Polizeieinsatz auf dem Peršmanhof war rechtswidrig

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Das Vorgehen gegen ein antifaschistisches Camp auf der NS-Gedenkstätte hatte für massive Empörung gesorgt. Drei Beamte als Verantwortliche.

Knapp drei Monate nach dem umstrittenen Polizeieinsatz am Peršmanhof in Kärnten hat die vom Innenministerium eingesetzte Analysekommission am Donnerstag ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der vierstündige Großeinsatz am 27. Juli bei einem antifaschistischen Camp war demnach in mehrfacher Hinsicht unverhältnismäßig, rechtswidrig und zweifelhaft

Kritisiert wird vor allem das Verhalten des stellvertretenden Leiters des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der den Großeinsatz bei einem antifaschistischen Camp angeordnet und geleitet hat. 

Der mittlerweile einer anderen Dienststelle zugewiesene Beamte habe den Einsatz ohne Abstimmung mit Vorgesetzten initiiert und polizeilich geleitet, "obwohl er dafür weitgehend nicht zuständig war", heißt es in dem Bericht. Fehlverhalten wird aber auch dem Bezirkshauptmann und dem Leiter der Außenstelle Kärnten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) attestiert.

Am 27. Juli kam es auf der NS-Gedenkstätte Peršmanhof in Bad Eisenkappel zu einem massiven Polizeieinsatz gegen ein antifaschistisches Camp auf dem Gelände des Museums wegen angeblicher Verstöße gegen das Naturschutzgesetzes. An dem vierstündigen Großeinsatz waren insgesamt 20 Beamte beteiligt. 

Nicht nur von Vertretern der slowenischen Volksgruppe wurde der Einsatz als überschießend und völlig unsensibel kritisiert, war es doch auf dem Hof im April 1945 zu einem Massaker von SS-Polizeikräften an elf Zivilisten gekommen. 

Bereits im Vorfeld war durchgesickert, dass der Einsatz laut Bericht in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig und unverhältnismäßig gewesen sei.

Konkret geht es um das Betreten der Räume der Gedenkstätte durch die Beamten und die umfassenden Identitätsfeststellungen. Die Begründungen für den Einsatz – etwa Verstöße gegen den Naturschutz – sei nur ein Vorwand gewesen, um an die Daten der Teilnehmer zu gelangen. Dass es entsprechende Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben habe, die letztlich zu dem Einsatz geführt haben, ist laut Bericht in den Dokumenten jedenfalls nicht belegt. Somit ist unklar, ob es sie überhaupt gegeben hat.

Die Begründung erscheine in der Gesamtschau „als bloßer Vorwand für ein Einschreiten zu Zwecken des Verfassungsschutzes“. Die Identitätsfeststellungen hätten sich zudem auf die Nutzer der zwei außerhalb der Hofstelle aufgestellten Zelte beschränken müssen, stattdessen „wurden sie jedoch mit viel Aufwand auf alle Campteilnehmer erstreckt“, so der Leiter der Kommission Mathias Vogl.

Kritik am Bezirkshauptmann

Fehlverhalten wird aber auch dem Bezirkshauptmann von Völkermarkt und dem Leiter der Außenstelle Kärnten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) attestiert. Der Bezirkshauptmann habe sich auf eine Beobachterrolle beschränkt und sei damit seiner Verantwortung für einen rechtmäßigen Ablauf als behördlicher Leiter nicht nachgekommen. Der BFA-Beamte wiederum habe Festnahmen ausgesprochen, ohne dazu ermächtigt zu sein, so die Kommission.

Nicht gegen slowenische Volksgruppe

Für Karner ergeben sich jedenfalls drei Erkenntnisse: "Die polizeilichen Maßnahmen waren nicht gegen die slowenische Volksgruppe und die Gedenkstätte gerichtet. Das Verhalten der drei Beamten war in Teilen rechtswidrig, unverhältnismäßig und zweifelhaft. Der überwiegende Teil der Polizisten hat ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt."

Der Per?manhof in Kärnten

Empfehlungen der Kommission

Der Bericht selbst listet eine Reihe von Empfehlungen auf:

  • Auseinandersetzung mit der Geschichte des Peršmanhof im Rahmen der Fortbildung der Polizei
  • Adequarte Sensibilität bei Polizei-Einsätzen auf Gedenkstätten
  • Bessere Kommunikation zwischen Veranstaltern und Polizei
  • Hintanhaltung der Vereinnahmung von Gedenkstätten durch bestimmte Gruppierungen
  • Strenge Wahrung der Zuständigkeitsgrenzen
  • Verstärkter Einsatz von Bodycams
  • Umfassende Dokumentation von Einsätzen durch die Exekutive
  • Sicherstellung ausreichender Sprachkompetenz der Beamten bei Einsätzen in mehrsprachigen Gebieten und zwar auch auf Führungsebene  

Karner kündigt an, dass es künftig eine regionalspezifische Weiterbildung für Polizistinnen und Polizisten geben soll. Um die Sensibilität beim Einschreiten bei Gedenkstätten sicherzustellen, soll zudem vor jedem Einschreiten ein Vier-Augen-Prinzip mit der darüberliegenden Dienststelle und auch Kontakt mit der Leitung der Gedenkstätte gehalten werden.

