Es gebe jedenfalls ein heftiges Ringen unter den 14 Höchstrichtern, heißt es gerüchteweise – bestätigen will das freilich niemand. Wolfram Proksch, der Anwalt der insgesamt vier Antragsteller – darunter zwei Schwerkranke – meint zum KURIER, eine Vertagung könnte man auch als „positives Zeichen“, dass man sich für ein so schwieriges Thema sehr viel Zeit nimmt, sehen.
Schwierige Abgrenzung
Bei einer öffentlichen VfGH-Verhandlung am 24. September trafen Befürworter und Gegner einer gesetzlichen Änderung aufeinander. Klar wurde dabei, dass sich die Verfassungsrichter vor allem auf § 78 – also die Frage des assistierten Suizids – konzentrieren würden. Die Fragen des für den Fall zuständigen Referenten Christoph Herbst bezogen sich ausschließlich auf diese Strafbestimmung. Denkbar wäre, dass nur diese aufgehoben wird, das Verbot der Tötung auf Verlangen aber aufrecht bleibt.
Dabei ist schon umstritten, was als „assistierter Suizid“ gilt. Rechtsanwalt Proksch argumentierte etwa bei der öffentlichen Verhandlung, es sei nicht einzusehen, warum das Überreichen einer tödlichen Mixtur als „Mitwirkung am Selbstmord“ bestraft werde, das Entfernen einer Ernährungssonde aber nicht als „Tötung auf Verlangen“ gelte.
Auch die Frage, ob bereits das Besorgen eines Tickets für eine andere Person zum „assistierten Suizid“ etwa in die Schweiz als „Mitwirkung am Selbstmord“ gelten könnte, tauchte bei der Verhandlung auf. Ausjudiziert sei das nicht, meinte Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek, einer der Vertreter der Bundesregierung in der Causa und somit Verteidiger der geltenden Rechtslage.
Hinter diesen hochkomplexen juristischen Fragen stehen freilich letztlich existenzielle. Auf diese Ebene zielt beispielsweise die Psychiaterin und Psychotherapeutin Christa Radoš, Primaria am LKH Villach. Im Gespräch mit dem KURIER relativiert sie die idealisierte Vorstellung eines autonomen Todeswunsches: „Der philosophische Freitod à la Sokrates ist eher die Ausnahme.“ Vielmehr sei ein solcher Wunsch „immer Ausdruck einer schweren Krise“.
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