Raus aus "Russen-Gas" bis 2028: Wie Gewessler das schaffen will
Seit Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine kocht das Thema immer wieder hoch: Österreich hatte und hat eine sehr hohe Abhängigkeit von russischen Gasliegerungen. Sind diese Gaslieferungen gefährdet, hat uns die Gaskrise Ende 2022/2023 gezeigt, können die Preise enorm in die Höhe schnellen. Mit zahlreichen negativen Effekten für die Volkswirtschaft: Letztlich ist die nur langsam zurückgehende Teuerung vor allem auf die hohen Gaspreise zurückzuführen, die wiederum stark den Strompreis mitbestimmen.
Die Politik hat bisher nur Apelle an die Gasversorger gerichtet, man möge die Quellen „diversifizieren“, also versuchen, nicht-russische Anbieter von Erdgas unter Vertrag zu nehmen.
Das Ergebnis war außerordentlich ernüchternd: Es wird längst Monat für Monat untersucht, woher das Gas stammt, das in Österreich ins Gasnetz eingespeist wird. Der Anteil an russischem Gas wurde kaum weniger. Im Dezember 2023 gab es mit einem 98-prozentigem Anteil aus Russland einen neuen Rekord, die Folgemonate Jänner (97 Prozent) und Februar (87 Prozent) sahen kaum besser aus.
Energieministerin Lenore Gewessler war sichtlich sauer. Noch im Februar kündigte sie ein eigenes Gesetz, das eine Gasdiversifizierungspflicht und eine Ausstiegspflicht aus russischem Erdgas regelt.
Der Gesetzesentwurf wurde inzwischen dem Koalitionspartner ÖVP übermittelt. Eben dieser Entwurf liegt dem KURIER vor. Er umfasst Novellen des Gaswirtschaftsgesetzes, des Gasdiversifizierungsgesetzes und des Energielenkungsgesetzes.
Interessant sind dabei zwei Aspekte: Einerseits der verpflichtende Ausstieg aus "Russen-Gas", andererseits die Pflicht der Gaskonzerne zur Vorsorge für den Ernstfall.
Raus aus russischem Gas
Beginnend mit dem Gasjahr 2024/25 muss laut Entwurf jeder Gasversorger einen steigenden Anteil nicht-russischem Erdgas nachweisen. Im ersten Jahr muss dieser Anteil 40 Prozent der gesamten an Kunden gelieferten Menge betragen. Bis 2027/28 soll dieser Anteil stufenweise auf 100 Prozent steigen. 2028 sollte also gar kein russisches Gas mehr bezogen werden.
Die Gas-Börse CEGH in Wien müsste dafür eine entsprechende Methode entwickeln, aus der der Anteil von Gas nicht-russischer Herkunft am Handelspunkt hervorgeht. Und die Regulierungsbehörde wird in Zukunft die Herkunft der nach Österreich gelieferten Gasmengen jährlich abfragen und veröffentlichen. Die Gasversorger werden verpflichtet, entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen.
Vorsorge-Pflicht
Um einseitige und gefährliche Lieferbeziehungen zu verhindern, sollen laut Gesetzesentwurf die Gasversorger künftig nachweisen, dass sie auch beim Ausfall ihres jeweiligen größten Einzellieferanten alle ihre Kunden weiter mit Gas beliefern können. Diese Verpflichtung würde nur entfallen, wenn der Versorger nur nicht-russisches Gas bezieht oder, wenn ein diversifiziertes Lieferportfolio vorliegt. Das heißt: Der größte Einzellieferant liefert weniger als 25 Prozent des gesamten Gasabsatzes des Versorgers.
Die strategische Gasreserve als Notfallpolster der Republik wird durch das Gesetz bis 2027 verlängert.
Klimaministerin Gewessler braucht nun das ein Einvernehmen mit der Volkspartei - und zur Beschlussfassung neben der Einigung in der Koalition auch eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat. Die Grünen hoffen darauf, dass das Thema im Wahlkampf eine Rolle spielen wird, sofern Politiker oder Parteien dem Entwurf ablehnend gegenüberstehen.
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