Ohne Migration würde Österreichs Bevölkerung massiv schrumpfen
Österreichs Bevölkerung wächst. 2080 werden laut Schätzungen der Statistik Austria hierzulande 10,3 Millionen Menschen* leben. Das liegt aber nicht an der Geburtenrate, sondern an der Zuwanderung. Mehr als 100.000 Asylanträge verzeichnete Österreich allein im vergangenen Jahr.
Dass ein beträchtlicher Teil der Menschen weiterzieht, relativiert den Rekordwert zwar etwas. Doch die Prognose zeigt: Ohne Zuwanderung würden 2080 nur noch 6,7 Millionen Menschen in Österreich leben – also so viele, wie in den 1950er-Jahren.
Mehr Tote als Babys
Heißt auch: In Österreich gibt es im Jahr mehr Tote als Neugeborene. 2021 standen rund 92.000 Todesfälle 86.000 Geburten gegenüber. Laut der Studie „Familien in Zahlen“ vom Institut für Familienforschung verzeichnete Österreich im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 zwar ein Geburtenplus um 2,4 Prozent. Insgesamt reicht die Zahl der Geburten aber bei weitem nicht aus, um die Todesfälle auszugleichen.
In Österreich wohnhafte Frauen gebären im Schnitt 1,5 Kinder in ihrem Leben. Um die Bevölkerung langfristig stabil zu halten, wäre laut Statistikern ein Niveau von 2,1 Kindern je Frau nötig.
Ausländerinnen bekommen mehr Kinder
Woran liegt das? Wohl nicht ausschließlich an den finanziellen Leistungen. Laut Wifo sind die Familienleistungen in Österreich von 2000 bis 2020 inflationsbereinigt um 48 Prozent gestiegen. Sie lagen 2017 bei rund 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – und somit über dem OECD-Durchschnitt von 2,3 Prozent.
Kritik gibt es vor allem daran, dass Österreich im OECD-Schnitt relativ wenig für Betreuungseinrichtungen ausgibt. Mögliche weitere Gründe, warum Österreicher nur wenige Kinder zeugen: unter anderem die Karriere oder die Angst, den Lebensstandard zu verlieren.
Allerdings gibt es auch bei der Geburtenrate einen großen soziodemografischen Unterschied. Österreicherinnen bekommen laut Österreichischem Integrationsfonds (ÖIF) 1,4 Kinder, im Ausland geborene Frauen 1,75 Kinder.
Bevölkerung verändert sich
Das hat laut Integrationsbericht 2022 langfristige Auswirkungen auf Österreichs Bevölkerung, sie werde sich „strukturell verändern“. Erstens verzeichnet Österreich deutlich mehr Zu- als Abwanderer. Zweitens ist die Zahl der in Österreich geborenen Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit größer als jene der Todesfälle von Ausländern. Heißt: Diese Gruppe verzeichnet sogar ein positives Geburtensaldo. Bei österreichischen Staatsbürgern ist das genau umgekehrt. Selbsterklärend: Einbürgerungen wirken dieser Entwicklung entgegen.
Gleichzeitig steigen die Herausforderungen in puncto Integration, etwa wegen mangelnder Deutschkenntnisse in Kindergärten und Volksschulen. Das macht sich in der Landeshauptstadt Wien, die den höchsten Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund aufweist, besonders bemerkbar: Bei Kindern, die unter fünf Jahre alt sind, haben rund 25 Prozent Bedarf nach mehr Sprachförderung.
Das mit Abstand kräftigste Bevölkerungswachstum wird es laut Statistik Austria übrigens in Wien geben. Bis zum Jahr 2040 soll die Wiener Bevölkerung um 13,3 Prozent und bis 2080 um 27,9 Prozent im Vergleich zu 2021 steigen. Schon im Laufe des Jahres 2024 würde Wien dann die Zwei-Millionen-Grenze knacken.
Dass die bloße Zahl der Migranten steigt, wirkt sich nicht ausschließlich positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Migranten haben es bei der Arbeitssuche deutlich schwerer als Österreicher. Hauptgrund: die Sprache. Aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse haben 43,6 Prozent der Migranten laut Statistik Austria Probleme bei der Arbeitssuche.
*Update, 5. Jänner: Im Vergleich zu einer früheren Version des Artikels wurde einige Werte im Nachhinein geändert, da die Statistik Austria ihre Bevölkerungsprognose, die am 30.11.2022 veröffentlicht wurde, am 20.12.2022 noch einmal korrigierte.
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