Er selbst sagte nach der turbulenten Sitzung gegenüber der APA, er werde sich zuerst den Abberufungsbescheid im Detail ansehen.
Die Tschechen allerdings sind guten Mutes, dass die Ablöse nicht viel kosten werde. Sie argumentieren, Sidlo habe es dem Aufsichtsratspräsidium gegenüber mit der Wahrheit nicht ganz so genau genommen.
Nach einer parlamentarischen Anfrage der Neos über seine Bestellung forderte die Aufsichtsratsspitze Sidlo zu einer Stellungnahme auf. In einem Brief, der dem KURIER vorliegt, erklärte Sidlo, politische Absprachen seien ihm nicht bekannt (siehe Faksimile).
Die zuletzt öffentlich gewordenen Chats hätten jedoch bewiesen, dass Sidlo darüber Bescheid wusste. Allerdings kann argumentiert werden, Sidlo habe sein Schreiben nur auf einen bis heute nicht bewiesenen Deal zwischen FPÖ und Novomatic bezogen. Er hatte in seiner Bewerbung den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Referenz angegeben.
Wie man hört, soll die auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei Schima von einem Gerichtsverfahren abgeraten und eine einvernehmliche Lösung empfohlen haben. Die Casinos hatten heuer bekanntlich schon einige Millionen Euro für die Auflösung der Verträge der „alten“ Vorstände Dietmar Hoscher (SPÖ) und Alexander Labak hingelegt. Was die Betriebsräte besonders in Rage brachte.
Zu Beginn der Aufsichtsratssitzung hatte Glatz-Kremsner argumentiert, Sidlo sei für das Unternehmen nicht mehr tragbar und eine Entscheidung gefordert. Die sechs Betriebsräte hatten sich angeschlossen. Vor wenigen Wochen noch hatte die Chefin von einer professionellen und guten Zusammenarbeit mit Sidlo gesprochen.
Die Abberufung ging mit großer Mehrheit durch. Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner und seine Vize, LLI-Chef Josef Pröll, sowie Novomatic-Chef Harald Neumann, enthielten sich. Der zweite Novomatic-Vertreter stimmte gegen die Abberufung. Der interne Prüfbericht hatte wie berichtet die Bestellung von Sidlo und die Auflösung der alten Verträge als korrekt beurteilt. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
ÖBAG-Präsident Helmut Kern: „Casinos brauchen Eigentümer, die sich einig sind“
Die Situation bei den Casinos, einem der größten Steuerzahler des Landes, ist völlig verfahren. Der tschechische Großaktionär Sazka (38 Prozent) will die Mehrheit erlangen, die beim Einstieg angeblich vom damaligen ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling versprochen wurde. Novomatic steckt aus wettbewerbsrechtlichen Gründen bei 17 Prozent fest. Zwischen den beiden Gaming-Riesen hat die Staatsholding ÖBAG mit ihrer Drittelbeteiligung kein leichtes Spiel.
Die ÖBAG hat keinen direkten Vertreter im Aufsichtsrat der Casinos und ist daher von den Informationen ausgeschlossen. Die Staatsholding bekommt nicht einmal den Prüfbericht über die Bestellung von Sidlo und die Auflösung der alten Vorstandsverträge.
Zwar ressortiert die ÖBAG zum Finanzministerium, aber selbst die als Staatskommissäre bestellten Aufsichtsräte geben keine Informationen weiter. Die Abberufung von Aufsichtsräten, etwa der beiden Raiffeisen-Vertreter, wollte die ÖBAG vermeiden. Raiffeisen war vor dem Einstieg der Sazka einer der größten Aktionäre und verkaufte die Anteile ebenso wie die Vienna Insurance Group (VIG) an die Tschechen.
„Wir wollen unsere Auskunftsrechte als Aktionäre wahrnehmen“, erklärt dazu ÖBAG-Aufsichtsratspräsident Helmut Kern gegenüber dem KURIER. Kern beruft sich auf das Aktiengesetz. Aktionäre müssen in der Hauptversammlung auf Verlangen über Angelegenheiten des Unternehmens informiert werden.
Komplizierte Eigentümerstruktur
Kern will alle Aktionäre an einen Tisch holen und „Frieden zwischen die Aktionäre bringen. Die Casinos haben extrem viel Potenzial und tolle Mitarbeiter. Um dieses Potenzial zu heben, braucht es Eigentümer, die einig sind“. Nachsatz: „Man gewinnt, indem man besser ist, und nicht, indem man verhindert.“
Die derzeitige Pattstellung ist bedingt durch ein kompliziertes Konstrukt aus gegenseitigen Aufgriffsrechten und Syndikatsverträgen. Ganz bewusst konstruiert vom langjährigen Ex-Casinos-Chef Leo Wallner, um eine Änderung unter den (damals anderen) Großaktionären zu verhindern.
Sowohl Sazka als auch Novomatic müssen bei einem möglichen Ausstieg ihre Anteile den anderen Aktionären anbieten, teils zu Fix-, teils zu Marktpreisen. Kern sieht eine komplizierte Eigentümerstruktur generell als problematisch.
Sazka macht derzeit der Staatsholding Avancen, die Tschechen wollten die Republik 2018 freilich noch aus dem Aufsichtsrat kippen. Novomatic schlug sich trotz eines Stimmrechtsabkommens auf die Seite des Staates.
Wie der Übernahmekampf endet, hängt letztlich von der neuen Regierung ab. Die Staatsholding hat (im Gegensatz zur „alten“ ÖIAG) keinen Auftrag, den Anteil der Republik zu verkaufen. Sie könnte auch aufstocken. Dafür bräuchte es allerdings, genauso wie für eine weitere Privatisierung, einen Beschluss der Regierung. Derzeit ist nicht abzuschätzen, wie sich die Grünen verhalten würden.
Kommentare