Polaschek zu Lehrermangel: Werden alle Stunden anbieten können

Junge Schüler und ein Bücherstapel im Vordergrund
Bildungsminister Polaschek zeigt sich trotz Lehrermangel zuversichtlich, im neuen Schuljahr alle Unterrichtsstunden anbieten zu können.

Martin Polaschek (ÖVP) glaubt trotz Lehrermangels daran, dass im neuen Schuljahr alle Unterrichtsstunden angeboten werden können. "Wir sind noch mitten in der Zuteilung, aber es sieht im Großen und Ganzen sehr gut aus", so Polaschek. Nach derzeitigem Stand sollte sich alles ausgehen.

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Bei der neuen Lehrerausbildung soll es noch am Ende des Sommers einen Entwurf geben - derzeit spießt es sich noch bei Themen wie Studienarchitektur und Berufseinstieg.

Bei der Besetzung der Lehrerstellen gibt es nach wie vor große Unterschiede je nach Region und Fach. Vorarlberg tue sich etwa aufgrund der Nähe zur Schweiz traditionell schwer, meinte der Minister. Wie schon in den Vorjahren wird in allen Bundesländern auch auf Überstunden bzw. Studierende und Quereinsteiger zurückgegriffen.

Zulauf aus der Quereinsteiger-Initiative

Gemildert werde der Mangel durch den Zulauf zur Quereinsteiger-Initiative des Ministeriums, so Polaschek. "Es sind deutlich mehr als erwartet geworden."

In Frage kommt, wer ein passendes Studium (etwa Betriebswirtschaft für das Fach Mathematik) und drei bzw. in Ausnahmefällen 1,5 Jahre fachlich geeignete Berufserfahrung (z.B. Statistiker, Wirtschaftsprüfung) vorweisen kann. Außerdem muss man nach erfolgreicher Zertifizierung auch eine Stelle an einer Schule erhalten und dann parallel zum Unterricht ein Quereinsteiger-Studium an einer Pädagogischen Hochschule (PH) abschließen. Dafür winkt eine Anstellung im normalen Lehrer-Gehaltsschema.

Nach der alten Regelung, die schlechter bezahlte Sonderverträge vorsah, kamen pro Jahr im Regelfall nur 300 oder höchstens 400 Quereinsteiger an die Schulen. Nun haben sich 3.000 Personen dafür beworben, 1.000 wurden bereits zertifiziert und 600 haben sich für eine Stelle an einer Schule beworben. Nach wie vor würden ständig neue Zertifizierungen dazukommen. Die meisten sollen dabei an einer Mittelschule unterrichten - vor allem in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. "Da haben wir auch den größten Bedarf."

Welche Fragen bei der Reform der Lehrerausbildung noch zu klären sind

Nicht möglich ist derzeit ein Quereinstieg für die Volksschule. "Da gibt es andere Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer als in der Sekundarstufe", begründete dies Polaschek. Man sei derzeit aber in intensiven Gesprächen mit Experten, um zu definieren, aus welchen Berufen auch ein Quereinstieg in die Volksschule in Frage komme.

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Bei der Reform der Lehrerausbildung müssen laut Polaschek mit den Grünen noch Fragen der Studienarchitektur, der Inhalte und der Gestaltung des Berufseinstiegs ("Induktionsphase") geklärt werden. Noch nicht fix ist demnach, wie lange Bachelor- bzw. Masterstudium dauern sollen und in welchem Studienteil bzw. in welchem Umfang die Praxisanteile verankert werden. Auch bei der Induktionsphase müsse es laut Polaschek Änderungen geben.

Diese sei in Zeiten eines Lehrerüberschusses eingeführt worden. "Die Idee war, dass die Bachelor-Absolventen einige wenige Stunden an den Schulen - unterstützt durch Mentorinnen und Mentoren - unterrichten. Jetzt unterrichten aber viele schon deutlich mehr, daher müssen wir schauen, wie diese Personen auch gut den Master fertigstudieren können." Keinen Bedarf nach Änderungen sieht Polaschek bei den Eignungsverfahren für Studieninteressenten.

