Regierung will noch entschlossener gegen Schlepper vorgehen

Reinhold Mitterlehner (l.) und Werner Faymann nach einer Sitzung des Ministerrates.
Auch Pühringer und Schützenhöfer äußern sich zur Tragödie. EU will gegen Schlepper weiter aufrüsten.

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich am Freitag Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) "zutiefst betroffen" über den Tod von 71 Menschen in einem Schlepper-Lkw gezeigt. Gleichzeitig kündigten sie ein entschlossenes Vorgehen gegen die Schlepperei an. Am Dienstag gibt es eine Erklärung der beiden im Nationalrat zum Thema Asyl.

Faymann und Mitterlehner verwiesen in der Aussendung darauf, dass die Regierung in den vergangenen Tagen eine Reihe von Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene initiiert habe, "um für einen menschenwürdigen, anständigen Umgang mit der Situation geflohener und vertriebener Menschen" zu sorgen: "Wir haben die Pflicht, Menschen zu helfen, die in ihrem eigenen Land von Krieg und Terror bedroht sind". Die Regierung setze hier ein klares Signal gegen "Hetzer, die von Flüchtenden reden, als wären sie nichts wert".

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Team Stronach-Generalsekretär Christoph Hagen warf der Regierung hingegen vor, den Kopf in den Sand gesteckt zu haben statt präventiv gegen Menschenhandel vorzugehen. Hagen kündigte an, bei der Sondersitzung des Nationalrats kommenden Dienstag einen Antrag auf Installierung einer eigenen Grenzpolizei an die Innenministerin zu stellen.

Legale Einreise

Die evangelischen Superintendenten verlangten indes in einer gemeinsamen Erklärung Solidarität mit den Menschen, die aus bitterster Not nach Österreich flöhen. Dass skrupellose Menschen die Not vieler ausnutzten und deren Leben aufs Spiel setzten, sei erschütternd. Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige der Ursachen für die Tragödien auch in der europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik lägen, da diese Flüchtlinge auf gefährliche Wege zwinge.

"Jetzt alleine nach mehr Grenzkontrollen zu rufen, ist nicht nur der populistische Ruf nach einem praktisch unwirksamen Instrument, sondern auch blanker Zynismus", heißt es in der Stellungnahme der Superintendenten. Vielmehr brauche es dringend Erstauffanglager am Rande der Krisenregionen, in denen Asylansuchen bereits gestellt und bearbeitet werden könnten, andererseits die Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge.

Auch Innenministerin Mikl-Leitner hat sich dafür ausgesprochen, den Flüchtlingen die legale Migration in die EU zu ermöglichen, um der Schlepperkriminalität das Geschäftsfeld zu entziehen.

EU-Einsatz gegen Schlepper wird verstärkt

Der EU-Militäreinsatz gegen Schlepper im Mittelmeer soll demnächst ausgeweitet werden. Nach Einschätzung des zuständigen Befehlshabers könnten Soldaten bereits im Oktober damit beginnen, außerhalb der libyschen Küstengewässer fahrende Schiffe von Menschenschmugglerbanden zu stoppen und zu zerstören, wie es am Freitag aus EU-Kreisen hieß. Mutmaßliche Kriminelle müssten mit einer Festnahme rechnen.

Die Planungen für die EU-Militäroperation im Mittelmeer sehen vor, dass es im weiteren Verlauf auch Einsätze in libyschen Hoheitsgewässern und an der Küste gibt. Ob es jemals dazu kommt, gilt allerdings als ungewiss, weil dafür die Zustimmung einer - aktuell nicht existierenden - libyschen Einheitsregierung bzw. ein UN-Mandat benötigt wird.

Auch der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, forderte angesichts der 71 Toten, die Polizei, Sicherheitsdienste und andere zuständige Behörden müssten ihre internationale Zusammenarbeit deutlich verstärken, um effektiver gegen Menschenschmuggler vorgehen zu können. Zugleich müssten die Opfer besser geschützt werden, sagte Guterres zur Deutschen Presse-Agentur.

Landeshauptleute wollen europäische Lösung

Die Landeshauptleute von Oberösterreich, Josef Pühringer (ÖVP), und Südtirol, Arno Kompatscher (SVP), der sich am Freitag zu einem offiziellen Besuch in Oberösterreich aufhielt, zeigten sich angesichts des Flüchtlingsdramas auf der A4 "fassungslos". Sie forderten, wie auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), Aktivitäten auf europäischer Ebene.

Pühringer und Kompatscher betonten, die Regionen würden zu ihrer Verantwortung stehen. Aber sie forderten verbindliche Quoten für die Aufnahme von Asylanten, "nicht weil wir unsere humanitäre Pflicht nicht tun wollen, sondern weil andere auch ihre Pflicht tun sollen", stellte Pühringer fest. Es sollten auf europäische Ebene eine solidarische Lösung zur Verteilung der Last geben und die Flucht-Ursachen bekämpft werden. Pühringer schlug vor Ort Sammelzentren zur Abwicklung der Asylverfahren vor, damit sich nicht Menschen auf den Weg machen, die keine Chance auf Anerkennung haben.

Der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer zeigte sich angesichts der Flüchtlingstragödie auf der A4 im Burgenland "zutiefst betroffen und bestürzt. Es ist ein unsagbares Leid, das auf die Angehörigen der Opfer hereinbricht". Es könne nicht so weiter gehen wie bisher, man brauche endlich eine Lösung auf europäischer Ebene, so der LH in einer Stellungnahme. "Die menschliche Tragödie auf der Ostautobahn im Burgenland zeigt, dass man in Österreich und auch in allen anderen 27 EU-Staaten mit aller Härte gegen die Schleppermafia vorgehen muss, um den Schleppern das Handwerk zu legen", so der steirische LH.

Wallner: Schengen funktioniert nicht mehr

Auch der Landeshauptmann von Vorarlberg, Markus Wallner, schliesst sich dieser Meinung an.

Das Projekt Schengen funktioniere offenbar nicht mehr, sagte Wallner und sieht in dem Flüchtlingsdrama einen "grausamen Weckruf für Europa". Man könne nicht mehr einfach zur Tagesordnung übergehen. Der Regierungschef sprach von einer "menschenverachtenden, gewissenlosen Tat". Europa sei bis heute nicht in der Lage gewesen, eine solidarische Flüchtlingspolitik auf den Weg zu bringen. Dem Flüchtlingsdrama müssten nun aber "rasche Konsequenzen und klare Spielregeln auf europäischer Ebene" folgen. Neben einer "europäischen Quote auf Basis einer gerechten Verteilung" nannte Wallner dabei unter anderem auch kontrollierte Asylwege sowie stärkere Kontrollen.

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