Die Regierung rüstet sich für härtere Zeiten

Die Regierung rüstet sich für härtere Zeiten
Die Wirtschaftsaussichten für 2013 sind trüb. Mit 400 Millionen Euro will die Regierung gegensteuern. Neue Firmen und Jobs sollen entstehen. Bei der Bildung wird der Zwist vertagt.

"Es gibt keinen Frieden von Laxenburg, weil es nie einen Krieg gab." Vizekanzler Michael Spindelegger macht bei der Regierungsklausur gleich klar, was sie mit dem Treffen in Laxenburg vermitteln will: Die Regierung arbeitet effizient, findet Kompromisse und demonstriert Einigkeit.

Zu Beginn der sechsstündigen Klausur verdunkelten noch Regenwolken den Himmel; große Verhandlungsmaterien harrten da scheinbar einer Lösung im barocken Sommersitz der Habsburger. Zu groß waren die Differenzen zwischen den Regierungspartnern bei den Themen Ganztagsschule oder Lehrerdienstrecht.

Weil man aber Verhandlungserfolge präsentieren wollte, schob man die Streitthemen auf die lange Bank: "Wir werden Anfang März die nächste Regierungsklausur abhalten und werden über die Themen Bildung oder direkte Demokratie sprechen", erklärte Kanzler Werner Faymann bei seinem ersten Auftritt vor Journalisten am Freitagvormittag.

400 Millionen

Abseits der Streitigkeiten versuchte man, Harmonie zu demonstrieren: "Wir sorgen mit offensiven Konzepten vor, dass die Konjunktur in Österreich nicht einbricht", meinte Faymann. Beschlossen wurden etwa eine Unterstützung für Firmengründer, Ausweitung von Sozialmaßnahmen und eine Stärkung des Arbeitsmarktes.

Spindelegger freute sich vor allem über Wirtschaftsfördermaßnahmen: "Das wird eine Gründerwelle entfesseln". Faymann betonte vor allem die Armutsbekämpfung wie Erhöhung der Notstandshilfe (um bis zu 80 Euro) oder günstigere Zahnspangen bei Zahnambulatorien. In Summe werden die Maßnahmen in den nächsten vier Budgetjahren rund 400 Millionen Euro kosten. Faymann: "Das war ein Kräfteausgleich."
Beim Thema Bildung erzielte man Teilerfolge: Proteste von Studienvertretern zu Klausurbeginn verhallten ungehört. Zugangsbeschränkungen für überlaufene Studien kommen. Die Lehrerausbildung wird reformiert, die Regelung zu Studiengebühren repariert.

Schnell präsentierte die Regierung Einigkeit bei den Wirtschaftsthemen, in Sachen Bildung herrscht weiter Uneinigkeit und Zwist.
Ganztagsschulen Etwa in der Frage, wie das Angebot der Ganztagsschulen flächendeckend ausgebaut werden soll: Bildungsministerin Claudia Schmied drängte auf ein höheres Budget bis 2018; die ÖVP vermisst aber ein gutes Management der Gelder. Noch am Vorabend der Klausur suchten Vizekanzler Spindelegger und Bundeskanzler Faymann eine Lösung, scheiterten aber.

Lehrerdienstrecht

Noch viel schwieriger scheint eine Lösung für ein neues Lehrerdienstrecht. Offenbar wurden am Donnerstag von der Regierung längst akkordierte Eckpunkte, etwa mehr Anwesenheit der Lehrer in den Klassenzimmern, von der ÖVP auf Druck der Gewerkschaft wieder in Frage gestellt. Bis zur nächsten Regierungsklausur im März 2013 soll eine Lösung aber möglich sein, heißt es seitens der Verhandler.

Pädagogenausbildung

Einen Durchbruch kann Schmied dafür in der Frage der Aus- und Weiterbildung von Lehrern verkünden: Ab 2014/’15 soll die Ausbildung einheitlich mit Bachelor- und Masterabschlüssen an Pädagogischen Hochschulen und Unis ermöglicht werden. Dazu kommen ein bis zweijährige „Induktionsphasen“, in denen die Junglehrer Praxiserfahrung an Schulen bekommen sollen.

Schulschwänzer

Einigkeit auch über neue Regeln bei „Schulpflichtverletzung“: Wer ohne Grund drei Tage dem Unterricht fernbleibt oder in einem Semester fünf Tage oder 30 Schulstunden unentschuldigt fernbleibt, wird zur Verantwortung gezogen. „Man muss mit Konsequenzen rechnen“, warnte Spindelegger. Maßnahmen beginnen mit verpflichtenden Gesprächen und gehen bis zu einer Geldstrafe von 440 Euro für die Eltern.

