Rendi-Wagner enttäuscht von Grünen: "Treten ihre Werte mit Füßen"

NATIONALRAT MIT REGIERUNGSERKLÄRUNG: MAURER (GRÜNE) / RENDI-WAGNER (SPÖ)
Streit um Umfang zu Casinos-U-Ausschuss: Grünen sehen "mehr rechtliche als politische Frage". Für die SPÖ-Chefin ist klar: "Es ist politisches Kalkül."

Heute wird der 24. Untersuchungsausschuss der Zweiten Republik beschlossen. Das gilt als fix. Was dabei genau untersucht werden soll, darüber wird seit gestern aber heftig debattiert. ÖVP und Grüne wollen ihre Mehrheit dazu nutzen, den Untersuchungsgegenstand lediglich auf die Casinos-Affäre zu beschränken. Also auf die Frage, inwieweit es bei der Bestellung der Casinos-Geschäftsleitung zu politischer Einflussnahme - auch im Austausch gegen Gesetze - gab. 

Untersuchungsgegenstand zu unbestimmt? 

Von dem von Rot-Pink geplanten Ausschuss bleibt da nicht mehr viel übrig. Die beiden Oppositionsparteien wollten gleich alle Postenbesetzungen während der türkis-blauen Regierung untersuchen – inklusive Neustrukturierung der Finanzmarktaufsicht und auch Teile der Ibiza-Ermittlungen.

Es sei gesetzlich festgehalten, dass es nicht zulässig ist, mehrere Themen in einem U-Ausschuss zu sammeln, sagte die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer dazu gestern in der ZiB2 im ORF. In den Augen Maurers handelt es sich dabei also weniger um eine politische Frage, als um eine rechtliche. "Der Ball liegt nun beim Verfassungsgerichtshof." Dieser soll innerhalb von vier Wochen entscheiden, welcher Untersuchungsumfang nun rechtskonform ist (siehe auch Video).

Die Grünen hätten das Gesetz ursprünglich verhandelt. "Wir kennen es sehr gut." Deshalb hätte man auch "angeboten, bei der korrekten Formulierung zu helfen". Den Grünen falle aber auch "kein Zacken aus der Krone", wenn festgestellt werde, dass SPÖ und Neos Recht haben, sagte Maurer.

"Politisches Kalkül"

Die SPÖ sieht darin ein "vorgeschobenes Argument". Natürlich gehe es um eine politische Frage, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. "Es geht einzig um ein Kalkül: Die ÖVP soll in diesem U-Ausschuss so gut wie nicht untersucht werden." Als gemeinsame – und rechtlich ausreichende – Klammer über alle Untersuchungspunkte sieht Rendi-Wagner das Ibiza-Video. Eine Auffassung, die auch Verfassungsjuristen wie Heinz Mayer teilen.

Bis Ende 2014 konnte ein Untersuchungsausschuss nur durch einen Beschluss des Nationalrates, also mit Unterstützung der Mehrheit, eingesetzt werden. Nun kann auch ein Viertel der Abgeordneten (= 46 Abgeordnete) die Einsetzung verlangen. Das heißt, die Einsetzung ist auch ein Recht der Minderheit. Mit ihr verfügt die parlamentarische Opposition über ein starkes Kontrollinstrument. SPÖ und Neos haben gemeinsam 55 Abgeordnete, verfügen also alleine über genügend Stimmen. 

Im Antrag bzw. im Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist der Gegenstand der Untersuchung genau zu bezeichnen. Es muss sich um einen bestimmten, abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes handeln.

Ein Teil der Minderheitenrechte im U-Ausschuss ist unabhängig davon, ob der Ausschuss per Mehrheitsbeschluss eingesetzt wurde oder von einem Viertel der Abgeordneten (Minderheitsausschuss). Das betrifft etwa die Ladung von Zeugen und Zeuginnen sowie die Bestellung von Beweismitteln.

Egal ob es sich um einen Mehrheits- oder einen Minderheitsausschuss handelt, kann nämlich ein Viertel der Mitglieder jedes U-Ausschusses die Vorlage bestimmter Dokumente und die Befragung bestimmter Auskunftspersonen fordern. Die Mehrheit kann das zwar ablehnen – aber dann ist eine Berufung der Minderheit beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) möglich.

Die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses endet grundsätzlich nach 14 Monaten mit der Vorlage seines Berichts an den Nationalrat. Eine Verlängerung ist in Ausnahmefällen möglich.

Die große Frage, die sich stelle: "Sind Straches Ankündigungen im Ibiza-Video auch in Taten gemündet – mit Hilfe der ÖVP in der schwarz-blauen Bundesregierung. Wurden gefällige Gesetze als Gegenleistung für Postenbesetzungen gegeben?" Hier gelte es die politische Verantwortung zu klären.

Dass "ausgerechnet mit Hilfe der Grünen" Aufklärung verhindert werde, findet Rendi-Wagner "enttäuschend". "Sie treten ihre Werte hier mit Füßen."

Vor dem Verfassungsgerichtshof will die SPÖ nun alle ursprünglichen Punkte wieder reinreklamieren. "Ich frage mich, wieso Sebastian Kurz solche Angst hat. Ich denke, wir haben hier genau ins Schwarze bzw. ins Türkise getroffen."

Rendi-Wagner sieht hier auch ein rechtlich "wasserdichtes Verlangen". Die Regierung hätte erst gestern Abend ein "Auftragsgutachten" übermittelt. Das sei so nicht Usus. Auch das zeuge von mangelndem Respekt vor dem Parlament. "Das Gutachten gibt es seit 4. Jänner – auch da habe ich mir von den Grünen mehr erwartet."

Bis die Frage nach dem Untersuchungsumfang geklärt ist, startet der U-Ausschuss zur Casinos-Affäre in eingeschränktem Rahmen und wird je nach Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs später erweitert. 

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