ÖVP-Klubobmann: "Eigentum für Mittelstand nicht mehr leistbar"
KURIER: Die ÖVP veranstaltet eine große Klausur mit all ihren Abgeordneten. Beobachter sehen das als Wink, dass wir auf vorgezogene Neuwahlen zusteuern. Ist das so?
August Wöginger: Die große Konferenz ist seit Monaten geplant. Erstmals haben wir so eine Abgeordnetenkonferenz im Jahr 2019 in Bad Ischl abgehalten. Da hat sich gezeigt, dass das sehr sinnvoll ist.
Was ist das Ziel?
Erstens lernen die Bundes- und Landesabgeordneten einander wirklich gut kennen, und wir haben in den vergangenen vier Jahren in allen Bundesländern Wahlen durchgeführt. Daher gibt es personell einen großen Wechsel. Es geht darum, dass sich die Mandatare besser vernetzen können. Und zum Zweiten haben wir unser Zukunftsprogramm 2030 - und das wollen wir weiter ausarbeiten. Da ist das Thema Wohnen sehr wichtig, aber auch, dass sich Leistung wirklich wieder lohnen muss.
Vorgezogene Neuwahlen sind also nur Spekulationen?
Das sind haltlose Spekulationen. Wir sind in einer aufrechten, funktionierenden Koalition mit den Grünen. Das zeigt auch die Sondersitzung am Donnerstag, die wir einberufen haben. Da haben wir das Energieeffizienzgesetz auf der Tagesordnung, das die SPÖ blockiert hat, indem sie die Zweidrittelmehrheit verweigert hat. Das beschließen wir jetzt in den wesentlichen Punkten mit der einfachen Mehrheit. Das haben wir in einer Höchstgeschwindigkeit wieder ins Parlament gebracht.
In der Öffentlichkeit hatte man allerdings das Gefühl, dass der Ton etwas rauer geworden ist. Zuletzt zwischen Generalsekretär Christian Stocker und Umweltministerin Leonore Gewessler.
Natürlich sind wir zwei völlig unterschiedliche Parteien. Man soll aber diese Koalition daran messen, was wir abarbeiten und zusammenbringen. Und das ist wirklich viel. So haben wir in der Vorwoche im Plenum die höhere Gewinnbesteuerung bei den Energiekonzernen geschafft, damit die Preise sinken.
Also es bleibt dabei - gewählt wird im Herbst 2024?
Aus meiner Sicht ja.
Warum wird jetzt so stark auf das Thema Wohnen gesetzt? Ist das eine Folge der Landtagswahlen?
Wir haben eine Situation, dass Eigentum auch für den Mittelstand eigentlich nicht mehr leistbar ist. Eine kleine Eigentumswohnung zu kaufen oder sich ein kleines Haus zu bauen, ist für den Mittelstand praktisch nicht mehr möglich. Da muss man Lösungen finden. Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Es gibt natürlich wesentliche Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen dem Osten und dem Westen des Landes. Das muss bei einer großen Abgeordnetenkonferenz genau besprochen werden.
Das passiert genau zu einem Zeitpunkt, da ÖGB und Arbeiterkammer eine Mietpreisbremse fordern, weil es schon wieder zu Mieterhöhungen kommt. Wie reagiert die ÖVP darauf?
Da geht es um den Kategoriemietzins. Das sind rund 140.000 Mieten von über zwei Millionen, die es in Österreich gibt. Das muss einmal dazugesagt werden. Das sind die billigsten Mietverhältnisse. Und wir haben um insgesamt 700 Millionen Euro Wohn- und Heizkostenzuschüsse zur Verfügung gestellt. Dieses Geld kommt sozial treffsicher bei jenen Mieterinnen und Mietern an, die niedrige Einkommen haben. Gleichgültig, in welcher Art von Mietverhältnis sie leben. Es geht ums Einkommen und das halte ich für gerechter.
