Vor Amtsantritt muss Rendi-Wagner eine Erklärung vor dem EU-Parlament abgeben und sich den Fragen der Abgeordneten stellen. Der Job in der wichtigsten EU-Gesundheitsbehörde ist auf fünf Jahre anberaumt. Als Direktorin folgt Rendi-Wagner der deutschen Medizinerin Andrea Ammon nach.
„Ich fühle mich zutiefst geehrt und bin dem Verwaltungsrat dankbar, dass er mir die Rolle des Direktors des ECDC anvertraut hat“, so die frühere SPÖ-Politikerin in einer ersten Stellungnahme.
Aufgaben der ECDC
Die ECDC mit Sitz in Stockholm spielt eine zentrale Rolle in der Vorsorge und im Kampf gegen Infektionskrankheiten, zuletzt allen voran bei der Eindämmung der Covid-19-Pandemie.
Die Agentur verarbeitet Überwachungsdaten zu etwa 60 übertragbaren Krankheiten aus allen 27 EU-Staaten sowie aus Island und Norwegen. Darüber hinaus arbeitet die ECDC auch eng mit der WHO zusammen.
Auf Basis der gesammelten Daten überwacht sie die gesamteuropäische Lage, aktuell etwa im Zusammenhang mit den Masern. Künftig wird sie sich auch mit Infektionskrankheiten beschäftigen müssen, die aufgrund des Klimawandels nach Europa kommen.
Der für die Nominierung der neuen Direktorin zuständige Verwaltungsrat setzt sich aus insgesamt 32 Vertretern der EU-Mitgliedstaaten, des EU-Parlaments und der EU-Kommission zusammen. Sie stimmten in geheimer Wahl über die zuletzt verbliebenen vier Kandidaten ab.
Mit dem Job in der EU-Besoldungsgruppe AD 14 ist ein Gehalt von rund 17.000 Euro verbunden.
Man sei überzeugt, dass Rendi-Wagners „Erfahrung, Vision und Pläne dem Zentrum in den nächsten fünf Jahren gute Dienste leisten werden“, heißt es seitens des ECDC-Vorstands.
Hohe Expertise
Offenbar hat das Gremium Rendi-Wagners langjährige Expertise an der Schnittstelle zwischen Medizin und Verwaltung überzeugt. War sie doch bereits als Ärztin zehn Jahre lang im Bereich Tropenmedizin und Infektionskrankheiten tätig.
Von 2011 bis 2017 war sie Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit und in dieser Funktion bereits sechs Jahre im ECDC-Verwaltungsrat tätig. 2017 wurde sie unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) Gesundheitsministerin. Nach dessen überraschendem Abgang als Parteichef folgte sie ihm im November 2018 als SPÖ-Vorsitzende.
Ein Posten, auf dem sie sich nie richtig etablieren konnte. Von Anfang an war sie mit Querschüssen aus den eigenen Reihen konfrontiert, die sich durch das schwache Abschneiden der SPÖ bei Wahlen in den folgenden Jahren verschärften. Nach der Niederlage in der internen Mitgliederbefragung im Frühjahr 2023 warf sie schließlich hin und zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass sich Rendi-Wagner für den Top-Job beworben hat. In seltener parteiübergreifender Einigkeit wurde sie dabei von Außen- und Gesundheitsministerium unterstützt. Alexander Schallenberg und Johannes Rauch waren denn auch am Mittwoch neben SPÖ-Chef Andreas Babler die ersten Gratulanten.
Die ECDC wird die dritte EU-Behörde mit österreichischer Leitung. Die Weiteren sind die Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma und Bernhard Uhl als Geschäftsführendem Direktor sowie die EU-Eisenbahnagentur (ERA) in der französischen Stadt Valenciennes, der Josef Doppelbauer als Exekutivdirektor vorsteht.
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