Warum Kurz seinem Vize Strache den Papamonat schenkt

Warum Kurz seinem Vize Strache den Papamonat schenkt
Politik von innen: Kanzler gewährte Strache "etwas Populäres", um FPÖ-Umfragen zu verbessern.

Sie treffen einander zwar regelmäßig, aber dieses eine Stelldichein war doch ein besonderes: Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache begingen den Jahrestag ihrer politischen Beziehung: es galt, ein Jahr türkis-blaue Bundesregierung zu feiern. Wobei: die Jubiläums-Glückseligkeit war etwas ungleich verteilt. Strache schwelgte zwar privat auf Wolke sieben – die Geburt seines Sohnes stand unmittelbar bevor, und er war auf dem Sprung in den Papamonat.

 

Politisch aber winkte dem Bundeskanzler das Glück. In den Umfragen war die ÖVP deutlich über ihr Wahlergebnis geklettert, während die FPÖ-Werte merklich sanken. Die Wirkung von einem Jahr Türkis-Blau in nackten Zahlen: Aus dem 5,5 Prozent-Abstand vom Wahltag 2017 (VP: 31,5 % zu FP: 26 %) war eine doppelt so große Kluft geworden. Heute – genau so wie zum türkis-blauen Jahrestag im Dezember 2018 – liegt die ÖVP in den Umfragen bei ca. 34 Prozent, die FPÖ bei rund 23 Prozent. Unterm Strich bedeutet das: Die ÖVP sackt den Regierungsbonus ein, die FPÖ bekommt den Malus ab.

 

Zu dieser Analyse kamen auch Kurz und Strache bei ihrem Jahrestag-Treffen.

Des Friedens willen

Eine dauerhafte Schieflage in einer Beziehung führt zu Eifersucht und Streit. Da diese Regierung hauptsächlich davon lebt, dass sie nicht streitet, zeigte sich Kurz großzügig. Er bot Strache sinngemäß einen Freischuss für etwas „Populäres“ an, um die Umfragewerte der FPÖ zu verbessern. Und Strache wünschte sich den Papamonat. Er war ja selbst gerade auf dem Sprung in die Babypause und wollte die Botschaft aussenden, dass künftig alle Väter die Chance haben sollten, den ersten Lebensmonat ihres Kindes zu Hause mitzuerleben.

Dass dann einige Wochen später nicht Strache, sondern Sozialministerin Beate Hartinger-Klein in der ORF-Pressestunde mit der Frohbotschaft hinausging, hat die ÖVP verwundert. „Wir wussten zwar, dass das Thema Papamonat irgendwann aufschlagen wird, aber Zeitpunkt und Form kamen dann doch überraschend“, heißt es in der ÖVP.

 

Die Entstehungsgeschichte des Papamonats illustriert die neuen Machtverhältnisse in der ÖVP. Sebastian Kurz agiert zwar durchaus wirtschaftsfreundlich – siehe 12-Stunden-Tag, Abschaffung der erhöhten Mehrwertsteuer im Tourismus und einige andere Goodies. Wenn der Kanzler aber politisch etwas will, geht er nicht lange fragen. Die Wirtschaft wird den Papamonat des türkis-blauen Koalitionsfriedens willen schlucken müssen. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck hat den Auftrag bekommen, eine Lösung zu suchen, dass auch Kleinbetriebe mit wenigen Angestellten die Väter-Auszeit organisatorisch hinbekommen.

Noch offen ist das Match um den Karfreitag. Die Wirtschaft will keine zusätzlichen Belastungen, aber auch hier fordert die FPÖ einen Feiertag für alle. Eine Variante lautet: Statt eines Feiertags gibt es einen weiteren Urlaubstag, der variabel für religiöse Feiern verwendbar wäre.

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