Rechtsanwälte: Chats könnten für Pilnacek und Brandstetter "Nachspiel" haben

Rechtsanwälte: Chats könnten für Pilnacek und Brandstetter "Nachspiel" haben
Vor allem der suspendierte Sektionschef habe sich mit seinen Aussagen für "ein weiteres Tätigbleiben in dieser Position disqualifiziert", meint Rechtsanwälte-Kammerpräsident Wolff

Der suspendierte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek hatte sich am Samstag für den Inhalt seiner SMS-Kommunikation mit dem ehemaligen Justizminister und Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter entschuldigt. Die Nachrichten seien "unverzeihbar, nicht zu rechtfertigen und völlig unangemessen" und die gewählten Wort stünden im  "völligen Widerspruch zu meiner Persönlichkeit", schreibt Pilnacek. Er bitte alle um Verzeihung, die er "verletzt und beleidigt" habe.

Pilnacek übte dabei aber auch deutliche Kritik am Justizministerium: "Mein Antrag, private und andere Kommunikation von solcher zu trennen, die abstrakt mit dem Untersuchungsgegenstand in Verbindung steht, ist vom Bundesministerium für Justiz nicht einmal behandelt worden.“

Das sieht Heinz Mayer, ehemals Dekan des Wiener Juridicums, in der ZiB1 am Samstag nicht so: “Hier kommunizieren zwei Spitzenbeamte der Republik über den Umgang mit ganz wichtigen Institutionen, wie dem Verfassungsgerichtshof und der Wirtschafts- und Korruptionststaatsanwaltschaft. Das kann man nicht als privat bezeichnen.“

Die Chats zwischen Pilnacek und Wolfgang Brandstetter könnten allerdings für beide ein gerichtliches Nachspiel haben, glaubt Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff. Die Staatsanwaltschaft werde wohl wegen des Verdachts der Amtsgeheimnis-Verletzung ermitteln, sagte er zur APA. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) legte er nahe, im Falle einer Verurteilung zurückzutreten.

Wolff: "Wird ein Nachspiel haben"

Klar sei, dass Pilnacek und Brandstetter für höchste Justiz-Positionen nicht „fit and proper“ seien. Mit seinem Rücktritt habe Brandstetter aus der Sicht eines Juristen die richtige Entscheidung getroffen, so Wolff, „dennoch wird das ein Nachspiel haben“. Die mögliche Verletzung des Amtsgeheimnisses beim Austausch über VfGH-Interna sei ein Tatbestand nach dem Strafgesetzbuch, letztlich müsse die Staatsanwaltschaft da tätig werden. Dies gelte gleichermaßen für Pilnacek als Beteiligter.

Die versuchte Intervention Pilnaceks beim - dafür unzuständigen - steirischen Landeshauptmann Hermann Schüzenhöfer (ÖVP), um seiner Frau einen Posten am Oberlandesgericht in Graz zu sichern, dürfte aus Sicht des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages dagegen keine rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Mehr als einen untauglichen Versuch, sich per nächtlicher SMS für das berufliche Fortkommen seiner Ehefrau einzusetzen, sah er darin nicht.

Pilnacek habe sich für Ämter "disqualifiziert"

Vieles an der „Niveaulosigkeit“ in Pilnaceks Äußerungen im Chat erinnere ihn aber an Bemerkungen des früheren US-Präsidenten Donald Trump in dessen Umgang mit Frauen, meinte Wolff. „Das disqualifiziert eigentlich den Sektionschef Pilnacek für ein weiteres Tätigbleiben in dieser Position.“ Die Bevölkerung erwarte sich nämlich eine gewisse Demut für das Amt und Respekt für die Republik Österreich. Konsequenz daraus müsse sein, dass beim Recruitment für Spitzenposten auch im öffentlichen Dienst die persönlichen Qualitäten per Psychotest getestet werden sollte.

Dass sich Österreichs Justiz dennoch ihre Unabhängigkeit bewahren konnte, sieht Wolff allein dadurch belegt, dass die Staatsanwaltschaft - richterlich bewilligt - jene Sicherstellungen und Hausdurchsuchungen durchführen konnten, die dieses „erschreckende Bild von Zuständen im Inneren“ sichtbar gemacht hätten. Dass die ÖVP deshalb die Justiz angreife, sei „nicht akzeptabel“ und ein „Bärendienst am Staat“, der die Partei letztlich auch selbst in Gefahr bringen könnte.

Reformbedarf in der Justiz sieht Wolff am ehesten in der Unternehmenskultur. Verfolge man die Medienberichterstattung, dann sehe man, dass die Interventionen Pilnaceks bei den Staatsanwälten nicht über Weisungen gelaufen seien, sondern über die Berichtspflichten, Disziplinaranzeigen und das Madigmachen vor anderen Kollegen. „Man müsste die Möglichkeit beseitigen, dass Staatsanwälte durch andere Mittel als Weisungen unter Druck gesetzt werden“, so der Rechtsanwälte-Präsident.

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