Rotes Buhlen um blaue Partner entzweit SPÖ

Bundeskanzler Kern und FPÖ-Chef Strache im November 2016
Der SPÖ-Chef will sich im September festlegen, Häupl will seine Mitglieder befragen.

Geht es nach SP-Kanzler Christian Kern, gibt "es zwei Parteien, die dieses Land verändern wollen: die SPÖ und die FPÖ". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wiederum wird nicht müde zu bekunden, dass er "grundsätzlich niemanden" ausschließe.

Fünf Monate vor der Nationalratswahl können Rot und Blau beim heutigen 6-Parteien-Gespräch unter Beweis stellen, ob sie in Sachfragen eins werden. Kern will Bildung (siehe rechts) wie Gewerbeordnung reformieren. Wenn nötig will der SPÖ-Chef die Reformen auch ohne den Noch-Regierungspartner ÖVP – mithilfe von FPÖ, Grünen und/oder Neos (siehe Grafik) durchbringen. "Da ist mir jeder Bündnispartner recht", sagte Kern im KURIER-Interview am Sonntag, doch: "Der erste Ansprechpartner bleibt die ÖVP". Die FPÖ aber ziert sich, quittiert das rote Buhlen in Sachen Bildung, Mindestlohn oder kalter Progression mit einem "Ja, aber...". Man müsse verhandeln, könne erst etwas sagen, wenn blauen Ergänzungen stattgegeben worden sei.

Burgenland für SPÖ-FPÖ

Gleichzeitig muss sich die Kanzlerpartei alsbald festlegen, wie sie es künftig mit den Blauen halten will. Christian Kern will im September seine Kriterien kundtun. Seit einem halben Jahr bastelt eine 30-köpfige Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser mit einem roten Kriterienkatalog für eine nächste Regierungszusammenarbeit. Bei der letzten Sitzung wurden sieben Punkte als "Eckpfeiler" (Bekenntnis zur EU, Menschenrechten etc.) definiert. "Nach dem, was bisher vereinbart wurde, gehe ich davon aus, dass auch die FPÖ ein potenzieller Koalitionspartner ist", sagt Christian Dax, SP-Parteimanager im Burgenland und Mitglied der Arbeitsgruppe. Spitzer Nachsatz: "Das sind Kriterien für Österreich – nicht für Wien." Fixiert wurde nämlich, dass jede SP-Organisation auf Bund-, Länder- und Gemeindeebene nach eigenem Ermessen entscheiden kann, ob sie mit der FPÖ koaliert.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl schwört indes die Wiener Landespartei auf den bevorstehenden Wahlgang ein. Beim Vorstand am Montag diskutierten die Genossen die strategische Ausrichtung für den Wahlkampf: Soll man gegen Sebastian Kurz mobilisieren oder doch in altbewährter Manier gegen Strache? Häupl ließ sich nach Ende der Sitzung nicht in die Karten blicken: "Wahlkampfstrategien bespricht man mit den Freunden."

Wien für Urabstimmung

Auch die Gretchenfrage, ob es zu Rot-Blau auf Bundesebene kommen könnte, ließ Häupl offen. Fix ist: Häupl will bis zu dieser Weichenstellung noch im Amt bleiben. Bis dahin sagt er nur: "Über Koalitionen reden wir nach der Wahl und nicht vorher." Zudem verweist Häupl auf den aufrechten Parteitags-Beschluss, der eine Zusammenarbeit mit den Blauen ausschließt: "Wenn man das anders will, muss man einen neuen Beschluss herbeiführen." Möglich sei aber auch eine Mitgliederbefragung, "was mir noch lieber wäre". Seine Haltung zur FPÖ sei jedenfalls bekannt, betonte der Bürgermeister.

Ein Nein zu einer Koalition mit der FPÖ wurde auch vor wenigen Wochen beim Landesparteitag beschlossen. Dabei wurden gleich mehrere Anträge zum Thema eingebracht. "Der Beschluss am Parteitag ist die Position der SPÖ Wien", betont auch Ex-Parteimanager Christian Deutsch, zuletzt einer der schärfsten Kritiker Häupls. Eine mögliche Befragung der Mitglieder begrüßt er: "Ich bin dafür, dass bei so grundsätzlichen Themen ihre Meinung in den Entscheidungsprozess eingebracht wird."

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