Rendi-Wagner will Kickl-Rücktritt: "Kein Respekt vor Demokratie"

Rendi-Wagner will Kickl-Rücktritt: "Kein Respekt vor Demokratie"
SPÖ-Chefin nimmt auch Kurz in die Pflicht: "Er müsste den Weg zum Bundespräsidenten suchen".

Nach anhaltender Empörung über Innenminister Herbert Kickls Aussage, die Europäische Menschenrechtskonvention sei nicht mehr zeitgemäß, bezieht nun auch SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner erstmals Stellung.

"Ich werde nicht müde zu sagen, hätte er einen Funken von Anstand und einen Funken von Respekt unserer Demokratie gegenüber, müsste er hier und heute sofort zurücktreten“, forderte Rendi-Wagner von Kickl im Rahmen ihrer Grundsatzrede bei der SPÖ-Klausur.

Zuvor hatte sich die SPÖ-Chefin bereits im Ö1-Morgenjournal von Bundeskanzler Sebastian Kurz mehr Courage in der Causa gewünsch: "Ein einfaches Telefonat reicht nicht. Kurz hätte den Weg zum Bundespräsidenten suchen müssen, um Kickl aus dem Amt zu entlassen." Sie erwarte sich, dass der Bundeskanzler hier klar Stellung beziehe.

Kickls "inakzeptable Aussagen" würden "eine zutiefst undemokratische Geisteshaltung“ zeigen, sagte Rendi-Wagner. Ein Innenminister, der sich über die Verfassung stelle, sei "eine Gefahr für die Demokratie".

Rendi-Wagner will Kickl-Rücktritt: "Kein Respekt vor Demokratie"

Innenminister Herbert Kickl

Deutsche Justizministerin spricht von "Sabotage"

Für Aufregung sorgt Kickls Aussage, "dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht", mittlerweile auch in Deutschland. So wirft Justizministerin Katarina Barley (SPD) Kickl in der Süddeutschen Zeitung (SZ) vor, den Rechtsstaat zu "sabotieren“. "Die Politik muss sich gegenüber dem Recht verantworten und nicht umgekehrt“, sagte Barley. Die Juristin, die die deutschen Sozialdemokraten bei der Europawahl anführt, übte massive Kritik an dem FPÖ-Politiker. "Als Innenminister sollte Herr Kickl den Rechtsstaat verteidigen und ihn nicht mit Worten sabotieren“, so Barley.

"Menschenrechtskonvention schützt uns vor Kickl"

Es sei "eine Schande“, dass Kickl "Stellung gegen europäische Grundwerte bezieht“, wurde indes der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle in der Zeitung zitiert. Der Bundestagsabgeordnete betonte den Stellenwert des Europarats und der Grundrechte. "Gerade die Europäische Menschenrechtskonvention schützt uns vor Politikern wie Herrn Kickl“, meinte Kuhle.

Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien hob im Gespräch mit der SZ den essenziellen Stellenwert der von Kickl infrage gestellten Menschenrechtskonvention hervor. „Die Republik ist der Menschlichkeit verpflichtet, und zwar gegenüber jedem Menschen“, sagte Deutsch. Der Kern der Menschenrechtskonvention seit nicht zuletzt unter dem Eindruck von Millionen Shoa-Opfern entstanden, dem Holocaust. „Der Innenminister liegt nicht nur falsch, sondern er beschämt die überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher“, sagte Deutsch.

Kritik an Kickls Forderung kam zuletzt auch von Richter-Präsidentin Sabine Matejka. In der gestrigen ZiB2 hielt sie fest: "Die Menschenrechte sind das Fundament des Rechtsstaates. Wer sie in Frage stellt, stellt den Rechtsstaat in Frage." 

Matejka in der "ZIB 2" zum Rechtsstaat

Die FPÖ hat Rendi-Wagners Forderung nach einem Rücktritt von Kickl unterdessen zurückgewiesen. "Wenn Rendi-Wagner einen Funken Anstand hätte, dann würde sie sich dafür entschuldigen, dass die SPÖ-Regierung im Jahr 2015 Rechtsbruch begangen hat, indem sie zigtausende Migranten völlig rechtswidrig nach Österreich einwandern ließ“, sagte der geschäftsführende Klubobmann Johann Gudenus.

Schon 215 Künstler gegen Kickl

Die Zahl jener prominenter Autoren und Kunstschaffenden, die in einem gemeinsamen Schreiben den Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) fordert, wächst. Mit Freitag hatten nun bereits 215 heimische Schriftsteller respektive Künstler den Aufruf unter dem Titel "Kickl muss gehen" unterzeichnet.

Zu den prominenten Stimmen gehören Literaten wie Daniel Kehlmann, Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek oder Michael Köhlmeier. Auch Josef Hader, Erika Pluhar, die Theatermacher Peter Turrini und Paulus Manker oder David Schalko finden sich auf der Liste jener, die fordern: "Die Politik hat in der Demokratie das Recht ohne Wenn und Aber zu respektieren, die in der Verfassung festgelegten Prinzipien der Gewaltentrennung und Rechtsstaatlichkeit sind zu garantieren."

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