Parteifinanzen: ÖVP, SPÖ und FPÖ zunehmend unter Druck

Parteifinanzen: ÖVP, SPÖ und FPÖ zunehmend unter Druck
Die Zeit für eine Einigung auf neue Transparenzregeln läuft davon. Neos, Jetzt und Grüne befürchten eine Nullnummer.

Langsam wird die Zeit knapp. Bis Montagfrüh müssen sich die Parlamentsfraktionen auf neue Regeln in Hinblick auf die Finanzierung der heimischen Parteien geeinigt haben, sonst ist der Zug bis nach der parlamentarischen Sommerpause abgefahren.

Denn am Montag müssten die neuen Regeln im extra für diesen Zweck eingerichteten Unterausschuss des Verfassungsausschusses beschlossen werden, damit der Nationalrat sie noch vor der Sommerpause und damit rechtzeitig für den kommenden Wahlkampf beschließen kann.

Im Fokus stehen die drei großen Fraktionen ÖVP, SPÖ und FPÖ, denn ohne sie können keine neuen Regeln beschlossen werden. Die streiten sich jedoch um Details. Ein großer Wurf, wie ihn alle Experten von Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker abwärts angesichts des durch die Ibiza-Affäre geöffneten und viel zitierten "einmaligen historischen Zeitfensters" einfordern, scheint bereits jetzt außer Reichweite.

Kleinere Parteien für mehr Transparenz

In einem letzten Aufbäumen erhöhen darum die kleineren Parlamentsparteien Neos und Jetzt sowie die Grünen, die nach der Neuwahl im September wohl wieder in den Nationalrat zurückkehren werden, wenige Tage vor der Deadline noch einmal den Druck auf die drei Großen.

Die Neos beklagen die fehlende Gesprächsbereitschaft bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. Daher drohe am Ende des Tages eine "absolute Transparenz-Nullnummer“, warnt Generalsekretär Nikola Donig. Die "Altparteien“ hätten kein Interesse an neuen Gesetzen, strengeren Regeln, voller Rechenschaft über die Finanzen und scharfen Konsequenzen.

Dem Vernehmen nach werde stattdessen bilateral um Obergrenzen gefeilscht, so Donig: "Kein Wort von Transparenz und kein Wort davon, dass die Bürger über laufende Einnahmen und Ausgaben im Wahlkampf informiert werden sollen.“ Offenbar hätten die Großparteien den "Ernst der Lage nicht erkannt“, so der Neos-Generalsekretär.

Die Liste Jetzt schließt sich der Neos-Kritik an und wirft ÖVP, SPÖ und FPÖ "Packelei“ vor. "Wir haben festgestellt, dass es keine ernsthaften parlamentarischen Verhandlungen gibt, sondern eine Packelei, einen Drei-Parteien-Basar zwischen ÖVP, FPÖ und SPÖ mit dem Ziel, keine gebotene Kontrolle zu ermöglichen“, sagte Jetzt-Gründer Peter Pilz am Freitag.

Der Rechnungshof solle weiterhin nicht prüfen dürfen. Es sei nicht einmal möglich sicherzustellen, dass Unternehmen, die öffentliche Geschäfte machen, keine Parteien finanzieren dürfen. Da seien sogar die Neos dagegen, kritisiert Pilz: "Ich befürchte das Schlimmste.“

Grüne drängen auf Punktation

Grünen-Chef Werner Kogler forderte die Parlamentsparteien am Freitag schließlich dazu auf, den Vorschlägen von Rechnungshof-Präsidentin Kraker zu folgen, "wenn sie schon selber nichts zusammenbringen". Denn es werde "mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner brauchen, damit etwas weitergeht".

Parteifinanzen: ÖVP, SPÖ und FPÖ zunehmend unter Druck

Sollte es damit nichts werden, wovon Kogler ausgeht, will er zumindest eine Punktation, also eine Absichtserklärung, mit allen Parteien im Nationalrat vereinbaren, auf deren Basis im Herbst weiter über eine grundlegende Reform des Parteiengesetzes verhandelt werden soll.

Die Eckpunkte des Grünen Vorschlags mit dem Titel "Gläserne Parteikassen - saubere Politik":

  • Umfassende Kontrollmöglichkeiten "bis hinein in die Parteikonten". Und das am besten durch den Rechnungshof (RH) und nicht "durch einen Prüfer, den man sich selber aussucht", woraufhin der RH nur mehr "ein bisschen nachfragen darf".
  • Deutlich verschärfte Sanktionen - sowohl verwaltungsstrafrechtlicher als auch strafrechtlicher Natur. Im Verwaltungsstrafrecht soll verankert werden, dass, wer die Wahlkampfkostenobergrenze überschreitet, künftig das Doppelte, im Wiederholungsfall das Dreifache des Überschreitungsbetrags zahlen muss. Kogler: "Das hat eine präventive Wirkung, das hat einen Anreiz, wir leben in der Marktwirtschaft." Zusätzlich soll es bei vorsätzlichen schweren Verstößen auch strafrechtliche Sanktionen bis hin zu Haftstrafen geben.
  • Eine Spendenobergrenze von 10.000 Euro pro Spender und Jahr, womit auch die zuletzt bei ÖVP-Großspendern erneut in die Kritik geratene Stückelung von Spenden in mehrere Tranchen, um unter der Sofort-Meldeschwelle zu bleiben, kein Problem mehr wäre. Es sei "nicht gesund", wenn eine Firme eine halbe Million Euro "eintütet", um einen Wahlkampf zu finanzieren, meint Kogler. Denn: "Es reicht ja schon der Anschein, dass man im Nachhinein die Gesetze so macht, wie die Spender es sich wünschen." Für neue Parteien stellt sich Kogler ein deutlich höheres Limit von 50.000 Euro pro Spender und Jahr vor, "aber auch da braucht es eine Grenze".

Der ehemalige grüne Stratege und Wahlkampfleiter von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Lothar Lockl, warnte indes vor einem Großspendenverbot oder einer Spendenbegrenzung auch für neue Parteien und Präsidentschaftskandidaten. Denn dann hätten nur noch die Kandidaten der drei großen Parteien eine realistische Chance - ein "Einzementierungsgesetz" nennt das Lockl.

Bei den Korruptionsexperten von Transparency International rennen die Grünen mit ihren Forderungen hingegen offene Türen ein. Auch die NGO fordert die Einführung eines Straftatbestands mit Haftdrohung bei Falschmeldungen von Beträgen über 100.000 Euro.

Meldepflicht für Spender

Um die Möglichkeit für Umgehungen zu minimieren, sollen aus Sicht der Antikorruptions-Organisation zudem nicht nur Parteien, sondern auch Spender einer Meldepflicht an den Rechnungshof unterliegen. Anonyme Spenden an politische Parteien sollten verboten werden, ebenso wie indirekte Spenden und Zuwendungen an Parteien und nahestehende Organisationen. Mehrere Spenden derselben Person binnen kurzer Zeit sollten zusammengerechnet werden.

Außerdem müsse der Rechnungshof das Recht zur Bucheinsicht erhalten und berechtigt werden, Auskunftsersuchen an die Parteien zu richten. Für eine zeitnahe Kontrolle sollen Parteien ihren Rechenschaftsbericht bis zum 30. Juni des Folgejahres vorlegen müssen. Derzeit ist er binnen neun Monaten nach Ablauf eines Jahres beim Rechnungshof einzureichen. Die Veröffentlichung erfolgt dann oft erst ein weiteres Jahr später.

 

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