Meinl-Reisinger will regieren: "Niemand soll ohne uns eine Mehrheit haben"

Meinl-Reisinger will regieren: "Niemand soll ohne uns eine Mehrheit haben"
93 Prozent bei Mitgliederabstimmung: Für drei weitere Jahre ist Meinl-Reisinger als Parteichefin bestätigt.

Bei hellen Elektro-Klängen und demonstrativ guter Laune wollten die Neos am Samstag "die nächste Stufe zünden". Und zwar im Linzer Design Center, wo Beate Meinl-Reisinger als Parteichefin von den Mitgliedern per E-Voting gewählt wurde - ein Novum in Österreich.

Das machte sich auch gleich bemerkbar: Mit etwa 150 Anwesenden war die Veranstaltungshalle nicht einmal halb leer. 432 Mitglieder waren zur Abstimmung berechtigt. Meinl-Reisinger wurde mit 93 Prozent der Stimmen für die nächsten drei Jahre als Parteichefin bestätigt. Etwas weniger als im Juni 2018, als sie mit 94,8 Prozent zur neuen Neos-Chefin gekürt worden war.

Neos wollen "Schlüsselrolle" spielen

"Als ich übernommen habe, standen wir bei sechs Prozent. Jetzt stehen wir bei soliden zehn Prozent", sagte die Parteichefin. "Worum es mir eigentlich geht: Was bedeuten wir den Menschen in diesem Land?" Derzeit sei man auf Bundesebene "die effektivste, die schlagkräftigste, ja, die antreibende Opposition".

Jetzt wollen die Pinken mehr. Sie möchten mitregieren und die "strukturelle Mehrheit rechts der Mitte brechen". Zumindest 15 Prozent sollen es bei der nächsten Nationalratswahl werden.

"Wir wollen Verantwortung übernehmen. Wir wollen, dass an uns niemand vorbeikommt und weder Links, noch Rechts, eine Mehrheit ohne die Mitte, ohne die Neos hat." Man wolle eine "Schlüsselrolle" bei künftigen Regierungsmehrheiten spielen, betonte Meinl-Reisinger.

"Geht um Volksvermögen, verdammt"

Dann folgte der erwartete Rundumschlag gegen die "türkise" ÖVP, deren Postenschacher und Angriffe auf Vertreter der Justiz. "Das ist unser Land, da geht's um Volksvermögen, verdammt nochmal! Macht ist kein Selbstzweck", wurde Meinl-Reisinger laut. Etwas leiser meinte sie dann: "Vielleicht tut es der ÖVP ganz gut, demütig wieder in der Opposition zu sein."

Freiheit garantieren, die Jugend vertreten, verantwortungsvolle Entscheidungen treffen: Das sei nun ihr Ziel. Die Blümel-Prämisse "Koste es, was es wolle" sei mit dem "süßen Gift der Bevormundung" versehen gewesen. Aus liberaler, freiheitsliebender Sicht eine "toxische Kombination", sagte Meinl-Reisinger.

Hohe Zustimmung für Wiederkehr und Rot-Pink

Die neue alte Chefin bekam auch neue Stellvertreter im Vorstand: Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer. In Wien und Salzburg regieren die Neos mit.

Wiederkehr und Klambauer ersetzen Nikolaus Scherak, der stellvertretender Klubobmann bleibt, sowie Josef Schellhorn. Den neuen Vorstand komplettieren Europaabgeordnete Claudia Gamon, stellvertretende Klubobmann Gerald Loacker, die Innsbrucker Gemeinderätin Julia Seidl und Finanzreferent Michael Bernhard.

Die Mitglieder wählten Wiederkehr mit 94,19 Prozent in den Vorstand - ein besseres Ergebnis als die Parteichefin und alle anderen Kandidaten. Die rot-pinke Koalition in Wien kommt offenbar besser an bei der Basis, als die schwarz-grün-pinke in Salzburg: Klambauer erreichte 78,9 Prozent.

"Es braucht Neos in der Regierung"

"Ich freue mich sehr, dass jetzt so viele Bundesländer vertreten sind, auch das Frauen-Männer-Verhältnis ist ein gutes", sagte Klambauer vorab dem KURIER und sprach von einer "Verbreiterung des Vorstands".

Wiederkehr bekräftigte im KURIER die neue Zielsetzung: "Der neue Vorstand zeigt, dass wir regierungsfähig sind und gut mitregieren können." Das zeige man in Salzburg und in Wien, so Wiederkehr: "Genau das wird jetzt auch im Vorstand abgebildet und ist natürlich auch ein Zeichen, dass weitere Regierungsbeteiligungen von Neos erfolgen werden."

Als Vertreter der Abteilung Attacke präsentierte sich Loacker: Der "türkisen korrupte Partie", aber auch "den Roten", müsse man auf die Finger schauen. "Schwertwetzen statt Wertschätzen", bilanzierte Loacker.

"Enkelfitte" Zukunft

Das Motto des Parteitags, laut Leitantrag: Die Neos plädieren für einen "echten Neustart". Dabei sollten mehrere thematische Schwerpunkte gesetzt werden. Neben Modernisierungen im unternehmerischen Bereich, einem "enkelfitten" Pensionssystem, Digitalisierung, Bildung und Transparenz, fordere man auch "ehrlichen Kampf gegen den Klimawandel".

Eypeltauer: "Rasender Stillstand"

Der Parteitag findet nicht grundlos in Linz statt. Im Herbst stehen in Oberösterreich Landtagswahlen an. Die Begrüßungsrede hielt der oberösterreichische Landessprecher Felix Eypeltauer, der als Spitzenkandidat der Pinken in Oberösterreich kandidiert. Es brauche in Oberösterreich genauso einen "Neustart", wie in der Bundesregierung, sagte Eypeltauer.

"Rasender Stillstand" sei Programm bei der ÖVP - auch bei Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer. "Die ÖVP versteht den Wandel nicht, der in der Welt stattfindet. Sie versteht die nächste Generation nicht", so Eypeltauer.

Startschuss schon am Freitag

Begonnen hat der Parteitag übrigens schon am Freitag. Da ging es allerdings um innerparteiliche Grundsatzfragen.

Es wurde etwa eine Statutenänderung verabschiedet, um die Partei "zukunftsfit" zu machen, wie es hieß. So wurde etwa die Grundlage für eine digitale Stimmabgabe bei der Mitgliederversammlung geschaffen. Die Satzungsänderung wurde unter dem Titel "NEOS werden digital" zusammengefasst.

Weitere Punkte, wie das intern durchaus heiß debattierte Procedere bei Vorwahlen, blieben "vorerst" unangetastet.

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