belgien und den Niederlanden.
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