Die Forderungen der Lehrergewerkschaft

Den Forderungen der Lehrergewerkschaft nach mehr Unterstützungspersonal und einer Entlastung von Verwaltungsaufgaben will Polaschek nachkommen. Beim Unterstützungspersonal habe es teils Verzögerungen gegeben. "Ich gehe aber davon aus, dass noch mehr Personal kommt."

Bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich geklärt werden müssen laut Polaschek einerseits die Frage der Assistenz- bzw. Freizeitpädagogik sowie andererseits der sonderpädagogische Förderbedarf (SPF). Bei den Freizeitpädagogen soll ein neues Berufsbild geschaffen werden, außerdem sollen diese nicht mehr wie bisher über Zweckzuschüsse finanziert werden, sondern regulär über die Bildungsdirektion angestellt werden.

Beim SPF fordern die Länder ein Aus für den "Deckel", durch den es derzeit nur für 2,7 Prozent der Schüler mit Beeinträchtigungen zusätzliche Ressourcen gibt. Hier sollte eine Evaluierung über die Vergabepraxis vor dem Start der Verhandlungen erfolgen - diese habe sich aber leider verzögert, so Polaschek.

Vorgaben für Deutschförderklassen werden nicht überall eingehalten

Weiter überzeugt ist der Minister von der im Regierungsprogramm festgehaltenen Einführung einer Bildungspflicht, wonach Jugendliche das Schulsystem erst nach Erreichen von bestimmten Bildungszielen verlassen dürfen. Allerdings gebe es noch "unterschiedliche Auffassungen in Detailfragen" mit den Grünen - etwa inwieweit eine Art Mittlere Reife als Prüfung eingeführt werden soll oder was für einen Leistungsgrad es dafür benötigt. "Ich kann nicht einschätzen, wie weit wir in diesen Gesprächen kommen werden."

Kein Verständnis hat Polaschek für jene Schulleiterinnen und Schulleiter, die die Deutschförderklassen nicht umsetzen. Jüngst hatte eine Umfrage gezeigt, dass Vorgaben nicht überall eingehalten werden. "Wo wir nicht die Möglichkeit haben, dass Kinder in einem sogenannten 'Sprachbad' die Sprache lernen, weil einfach nicht genug Menschen um sie herum sind, die Deutsch sprechen, funktioniert es nicht anders." Daher gebe es den klaren politischen Willen für eigene Deutschförderklassen bzw. Deutschförderkurse. "Und das soll im Sinne der Kinder umgesetzt werden."

Handlungsanweisungen zum Umgang mit der KI in der Schule

Mit Beginn des Schuljahrs soll eine Arbeitsgruppe aus Experten und Praktikern weitere Empfehlungen bzw. Handlungsanweisungen des Ministeriums zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) vorlegen. "Wir müssen uns Gedanken machen, welche Auswirkungen das auf Prüfungen, Hausübungen oder Schularbeiten hat." Apropos Prüfungen: Unabhängig von der KI-Frage sieht Polaschek zumindest für das kommende Schuljahr keinen Änderungsbedarf bei der Matura.

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Noch keine näheren Details gibt es bei den Forderungen von Unis und Forschungseinrichtungen nach höheren Budgets aufgrund der Teuerung. Hier stehe man erst am Beginn der Verhandlungen mit dem Finanzministerium, so Polaschek.

Nicht geplant ist ein weiterer Ausbau der Medizin-Studienplätze über jene ohnehin schon fixierten zusätzlichen 150 Plätze bis 2028 hinaus. "Wir haben genügend Absolventinnen und Absolventen. Es gelingt aber nicht, dass Personen mit Abschluss jene Berufe ergreifen, wo wir einen Mangel haben. Die Forderung nach mehr Plätzen löst dieses Grundproblem nicht."

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