Konflikte, die niemand mehr will

Unmut nach dem Einsatz: Eine Demo in Klagenfurt.
Es gibt diese Zeitfenster in der Geschichte, in denen plötzlich Konflikte überwunden werden, die über Jahrzehnte unlösbar schienen. Ein solches tat sich 2011 auf, als ausgerechnet der Jörg-Haider-Intimus, BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, gemeinsam mit SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer eine Lösung im Kärntner Ortstafelstreit zustande brachte. Ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Normalisierung im Zusammenleben der deutsch- und slowenischsprachigen Volksgruppen.
Tatsächlich schien es bis vor wenigen Tagen so, als sei der Konflikt ein für alle Mal überwunden: Vorbei die Blut-und-Boden-Rhetorik, die noch vor zwei Jahrzehnten die Debatte in Kärnten prägte. Vorbei die ständigen Provokationen, zu denen sich ein Jörg Haider noch hinreißen ließ.
Doch wie fragil die Harmonie ist, zeigte das letzte Juli-Wochenende: Da geriet ein Polizeieinsatz gegen ein Antifa-Camp auf der für die Slowenen so wichtigen NS-Gedenkstätte Peršmanhof völlig aus dem Ruder. Ohne Not wurden binnen weniger Stunden die Gespenster der Vergangenheit wieder zum Leben erweckt. „Man dürfe nicht den Frieden in Kärnten aufs Spiel setzen“, klingt es jetzt bange, während Slowenen die Vorkommnisse als „fast noch schlimmer“ als den Ortstafelsturm 1972 empfinden.
Ob in der Polizei Kräfte am Werk sind, denen ein friedliches Zusammenleben der Volksgruppen ein Dorn im Auge ist, ob schlichtes Unvermögen zu einem derart überschießenden Vorgehen an dem so sensiblen Ort führte, oder ob der Einsatz tatsächlich optimal abgelaufen ist, wie zuletzt bei der Polizei beteuert wurde, muss rasch geklärt werden.
Völlig unabhängig davon stellt sich aber auch die Frage, ob der Peršmanhof der richtige Austragungsort für ein Camp ist, bei dem Parolen wie „Heimat im Herzen, Scheiße im Hirn“ affichiert werden. Ohne Not gerät damit ein Gedenkort in den Verdacht, ein Hort für Polit-Agitation zu sein.
Wie ohne Not gute Beziehungen aufs Spiel gesetzt werden, führte zuletzt auch die Steiermark vor. Die dortige FPÖ-ÖVP-Regierung wollte die Landeshymne in die Verfassung heben. Wohl wissend, dass man damit Slowenien brüskiert, werden doch darin auch heute längst slowenische Gebiete besungen. Sollte Landeshauptmann Mario Kunasek dennoch über die Verstimmung überrascht sein, möge er sich an die Empörung seines Parteikollegen Haider erinnern, als Slowenien einst den Kärntner Fürstenstein auf seine Geldscheine und Münzen prägen ließ.
All dies sind unnötige Provokationen, die zu Konflikten führen, die außer ein paar Polit-Störenfrieden niemand mehr haben will. Weder in Klagenfurt noch in Graz noch in Ljubljana. Es gibt ohnehin noch globale Konflikte genug, ohne dass für deren Lösung Zeitfenster in Aussicht wären.
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