Pilnacek-Kommissionsleiter Kreutner in der ZiB2: "Würde der Justiz eine schlechte Note geben"
Eine vom Justizministerium eingerichtete Untersuchungskommission hat politische Interventionen in der Amtszeit des verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek bestätigt. Der KURIER berichtete bereits ausführlich darüber.
Am Montagabend war der Leiter dieser Pilnacek-Kommission, Martin Kreutner, zu Gast bei Armin Wolf in der Zeit im Bild 2 (ZiB2).
Martin Kreutner: Verheerendes Zeugnis für das Justizsystem
TV-Journalist Armin Wolf fragt den Anti-Korruptionsexperten Kreutner direkt zu Beginn, welche Schulnote er der österreichischen Justiz in Bezug auf den Umgang mit sogenannten "clamorosen Fällen" geben würde.
Schlechte Note für die Justiz
Kreutner antwortet nüchtern: "Nach unserem Notensystem würde ich der österreichischen Justiz eine 4-5 geben." Er ergänzt noch: "Wir wären heute nicht mehr EU-aufnahmefähig"
Fünf Parteien sind im Parlament - welche sind nicht von den Interventionsvorwürfen betroffen, will Wolf wissen. Das lasse er offen. Nur so viel: "Die Parteien, die schon länger in Österreich an der Macht sitzen, kämen vielleicht auch eher in die Position, diese Machtpositionen für ihre Zwecke zu nutzen."
Gesetzlich festgelegt ist, dass bei „clamorosen“ Fällen, die von öffentlichem Interesse sind, die Vorhaben der Staatsanwaltschaften von der Oberstaatsanwaltschaft und vom Justizministerium geprüft und genehmigt werden müssen (normale Verfahren nicht). Die Kommission ortet ein „30 Augen Prinzip“ und schlägt vor, dieses zu streichen.
Trennung der Weisungsspitze vom Ministerium
Außerdem plädiert Kreutner für eine "Trennung der Weisungsspitze der Judikative - also der Justiz - von einem politischen Organ". Damit spricht Kreutner einmal mehr die geplante Generalbundesanwaltschaft an. Diese sollte seiner Meinung nach aus einem Gremium und nicht einer Einzelperson bestehen: "Weil eine Einzelperson natürlich anfälliger für Interventionen ist als ein Gremium mit kollektiven Entscheidungen."
Fall Pilnacek
Als Beispiel verweist Kreutner einmal mehr auf den verstorbenen Sektionschef Pilnacek: "Brisante Sektionen innerhalb der Justiz zusammenzulegen war ein Geburtsfehler, die innere Gewaltenteilung in der Justiz hat nicht funktioniert."
Sachverhaltdarstellung und Anzeigen der Kommission
Auf die Frage hin, wie viele Sachverhaltsdarstellungen und Anzeigen aus der Arbeit der Kommission hervorgegangen sind, antwortete Kreutner: "Fünf bis zehn, davon sind zwei bis drei vorlagewürdig." Auch rund um den Tod selbst gebe es klärungsbedürftige Hinweise, ohne hier näher ins Detail zu gehen.
Suchtpräventionsprogramm als Maßnahme
Der Bericht der Pilnacek-Kommission zeichnet aber auch in einem anderen Bereich ein bedenkliches Sittenbild von Teilen der Justiz. Unter Alkoholeinfluss seien bei Neujahrsfesten, Empfängen und in Innenstadt-Lokalen offenbar Insider-Informationen ausgeplaudert worden. Die Kommission empfiehlt daher als eine von sechzehn Maßnahmen ein Suchtpräventionsprogramm.
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