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, berichtete, dass er den slowenischen Botschafter am Vortag über den Inhalt des Berichts informiert und dabei auch sein Bedauern für das Fehlverhalten der betroffenen Beamten ausgedrückt habe. 

Konsequenten für Beamten

Gegen den Leiter des Einsatzes, gegen den auch Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs laufen, wird es auch dienst- und disziplinarrechtliche Ermittlungen geben, kündigt Michaela Kohlweiß, Kärntner Landespolizeidirektorin, an,

Land Kärnten will handeln

„Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass alles getan wird, um entsprechende Konsequenzen für von der Analysekommission in ihrem Bericht zweifelsfrei festgestelltes Fehlverhalten der drei für den Polizeieinsatz Verantwortlichen zu ziehen“, sagt Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Dazu habe er die Amtsinspektion und die Organisationseinheit Personal beim Amt der Kärntner Landesregierung mit der unverzüglichen Prüfung sofortiger Maßnahmen betreffend den Völkermarkter Bezirkshauptmann beauftragt.

Der Landeshauptmann betont, dass die Beziehung zwischen den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten in Kärnten ebenso wie die für Kärnten und Österreich gleichermaßen wichtigen außenpolitischen Beziehungen zu Slowenien in den letzten Jahren langsam und stetig verbessert werden konnte. „Jeder Vorfall, der dieses fragile Gleichgewicht belastet oder außen- wie innenpolitisch instrumentalisiert wird, schadet unserem gesellschaftlichen Zusammenleben“, so Kaiser. „Wir müssen aus diesem Vorfall lernen und alles tun, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen und untereinander zu erhalten und zu stärken“, unterstreicht Landeshauptmann Kaiser.

Vizekanzler Andreas Babler fordert nun klare personelle Konsequenzen. Wichtiger nächster Schritt sei nun die konsequente Umsetzung der Empfehlungen der Experten-Kommission.

Grüne: "Blanke Willkür"

„Der Bericht zeigt ein verheerendes Bild von amtsmissbräuchlichen und ideologischen Verhalten des zweithöchsten Verfassungsschutz-Beamten von Kärnten, bei dem sich alle Beteiligten von Seiten der Polizei bis rauf zum Bezirkshauptmann unwidersprochen beteiligten”, erklärt Lukas Hammer, gedenkpolitischer Sprecher der Grünen.

„Der stellvertretende Leiter des Landesamts für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) konnte ohne Zuständigkeit und außerhalb seines Dienstes schalten und walten, wie er wollte – ohne Kontrolle, ohne Konsequenzen. Es ist erschreckend, dass kein einziger der an dem Einsatz beteiligten Behördenvertreter die im Bericht aufgezeigten krassen Rechtswidrigkeiten vor, während oder nach dem Einsatz von sich aus vermerkt oder gemeldet hat, geschweige denn eingeschritten ist. Das zeugt von blanker Willkür, falsch verstandenem Korpsgeist und ist ein Tiefpunkt für den Rechtsstaat“, kommentiert Hammer die Darstellungen im Bericht, die auch die Rolle des Bezirkshauptmanns von Völkermarkt beleuchten, der in einem Weisungszusammenhang mit Landeshauptmann Kaiser steht.

Nach diesem Bericht sei klar, eine öffentliche Entschuldigung sei längst überfällig, so die grüne Kärntner Landessprecherin Olga Voglauer: „Es ist empörend und völlig inakzeptabel, dass sich Innenminister Karner als politisch Verantwortlicher  bis heute nicht entschuldigt hat. Mit seinem beschwichtigenden Umgang mit dem Bericht und der offenen Inschutznahme der beteiligten Beamten demonstriert Karner, dass ihm politische Verantwortung und Rechtsstaatlichkeit offenbar gleichgültig sind."

FPÖ: "Skandal-Bericht" 

Als „skandalöses Manöver, um die eigene Polizei zu demontieren und linksextremen Gewalttätern einen Freibrief auszustellen“, kritisiert hingegen der FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann den Abschlussbericht. Für ihn sei es ein fatales Signal, wenn engagierte Beamte, die gegen die als hochgradig gewaltbereit bekannte Antifa vorgehen, von der eigenen Regierung zum Sündenbock gemacht werden.

Geradezu weltfremd sei zudem der Vorwurf, die Polizei wäre nicht zuständig gewesen, sondern die Bezirksverwaltungsbehörde. „Jeder Bürgermeister in Österreich weiß, dass die Bezirksverwaltungsbehörden für solche Einsätze gar nicht die Kapazitäten haben und sich daher immer der Exekutive bedienen. Dass ausgerechnet Innenminister Karner, selbst langjähriger Bürgermeister, das nicht wissen will, ist ein Offenbarungseid seiner völligen Verantwortungslosigkeit“.

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