Studiengebühren

Einigung nach mehr als zehn Monaten Verhandlungen: Das Gesetz zu den Studiengebühren wird – wie vom Verfassungsgerichtshof verlangt – repariert, 363 Euro müssen weiterhin aber nur Langzeitstudenten zahlen, Studenten von außerhalb der EU gar die doppelten Gebühren.

Neue Zugangsregeln

In überlaufenen Studien – Informatik, Biologie/Biochemie, Architektur, Pharmazie und Wirtschaft – wird die Anzahl der Studienplätze gesetzlich geregelt und damit limitiert. Dafür werden 95 zusätzliche Professuren in diesen Fächern genehmigt. ÖH-Chefin Janine Wulz kam deswegen extra nach Laxenburg zum Demonstrieren: „Bei einer Akademikerquote von 21 Prozent ist das mehr als peinlich und ein Armutszeugnis für die Politik.“

Invaliditätspension

Die befristete I-Pension wird bis 2014 abgeschafft und durch neue Maßnahmen zur Reintegration ergänzt. Selbstständige sollen bei Arbeitsunfähigkeit 27 Euro pro Tag Krankengeld beantragen können, maximal 20 Wochen lang. Zahnspangen sollen künftig auch in den Zahnambulatorien der Sozialversicherungsträger angefertigt werden. Sie sollten um 20 bis 30 Prozent billiger sein als bei Zahnärzten.

Der Vormittag der Regierungsklausur war der Wirtschaft gewidmet. Fünf Pakete mit 30 Maßnahmen präsentierte die Regierung, primäres Ziel war es vor allem, neue Jobs zu schaffen. Ein Überblick:

Gründer-Förderung

110 Millionen Euro nimmt die Regierung in die Hand, um Firmengründungen zu erleichtern. Vor allem kleine Unternehmen sollen mit Eigenkapital ausgestattet werden, etwa durch einen Gründerfonds. Genehmigungen werden erleichtert, im kritischen 3. Jahr (dann wird erstmals Sozialversicherung fällig) gibt es Zahlungsaufschübe.

GmbH light

35.000 Euro mussten Unternehmer bisher in die Hand nehmen, um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Künftig sollen 10.000 Euro reichen. Die Regierung erhofft sich 20 Prozent mehr Gründungen, was pro Firma durchschnittlich vier neue Jobs schafft.

Testament für Banken

Eine Nacht- und Nebel-Aktion zur Rettung angeschlagener Banken soll es künftig nicht mehr geben. „Wir haben viel in Banken investieren müssen. Das muss uns eine Lehre sein“, meint Kanzler Faymann. In Zukunft soll möglichst verhindert werden, dass der Steuerzahler Banken retten muss. Banken müssen ein Testament machen, das Pläne für ihre Sanierung bzw. Zerschlagung enthält. Die Finanzmarktaufsicht erhält Instrumente, um möglichst früh gegensteuern zu können. Eine neue Prüfstelle soll zudem die Bilanzen aller börsenotierter Firmen auf ihre Richtigkeit prüfen.

Lehre für Erwachsene

Zahlreiche Maßnahmen gibt es auch am Arbeitsmarkt. Die Spannendste: Auch Erwachsene sollen eine Lehre machen können, wenn sie im Job umsteigen wollen. Der Staat unterstützt sie dabei. Zudem sollen Erwachsene und Lehrabbrecher künftig an einer geförderten verkürzten Lehrausbildung an Berufsschulen teilnehmen können.

Facharbeiter

Geld (25 Mio. Euro in Summe) gibt es auch für Erwachsene, die sich zu Fachkräften wie Schweißer oder Pfleger
umschulen lassen. Für Leiharbeiter wird ein Weiterbildungsfonds eingerichtet. Davon sollen rund 30.000 Menschen profitieren.

Bildungs-Teilzeit

Wer sich neu orientieren will, soll das künftig auch in Teilzeit machen können. Reduziert sich die Arbeitszeit auf 20 Stunden, gibt es monatlich 442 Euro als Unterstützung für Bildungsmaßnahmen. Neu ist auch: Wer in der Bildungskarenz studiert, muss künftig Leistungsnachweise erbringen.

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