Proteste: Ärzte planen Millionen-Kampagne

Proteste: Ärzte planen Millionen-Kampagne
Die zuletzt vor allem mit sich selbst beschäftigten Interessenvertreter nehmen viel Geld in die Hand, um den Gesundheitsminister zu stoppen.

Im  erbitterten Streit zwischen Gesundheitsminister Johannes Rauch  und der Ärztekammer um die von der Regierung geplante Gesundheitsreform könnte es am Freitag zum Showdown kommen: An diesem Tag treffen sich beide Konfliktparteien zu einem  Gespräch. „Ich lade die Ärztekammer ein, den einseitig ausgerufenen Kriegszustand zu beenden“, appellierte Rauch am Mittwoch. Das klingt nicht danach, dass der Minister noch zu größeren inhaltlichen Zugeständnissen bereit wäre.  

Wie berichtet will die Bundesregierung im Zuge des Finanzausgleichs das Gesundheitssystem neu aufstellen. Ziel ist vor allem eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs, um die Spitäler zu entlasten. So soll  der Ausbau der Primärversorgungseinheiten (Ärztezentren oder -netzwerke) forciert werden. Geplant sind mittelfristig auch ein bundesweit einheitlicher Leistungskatalog und Gesamtvertrag zwischen Sozialversicherungen und Kassenärzten.

Wesentliche Ziele von Rauchs Reform führen direkt oder indirekt zu einer Entmachtung der Ärztekammer, die sich aus Sicht ihrer Kritiker häufig als Reform-Blockierer erwiesen hat. Konkret sollen die Standesvertreter unter anderem ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten beim Ärzte-Stellenplan  und bei der Errichtung von Ambulatorien verlieren. 

"Dieses Vorgehen ist eine Aufkündigung der Sozialpartnerschaft"

von Edgar Wutscher, Vizepräsident der Ärztekammer

Dieses Vorgehen sei „eine Breitseite und eine Aufkündigung der Sozialpartnerschaft“, wetterte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart  am Mittwoch. „Der Entwurf, der auf dem Tisch liegt, hat aus unserer Sicht ganz massive Verschlechterungen im Gesundheitssystem zur Folge“, sagte auch Vizepräsident Edgar Wutscher

Ungeachtet des noch ausstehenden Gesprächs bereitet die Ärztekammer  Kampfmaßnahmen vor.  

Proteste: Ärzte planen Millionen-Kampagne

Gestern hat die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte beschlossen,  eine Million Euro für Informationsmaßnahmen freizugeben. Insgesamt sollen  (vorbehaltlich entsprechender Beschlüsse der Länderkammern) bis zu zehn Millionen Euro für Protestmaßnahmen bereitgestellt werden. 

Parallel dazu sind die Länderkammern aktiv geworden: Dienstagabend hat der Vorstand der Wiener Ärztekammer die angekündigten fünf Millionen Euro Budgetmittel für Kampfmaßnahmen genehmigt. Ein Teil dieser Mittel wird jedoch auch für die Proteste gegen die angespannte Personalsituation in Wiens Spitälern verwendet. Vorläufiger Höhepunkt: ein Protestmarsch am 4. Dezember in der Wiener Innenstadt. 

Geld ist also ausreichend vorhanden: Der  „Kampf- und Aktionsfonds“ der Wiener Ärztekammer ist nach den letzten verfügbaren Zahlen (2020) mit rund 15 Millionen Euro üppig gefüllt.

Vertragskündigung

Weitaus einschneidender als diverse Infokampagnen und Protestmärsche wäre allerdings die von der Kammer angedrohte Kündigung des Gesamtvertrags für die Kassenärzte, sollte die Reform in der vorliegenden Form beschlossen werden. 

Das würde bedeuten:  Patienten müssten die Leistungen beim Kassenarzt zunächst selbst zahlen und dann die Rechnung bei der Kasse einreichen. 

Zuletzt hatte  Rauch Rückendeckung vom  Koalitionspartner ÖVP bekommen. Zu klären sind jetzt noch Umsetzungsdetails. Mittwoch hieß es aus dem Ressort, man verhandle vordergründig mit den Bundesländern und der ÖVP – und nicht mit der Ärztekammer. 

Letztere war auf Wiener Ebene zuletzt mit internen Macht-Kämpfen  beschäftigt, bei denen es um die Rolle  Steinharts im Wirtschaftskrimi rund um die kammereigene Firma  Equip4Ordi ging. Mit dem Kampf gegen einen gemeinsamen Außenfeind sollen nun die Reihen wieder geschlossen werden, vermuten Beobachter. 

Gemäßigte Kräfte in der Interessenvertretung gehen davon aus, dass die breite Ablehnung de facto aller Rauch’schen Vorhaben nicht wirklich Erfolg versprechend ist. So gilt etwa der Plan, Wahlärzte verpflichtend an das eCard-System anzuschließen und Diagnosen bzw. Behandlungen nach international gültigen Standards zu codieren, insbesondere unter jüngeren Ärzten als Wunsch, der  sogar im Sinne vieler Mediziner wäre. 

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