Der Gesetzesentwurf sieht bis 2028 einen schrittweisen Ausstieg aus russischem Gas zwingend vor. Am Freitag erklärte sich dann die ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf vor Journalisten zu Gewesslers Entwurf: „Wir stehen für Gespräche bereit, wir stehen aber nicht zur Verfügung für 30 Prozent höhere Energiepreise. Das gibt der Gesetzesentwurf des Klimaministeriums nicht her“, sagte Graf.
Höhere Energiekosten?
Warum sie mit einem Preisanstieg rechne? Da berief sie sich auf nicht näher genannte Experten, zudem nannte sie Mehrkosten durch die Gasspeicher-Umlage, die Deutschland auf exportiertes Gas erhebt, und die für 12 Prozent höhere Kosten sorgen würde.
Dann heißt es aus dem ÖVP-Klub, dass Gewesslers Entwurf künftig einen Herkunftsnachweis verlangt, dass eingekauftes Gas eben nicht aus Russland kommt. Das werde aber Mehrkosten verursachen, ist Graf überzeugt. Deshalb sollte Österreich hier nicht alleine vorpreschen, sondern auf EU-Vorgaben warten.
Und was sei eigentlich Österreichs Strategie, wenn kein (russisches) Gas mehr über die Ukraine nach Österreich komme? Graf: „Unsere Strategie sollte sein, dass wir Versorgungssicherheit schaffen. Wir müssen die Transitstrecken absichern in allen Richtungen. Und ein offenes Gespräch führen.“
Grüne sehen „Märchen“
Die Grünen reagierten wütend auf die „völlig verantwortungslose“ Reaktion aus dem ÖVP-Klub. „Es macht mich fassungslos, dass die Energiesprecherin der ÖVP, deren Partei uns mit in die Abhängigkeit von Putins Gas getrieben hat, immer noch das Märchen vom billigen russischen Gas erzählt“, sagt der grüne Energiesprecher Lukas Hammer dem KURIER. In Deutschland, das fast kein russisches Gas mehr beziehe, sei das Gas heute billiger als in Österreich. „Sollte sich Putin entscheiden, den Gashahn zuzudrehen, wird das noch dramatischere Auswirkungen auf unsere Gaspreise haben“, erklärt Hammer. „Die Abhängigkeit von Putins Gas ist eine Gefahr für unseren Wohlstand und für unsere Sicherheit. Wer jetzt den Ausstieg aus russischem Gas blockiert, muss auch die Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen.“
Zudem liege das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) der ÖVP schon seit Februar vor, diese habe aber bisher keine Rückmeldung an die Grünen geschickt.
Wirtschaftskammer: "Tappen in beispielslose Energiepreisfalle"
Am späten Nachmittag meldete sich zudem WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf zu Wort: "Wir stehen davor, in eine beispiellosen Energiepreisfalle zu tappen, die unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit ernsthaft gefährdet. Daher ist es dringend an der Zeit, Maßnahmen zu treffen, die die Gasversorgung absichern."
Dazu gehörten auch Maßnahmen, die sicherstellen, "dass wir im Übergang auch noch nach 2025 russisches Gas beziehen können. Das ist solange notwendig, bis die erforderliche Infrastruktur, insbesondere der WAG Loop, in Betrieb gegangen ist." Mit einer gesetzlichen Verpflichtung von Gaslieferanten zur Diversifizierung - wie von Gewessler vorgeschlagen - lasse sich die mangelnden Leitungskapazitäten nicht herbeizaubern: "Es braucht viel mehr konkrete Aktivitäten seitens des zuständigen Ministeriums, wie z.B. einen Genehmigungsturbo für wichtige Versorgungssicherheitsprojekte, um möglichst rasch Importe von nicht-russischem Gas in ausreichender Menge tätigen zu können.”
Aus dem Klimaministerium war allerdings zu erfahren, dass für den Ausbau der Pipeline nach Deutschland (WAG Loop) vom Finanzministerium noch keine Dokument zur Förderung des WAG Loop vorgelegt wurden. Zudem seien die Gas-Leitungen nach Italien und Deutschland auch technisch in der Lage, ausreichend Gas nach Österreich zu führen.
SPÖ warnt vor "Showpolitik" der Regierung
Die SPÖ, deren Stimmen im Parlament die Regierung jedenfalls benötigt, um Energiegesetze mit einer Zweidrittel-Mehrheit zu beschließen, wundert sich über den Koalitionsstreit: Im Februar habe Gewessler angekündigt, dass die Regierung Energieunternehmen dazu verpflichten wolle, ihren Gaseinkauf zu diversifizieren, um aus russischem Gas auszusteigen. Nun stelle sich heraus: Die Regierung sei sich wieder einmal nicht einig, denn die ÖVP blockiere die Maßnahme, so SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll: „Spricht die Regierung eigentlich noch miteinander? Anscheinend nicht. Die Regierung stellt damit die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung aufs Spiel!“
Für Schroll betreibe die Regierung „Showpolitik auf dem Rücken der Bevölkerung“. Den Menschen drohe die nächste Energiekrise, „und Schwarz-Grün schiebt sich gegenseitig die Verantwortung zu.“ Die Regierung solle den Streit beenden.
Kommentare