Promi-Anwalt und Höchstrichter: Wie ein Erbarmungsloser zwischen die Fronten gerät
Michael Rami. Der Verfassungsrichter ist auch Medienanwalt und vertritt seine Mandanten ohne Rücksicht auf Verluste. Das bringt ihm illustre Kundschaft – zuletzt geriet er aber selbst zwischen die Fronten.
Eigentlich sollte mit der Politik längst Schluss sein. Michael Rami hat vor zwei Jahren versprochen, keine Spitzenpolitiker mehr zu vertreten. Seine Doppelrolle – hier der knallharte Medienanwalt, dort der unabhängige Verfassungsrichter – hatte ihm zunehmend Kritik eingebracht. Vor allem, weil beide Jobs mit den Blauen zu tun haben.
20 Jahre lang war Rami Medienanwalt der FPÖ, 2018 wurde er auf Wunsch der FPÖ vom Bundesrat für das Höchstgericht nominiert. 2019, nachdem er kurz aufeinanderfolgend erst den damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache in einem Prozess gegen Rudi Fußi und dann den damaligen Innenminister Herbert Kickl gegen Peter Pilz vertrat, zog er einen Schlussstrich.
Ganz los wurde Rami die Politik aber nicht. Aktuell wird er ausgerechnet von der FPÖ verbal geprügelt – und zwar, weil er Katharina Nehammer, Ehefrau von ÖVP-Innenminister Karl Nehammer, als Medienanwalt vertritt. Wie berichtet, fordert Nehammer von mehr als Hundert Facebook-Usern, die ein Posting über sie geteilt hatten, 3.500 Euro Entschädigung. Rami schlägt pro Fall noch 940 Euro Anwaltskosten drauf.
„Schamlose Abzocke“, wettert FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker, und greift den langjährigen Leib-Anwalt seiner Partei persönlich an: „Ein Mann von Anstand und Charakter wüsste, was er jetzt zu tun hätte.“ Rami solle die Klagsdrohungen zurücknehmen.
Seinen Anstand und Charakter würden Anwaltskollegen im KURIER-Gespräch nicht infrage stellen. Dem 53-Jährigen, der in seiner Freizeit in den Boxring steigt („Mit Gegner!“, wie er einmal in einem Interview betonte), sagt man ein „bemerkenswertes Pflichtbewusstsein“ nach.
So freundlich und umgänglich er persönlich ist – im Job sei er „erbarmungslos“, setze „ohne Rücksicht auf Verluste“ durch, was für seine Mandanten das Beste ist; oder oft einfach das, was sie von ihm verlangen.
Nicht gerade sein Lieblingsauftrag war es beispielsweise, als er Ende 2017 im Auftrag von Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer den Verfassungsrichter Johannes Schnizer wegen übler Nachrede klagen musste.
Heilfroh soll Rami gewesen sein, hört man, dass der Prozess mit einem Vergleich beigelegt wurde und nicht in eine Justiz-Schlacht ausartete. Knapp fünf Monate später wurden Rami und Schnizer Kollegen am VfGH.
Verschätzt
Bei der Causa Nehammer habe sich Rami schlicht „verschätzt“, glauben Kollegen. Rami sei es egal gewesen, dass es sich bei seiner Mandantin um die Frau des Innenministers handelt. Die politische und mediale Tragweite sei ihm – gerade, was die hohe Geldforderung betrifft – wohl nicht klar gewesen.
Rami geriet in einer weiteren Causa zwischen die Fronten: Er vertritt TV-Moderatorin Raphaela Scharf in mehreren Verfahren gegen Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner, gleichzeitig ist er Anwalt von dessen Konkurrenzblättern Krone und Heute. Genüsslich wurde auf oe24.at Ramis 200.000 Euro-Jahresgage als Verfassungsrichter breit gewälzt (dazu unten mehr).
Ramis Kundenkartei ist jedenfalls beachtlich. Seinen ersten Anwaltsjob bekam er 1998 in der Kanzlei von Dieter Böhmdorfer, dem späteren FPÖ-Justizminister. So knüpfte Rami schon zu Beginn seiner Karriere Kontakte ins rechte Lager, bezeichnet sich selbst aber stets als „unpolitisch“. Zu seinen Mandanten zählten Jörg Haider und Susanne Riess-Passer.
Berühmt wurde Rami, als er 2006 für Karl-Heinz Grasser und dessen Frau Fiona gegen Bild in die Schlacht zog. Das deutsche Boulevardblatt hatte ein Urlaubsfoto des Paares veröffentlicht. Wegen der doppeldeutigen Unterzeile zum Foto („Hier sucht die Kristall-Erbin die Kronjuwelen beim Finanzminister“) schlug Rami eine sechsstellige Summe an Entschädigung heraus.
Als FPÖ-Medienanwalt machte er Schlagzeilen, weniger bekannt ist, dass er auch den ehemaligen SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer 2017 in einem Medienprozess vertrat und der Grünen Sigrid Maurer 2018 in ihrem Prozess gegen den Bierwirt Unterstützung anbot.
Befangen
Am Verfassungsgerichtshof sieht man die Doppelrolle Ramis gelassen: Es sei Usus und längst ein Routinevorgang, dass sich Höchstrichter aus eigenem Antrieb von einem Fall zurückziehen, wenn sie irgendeinen persönlichen, beruflichen oder parteipolitischen Bezug dazu haben. Wolfgang Brandstetter, der sich wegen einer Chat-Affäre als Höchstrichter zurückgezogen hat, musste sich häufig vertreten lassen, weil er zuvor Justizminister gewesen war.
Rami habe sich ebenfalls schon mehrmals als befangen erklärt – meist bei Beschwerden, die von Mandanten seiner Kanzlei Gheneff - Rami - Sommer kamen. Zuletzt ging es um eine Rodungsbewilligung. Klingt wenig aufregend. Aber Aufregung hat Rami ansonsten eh reichlich.
Kommentare