Kanzler Kurz: "Großprojekte sollten nicht blockiert werden"
Bei der international besetzten Wirtschaftskonferenz "Salzburg Summit" diskutiert man über Ökologie & Ökonomie sowie Europas wackelige Stellung in der Welt.
Wie kann Österreich bzw. Europa ökologisch handeln, ohne ökonomisch zurückzufallen? Auch bei der dreitägigen internationalen (von der Industriellenvereinigung und Unternehmerin Gabi Spiegelfeld organisierten) Konferenz „Salzburg Summit“ wird über dieses Thema heftig diskutiert. Bundeskanzler Sebastian Kurz warnte, interviewt von Corinna Milborn, davor, dass man die Industrie durch übertriebene Umweltauflagen anderswohin vertreiben könnte, wo dann unter ökologisch schlechteren Bedingungen produziert würde.
Kurz: "Nicht das Auto ist der Feind, sondern die Emissionen"
Und man könne nicht alle Regionen über einen Leisten schlagen: Während es im Wiener Stadtgebiet möglich sei, auf öffentlichen Verkehr umzusteigen, würde man sich in vielen ländlichen Regionen von dieser Forderung wohl „gefrotzelt“ fühlen. Kurz fügte hinzu: „Nicht das Auto ist der Feind, sondern die Emissionen.“ In Österreich würden übrigens auch jene aus dem Transit dazugerechnet – was nicht immer „gerecht“ sei.
Wie schon öfters betont, hofft er auf die Innovationskraft der Industrie – „ich bin überzeugt, dass wir die Ziele schaffen können“. (Kürzlich hatte er ja sogar provokant gemeint, man dürfe nicht in die „Steinzeit“ zurückfallen.) Es gebe einen enormen Fortschritt bei E-Mobilität, „und auch bei Wasserstoff werden wir einen Schub erleben, ja sogar fossile Kraftstoffe werden immer besser“, so der Kanzler. Und weniger Stau könne ja auch weniger Emissionen bedeuten.
„Ich bin dafür, dass man diskutiert, aber realistisch und ehrlich.“ Großprojekte sollten nicht blockiert werden, spielte er auf Straßenbaupläne wie den Lobautunnel an, die das grün geführte Infrastrukturministerium gerade auf Eis gelegt hat.
Unterstützung bekam Kurz vom nachfolgenden Redner, dem OECD-Generalsekretär Mathias Cormann, der „zu viel Geschrei und zu viel erhobenen Zeigefinger“ bei der Umweltdebatte kritisierte. Der meinte: „Europa ist manchmal zu hart zu sich selbst, da ist sehr viel Innovation da. Lasst uns das Glas doch auch halb voll sehen.“
Höttges: "Europa ist digital nicht wettbewerbsfähig"
Eine Betrachtungsweise, die Tim Höttges, CEO der Deutschen Telekom, nicht teilte. „Europa ist digital nicht wettbewerbsfähig“, meinte er knallhart. Beispielsweise seien „null von zehn“ der weltweit größten Halbleiterproduzenten aus Europa. Das, was an den starken europäischen Akademien produziert werde, finde keine Umsetzung in der Wirtschaft. „Wir sitzen in einem Europa, das sich gut anfühlt und merken nicht, was da draußen passiert“ – nämlich ein Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA, der beide beflügle und innovationskräftiger mache als Europa. „Wir sind nur Zuschauer in diesem Konflikt und tun nichts für unsere digitale Souveränität.“ Als Vorbild in Europa nannte Cormann Estland, das alle Bereiche des Lebens, vor allem die Verwaltung, radikal digitalisiert hat.
Schon davor hatte der Bundeskanzler – zurück von einer US-Reise – auf das „unglaubliche Tempo“ der Amerikaner verwiesen und darauf, dass die Regularien in Europa zu hoch seien. Stichwort Datenschutz: „Es gibt kaum einen Teil der Welt, wo man sich mehr Gedanken darüber macht, was passieren kann, als darüber, was man daraus machen kann.“
Europa habe alle Chancen, aber es gebe „keinen Grund zur Selbstzufriedenheit“. Gerade jetzt müsse man sich auf seine Stärken besinnen, um langfristig mithalten zu können, meinte er. Das passte zum Titel der Konferenz, die noch bis inklusive Samstag dauert und eine imposante, prominente Teilnehmerschar vereint: „A commitment to Europe.“
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