Rollentausch nach Wahlaufhebung: Ein Höchstrichter als Beklagter

Verfassungsrichter Johannes Schnizer in neuer Rolle als Beklagter
FPÖ klagte Höchstrichter Schnizer, weil der behauptete, die Wahlanfechtung sei vorbeitet gewesen. Urteil wegen Richterwechsels frühestens im Sommer.

Wie geht es einem der höchsten Juristen der Republik, wenn er zum ersten Mal nicht am Richtertisch sitzt, sondern an dem des Beklagten? "Gut", sagt Verfassungsrichter Johannes Schnizer und spaziert an den Journalisten vorbei in den Verhandlungssaal im Wiener Handelsgericht.

In dem Prozess, der heute, Mittwoch, gestartet ist, geht es um zwei Interviews mit dem Verfassungsrichter, der im Sommer des Vorjahres die Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl mitentschieden hat. Im Falter und in der ZiB2 deutete Schnizer einige Wochen später an, dass die FPÖ die Wahlanfechtung vorbereitet hat. "So etwas kann man nicht in einer Frist von einer Woche vorbereiten, meiner Einschätzung nach - aber vielleicht täusche ich mich", sagte er in dem TV-Interview.

Die FPÖ wirft ihm deshalb Kreditschädigung und Ehrenbeleidigung vor und forderte zunächst eine Unterlassungserklärung. Schnizer weigerte sich aber, diese zu unterschreiben. Er habe lediglich seine persönliche Meinung geäußert, verteidigte er sich.

Auch am Mittwoch stellte er vor Prozessbeginn gegenüber Medien klar, dass er die Aussagen nicht zurücknehme und auch nicht bereue. „Auch ein Verfassungsrichter hat das Recht auf Meinungsäußerung“, sagte Schnizer. „Ich habe den Eindruck gehabt, dass die Anfechtung vorbereitet war.“ Die Entscheidung, ob das zu sagen zulässig war, obliege dem Gericht.

Richterin geht in Pension

Am Mittwoch ging es nur um eine vorbereitende Tagsatzung, die Richterin ließ aber bereits durchblicken, wie sie den Fall einschätzt. Nur wird sie ihn nicht zu entscheiden haben. Die Verhandlung Schnizer vs. FPÖ war nach 34 Jahren im Staatsdienst ihre letzte. "Es tut mir leid, dass ich in Pension gehe, ich hätte Sie gerne vernommen", sagte sie zu Schnizer. Nachsatz: "Und Ihnen wird es leid tun, dass ich die Causa nicht entscheiden werde."

Die scheidende Richterin schlug vor, dass eine Einvernahme des Beklagten Schnizer ausreichen werde - das von der FPÖ-Anwältin Cornelia Haider vorgelegte Beweismittel, ein Mitschnitt des TV-Interviews, legte sie neben zwei Ausdrucken von Zeitungsinterviews zu den Beweismitteln. Nach 20 Minuten ziehen beide Parteien wieder von dannen. Mit einem ausgedruckten Beschluss in der Hand, dass die Verhandlung zu einem unbestimmten Zeitpunkt fortgesetzt wird.

Schnizer ist siegessicher

Schnizer scheint es nach der Verhandlung sogar noch besser zu gehen. "Ich nehme an, dass auch ein neuer Richter zu dem Schluss kommt, dass ich nur meine Meinung geäußert habe und niemanden schädigen wollte", sagt er zum KURIER. Auf die Frage, ob es ein Nachteil sein könnte, wenn jemand anderer den Fall entscheidet, sagt sein Anwalt Michael Pilz lächelnd: "Ich verlasse mich auf die Unabhängigkeit unseres Rechtsstaats." Er geht davon aus, dass die Klage abgewiesen wird.

Pilz rechnete trotz Richterwechsels noch vor dem Sommer mit einem neuen Verhandlungstermin.

Die FPÖ klagte Schnizer, weil sie will, dass er seine Aussagen widerruft. Kläger sind die Partei selbst, Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache und der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Vertreten wurden sie am Dienstag von Cornelia Haider von der Rechtsanwaltskanzlei Gheneff Rami Sommer. Als Zeugen hat die FPÖ übrigens auch den Verfasser der Anfechtungsschrift, den Anwalt und früheren FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer, beantragt.

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