Pilnacek entschuldigt sich: "Inhalt der Nachrichten ist unverzeihbar"

Der suspendierte Sektionschef Pilnacek im U-Ausschuss
Es gebe nichts zu beschönigen, schreibt der suspendierte Sektionschef. Gleichzeitig übt er Kritik am Justizministerium.

"Echt zum Kotzen": So urteilte der scheidende Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter in der ZiB2 über die Chatnachrichten, die er vom suspendierten Sektionschef im Justizressort, Christian Pilnacek, erhalten hatte. Die privaten Nachrichten waren im Laufe der Woche publik geworden.

Zur Erinnerung: Pilnacek schrieb dem Ex-Justizminister etwa, dass das Erkenntnis des VfGH zur Sterbehilfe Zeichen eines "fehlgeleiteten Rechtsstaats" sei, dass der VfGH nach Kuba exportiert werden könne, man dort wohl auf Vize-Präsidentin Verena Madner stolz wäre und dass eine andere Höchstrichterin sich als "Müllfrau" eigne.

"Gibt nichts zu beschönigen"

Nun hat auch Christian Pilnacek eine Erklärung abgegeben. Die Nachrichten seien "unverzeihbar, nicht zu rechtfertigen und völlig unangemessen" und die gewählten Wort stünden im  "völligen Widerspruch zu meiner Persönlichkeit", schreibt Pilnacek. Er bitte alle um Verzeihung, die er "verletzt und beleidigt" habe: "Es gibt nichts zu beschönigen, aber ich ersuche doch mich mehr an meinen Taten und Leistungen als dieser Verfehlung im Rahmen einer privaten Kommunikation zu beurteilen. Dem Verfassungsgerichtshof und seinen Mitgliedern entbiete ich meinen allerhöchsten Respekt. Die Bedeutung dieser Institution für den demokratischen Rechtsstaat verträgt keine Geringschätzung."

Was er aber auch festhalten wolle, so Pilnacek: Die private Kommunikation mit Brandstetter habe mit dem Inhalt des U-Ausschusses "rein abstrakt nichts zu tun". Der Verdacht des Verrats einer Hausdurchsuchung gegen ihn habe sich zudem nicht erhärtet. Auch Brandstetter, der sich als Verfassungsrichter mit Monatsende zurückziehen wird, hatte das bemängelt. 

Justiz-Sektionschef kritisiert Justizministerium

Pilnacek übt auch deutliche Kritik am Justizministerium: "Mein Antrag, private und andere Kommunikation von solcher zu trennen, die abstrakt mit dem Untersuchungsgegenstand in Verbindung steht, ist vom Bundesministerium für Justiz nicht einmal behandelt worden. Mir wurde auch nicht die Gelegenheit geboten, in das Ergebnis der Sichtung und Auswertung Einsicht zu nehmen, sodass ich die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Sichtung und Auswertung nicht abschließend beurteilen kann."

Eine Rückkehr ins Amt des Sektionschefs, die bereits zuvor nicht mehr sonderlich realistisch war, dürfte sich nach dieser öffentlichen Breitseite gegen Justizministerin Alma Zadic noch schwieriger gestalten.

Pilnacek verurteilt Veröffentlichung

Die Nachrichten seien, so Pilnacek weiter - entgegen ihrer Einstufung als "vertraulich" - an die Öffentlichkeit gegangen. Und zwar "just an dem Tag, an dem die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht über die Frage meiner Suspendierung stattfand", betont Pilnacek.

Ein Zufall? Daran glaubt er offensichtlich nicht: "Darauf mögen sich insbesondere jene einen Reim machen, die sonst jede Beeinflussung der unabhängigen Gerichtsbarkeit ablehnen."

Die Neos haben bereits zugegeben, die Chats über den U-Ausschuss an die Öffentlichkeit weitergeleitet zu haben. Das sei im "Interesse der Republik notwendig gewesen".

Pilnaceks Erklärung im Wortlaut:

Nichts zu beschönigen – Erklärung von Christian Pilnacek

Der nun öffentlich bekannt gewordene Inhalt privater Kommunikation, insbesondere jener der Nachrichten mit dem mir freundschaftlich verbundenen Univ. Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter über den Verfassungsgerichtshof und seine Mitglieder ist unverzeihbar, nicht zu rechtfertigen und völlig unangemessen. Jeder Versuch einer Erklärung muss angesichts der zu verurteilenden Wortwahl scheitern.

Ich kann mir das schon deshalb nicht erklären, weil diese abstoßenden Worte im völligen Widerspruch zu meiner Persönlichkeit, meinen Einstellungen und zu meiner bisherigen und langjährigen Arbeit im Dienst der Rechtspflege stehen. Ich bin stets entschieden und offen gegen jede Art von Hass, des Rassismus oder des Sexismus aufgetreten, weshalb meine Nachricht an Univ. Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter auch mich zu tiefst entsetzt. All jene, die ich damit verletzt und beleidigt habe, in erster Linie den Verfassungsgerichtshof, seine Vizepräsidentin und SC Dr.in Claudia Kahr, aber auch meine Familie und Freunde möchte ich um Verzeihung bitten. Es gibt nichts zu beschönigen, aber ich ersuche doch mich mehr an meinen Taten und Leistungen als dieser Verfehlung im Rahmen einer privaten Kommunikation zu beurteilen. Dem Verfassungsgerichtshof und seinen Mitgliedern entbiete ich meinen allerhöchsten Respekt. Die Bedeutung dieser Institution für den demokratischen Rechtstaat verdient die höchste Achtung.

Dennoch muss ich hier festhalten, dass der betreffende Inhalt einer privaten Kommunikation schon rein abstrakt nichts mit dem Untersuchungsgegenstand des Ibiza- Untersuchungsausschusses zu tun hat. Mein Antrag, private und andere Kommunikation von solcher zu trennen, die abstrakt mit dem Untersuchungsgegenstand in Zusammenhang steht, ist vom Bundesministerium für Justiz nicht einmal behandelt worden. Mir wurde auch nicht die Gelegenheit geboten, in das Ergebnis der Sichtung und Auswertung Einsicht zu nehmen, sodass ich die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Sichtung und Auswertung nicht abschließend beurteilen kann.

Dass die Veröffentlichung dieser Nachrichten samt eindeutig privater und nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Chats – entgegen ihrer Einstufung nach dem Informationsordnungsgesetz als „Vertraulich“ –und ohne vorherige Information meinerseits just an dem Tag erfolgte, an dem die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht über die Frage meiner Suspendierung stattfand, darauf mögen sich insbesondere jene einen Reim machen, die sonst jede Beeinflussung der unabhängigen Gerichtsbarkeit ablehnen.

Schließlich sollte auch nicht untergehen, dass der der Verdacht des Verrats des Termins einer Hausdurchsuchung im Juni 2019 Anlass für die Sicherstellung meiner elektronischen Geräte war; dieser Verdacht hat sich nach dem Inhalt der ausgewerteten Kommunikation in keiner Weise bestätigt.

Christian Pilnacek

5. Juni 2021

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