Volksbegehren sollen reformiert werden

APA12315956-2 - 15042013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT CI - (v.l.n.r.) Verfassungsjuristin Brigitte Hornyik, Mitinitiator Christian Fiala, Personenkomitee-Mitglied Elisa Schenner, Mit-Initiator Niko Alm und Personenkomitee-Mitglied Erich Fenninger während einer Pressekonferenz anl. des Beginns der Eintragungswoche zum Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien am Montag 15. April 2013 in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Konsequenzen aus dem Flop der Volksbegehren: Die Regierung plant eine Reform des Mechanismus. Wie und wann, ist aber völlig unklar.

Die Regierung hat auf das schlechte Abschneiden der beiden Volksbegehren reagiert - wenn auch verhalten: Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger haben am Dienstag nach dem Ministerrat unterstrichen, dass die Demokratie reformiert werden soll.

Wie, ist aber nach wie vor völlig unklar - und auch ob es noch vor der Wahl zu entsprechenden Ergebnissen kommt, ist offensichtlich fraglich. Uneins ist man sich etwas in der Frage, ob eine gewisse Anzahl an Unterschriften für ein Volksbegehren automatisch zu einer Volksabstimmung führen soll - Faymann verwies auf eine entsprechende Arbeitsgruppe im Parlament. Er könne sich einen solchen Automatismus durchaus vorstellen, allein von der Umsetzung hänge alles ab. Man müsse jeden, der ein Volksbegehren mache und unterschreibe, respektvoll behandeln, so Faymann.

Für ihn wäre es angebracht, wenn die Arbeitsgruppe bis zu einer neuen Koalitionsvereinbarung zu Vereinbarungen kommen könnte. In der Arbeitsgruppe im Parlament gebe es noch keinen fertigen Vorschlag.

Ex-Politiker seien „nicht beste Promotion“

Volksbegehren sollen reformiert werden
APA12331408-2 - 16042013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - VK Michael Spindelegger (R) und BK Werner Faymann (L) anl. einer Sitzung des Ministerrates am Dienstag, 16. April 2013, im Bundeskanzleramt in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Die ÖVP ist skeptisch: Spindelegger glaubt in Sachen mehr Demokratie, dass man bis zur Wahl nicht zur restlosen Zufriedenheit der Bürger und der ÖVP etwas umsetzen könne. Dass das Demokratie-Volksbegehren ein Flop war, hängt für Spindelegger nicht damit zusammen, dass kein Interesse am Thema da sei. Die mangelnde Beteiligung habe wahrscheinlich vielfältige Ursachen. Wenn Ex-Politiker das betreiben, und jeder sagen könne, die hätten ihre Chance gehabt, sei das "nicht die beste Promotion" für das Anliegen, konnte sich der ÖVP-Chef einen Seitenhieb nicht verkneifen.

Spindelegger glaubt auch nicht so recht daran, dass der zweite Teil des Demokratiepakets, das derzeit im Parlament liegt, noch vor der Wahl etwas wird. Bei der Hürde für die Bürgeranfrage sei man beispielsweise gesprächsbereit, aber die Opposition wolle offensichtlich nicht einmal das Prinzip der Bürgeranfrage. Wenn man sich einig werde und es eine Erleuchtung gebe, könne man das Paket vor der Wahl beschließen, die realistischere Variante ist für Spindelegger aber ein Verhandeln nach der Wahl.

Initiatoren wollen weitermachen

Die Initiatoren des Volksbegehrens "Demokratie jetzt!" sind vom schlechten Ergebnis ihrer Initiative "enttäuscht", wollen aber nicht aufgeben und weiter für mehr direkte Demokratie kämpfen. Die Gründe für das mit rund 70.000 Unterstützern schwache Abschneiden des Volksbegehrens sehen die Initiatoren u.a. in ihren schwachen finanziellen Ressourcen und einer gewissen Resignation in der Bevölkerung. Selbst habe man keine schweren Fehler gemacht, "außer vielleicht, dass wir das gemacht haben und zu optimistisch waren", sagte Ex-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager (LIF) bei einer Bilanzpressekonferenz am Dienstag.

Das ist ein absoluter Minus-Rekord: So wenig Volk mobilisierte noch kein Volksbegehren wie das für „Mehr Demokratie“ und „Gegen Kirchenprivilegien“. Nur einer von hundert Wahlberechtigten fand es der Mühe wert, sich aufs Gemeinde- oder Bezirksamt zu begeben und eines der beiden Plebiszite zu unterschreiben. Thema daneben? Falscher Zeitpunkt? Andere Sorgen?

Die mangelnde Mobilisierung ist zuallerst „hausgemacht“: Die Kirchenvolksbegehrer kämpften von Anfang an für ein Minderheiten-Anliegen. Wer nach den vielen Missbrauchsskandalen seit Enthüllung des Fall Groer der Kirche Geld und Einfluss entziehen wollte, hat das zu hunderttausenden bereits per Kirchenaustritt getan. Der große Rest der Brauchtumskatholiken fühlte sich vom geforderten radikalen Trennungsstrich zwischen Staat und Kirche nicht angesprochen.

Die mehr als ein Dutzend Forderungen des Demokratie-Volksbegehrens sind auf den ersten Blick durchwegs mehrheitsfähig: Ein stärkeres Persönlichkeitswahlrecht, eine vom Justizministerium weisungsfreie Staatsanwaltschaft, die Abschaffung des Bundesrats, mehr Demokratie in den Parteien, sowie eine Stärkung der unabhängigen Medien durch eine neue Presseförderung. Das Demokratievolksbegehren wollte aber alles und damit zugleich nichts. Die Initiatoren investierten zuviel Hirn in den Forderungskatalog und zu wenig Herz in die Werbung in ihr Begehren.

Die Bundesregierung hat den hausgemachten Malus großzügig „verdoppelt“. Seit Monaten verspricht sie ein „Demokratiepaket“. Jeder interessierte Zeitungsleser weiß, das wird ein Begräbnis erster Klasse. Die Ex-Politiker Voggenhuber, Busek, Schmidt & Co zahlen auch den Preis dafür, dass ihre Kollegen „Volksbegehren“ seit Jahrzehnten als Vehikel für Zwischenzwahlkämpfe missbrauchen. Das zahlenmäßig erfolgreichste „Volksbegehren“ war das gegen die Wiener UNO-City, 1982 initiiert und getragen von der ÖVP, unterschrieben von jedem vierten Menschen in Österreich. Die UNO-City wurde, Bruno Kreisky sei Dank, dennoch gebaut. Sie blüht und gedeiht und festigt Österreichs Ruf als internationale Drehscheibe. Ihr eigentliches Ziel, den roten Kanzler zu stürzen, setzte die ÖVP ein Jahr nach dem „Volksbegehren“ durch.

Der klammheimliche Jubel, der nach dem Volksbegehren-Flop in den Zentralen der ehemaligen Großparteien gestern Nacht aufkeimte, ist so voll daneben. Auf Twitter machte gestern Abend der kluge Satz einer Kollegin die Runde: „Was ist Ironie? Wenn ein Volksbegehren durch die geringe Teilnahme beweist, dass es eine Demokratiereform braucht.“ Die Volksbegehrer konnten den tiefsitzenden Wählerfrust nicht heben. Das werden bei den kommenden Wahlen andere tun - und die haben weitaus weniger intellektuelle Skrupel als die gescheiterten Volksbegehrer von gestern.

Kommentare