Wenn es ums Eigentum geht, steht auch die Frage im Raum, wie junge Menschen überhaupt einen Kredit bekommen können, um eine Wohnung zu erwerben oder ein Haus zu bauen. Ist da nicht Handlungsbedarf?
Es geht darum, was wir als Gesetzgeber tun können, um es zu ermöglichen, dass Eigentum wieder leistbarer wird. Eigentum ist die beste Altersvorsorge.
Es geht aber auch um die Regeln, die die FMA den Banken auferlegt, wenn sie Kredite vergeben wollen.
Unter anderem. Wir wollen es breit diskutieren.
Was ist im Hinblick auf das Thema Leistung geplant?
Wenn man Vollzeit arbeiten geht - und die Betonung liegt auf Vollzeit -, muss es einen großen spürbaren Unterschied geben zu jenen Menschen, die auf eine soziale Hilfe oder Notstandsunterstützung angewiesen sind.
Dieser spürbare Unterschied ist möglich, wenn man einen Mindestlohn fixiert.
Löhne werden in Österreich von den Kollektivvertragspartnern verhandelt, und das ist auch gut so. Da soll sich der Gesetzgeber nicht einmischen. Um den angesprochenen Unterschied groß zu halten, hat der Bundeskanzler ja auch den Vorschlag eingebracht, dass es die volle soziale Unterstützung erst geben soll, wenn man sich fünf Jahre im Land befindet. Das gibt es in anderen Ländern wie Dänemark oder Griechenland. Das wollen wir auf der Klausur vertiefen, weil es einen Anreiz geben muss, in die Arbeit zu gehen. Wir haben 200.000 offene Stellen, alle Betriebe suchen de facto Mitarbeiter.
Bei seiner Rede hat Kanzler Karl Nehammer auch das Thema der Verbrennermotoren eingebracht und sich gegen ein komplettes Aus im Jahr 2035 gewehrt. In der EU wird das ein wenig anders gesehen. Jetzt sind bei der Klausur auch die EU-Abgeordneten dabei. Wie wird man die Diskussion anlegen?
So wie es der Kanzler gesagt hat. Wir sind einfach der Meinung, dass wir hier breiter werden müssen. Wir dürfen uns nicht nur auf die E-Mobilität beschränken. Das ist ein wichtiges Standbein, keine Frage. Aber es geht auch darum, ob es Verbrennermotoren gibt, die CO2-neutral laufen. Dann muss man solche Technologien fördern und auch zulassen. Wir werden gerade am Land immer auf das Auto angewiesen sein.
Es gibt jetzt aber auch den Beschluss in der EU, dass ab 2027 der Treibstoff um einiges teurer wird. Die EU-Abgeordneten der ÖVP haben da mitgestimmt.
Natürlich muss man die Klimaziele im Auge behalten, das ist keine Frage. Dazu stehen wir auch. Aber man muss die Preisentwicklung beobachten.
Seit den Landtagswahlen gibt es mittlerweile in drei Bundesländern schwarz-blaue Koalitionen. Wird das auch diskutiert?
Bundeswahlen sind Bundeswahlen, Landtagswahlen sind Landtagswahlen. Es ist richtig, dass wir nun in drei Bundesländern ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ haben, wir haben aber auch in drei Bundesländern eine aufrechte Koalition mit der SPÖ. In Vorarlberg regieren wir mit den Grünen. Es ist bunt gemischt, und es kommt immer auf die jeweilige Situation an.
Demonstrationen wie zuletzt in Salzburg gibt es aber immer nur, wenn es um Schwarz-Blau geht.
Es haben sich dort jene Parteien für eine Koalition entschieden, die die meisten Stimmen erhalten haben. Daher ist es legitim, dass diese beiden Parteien eine Koalition miteinander bilden.
Auf Bundesebene stellt sich aber immer wieder die Frage, ob die ÖVP den Juniorpartner abgeben würde, falls die FPÖ bei der Nationalratswahl den ersten Platz erreicht.
An solchen Spekulationen beteilige ich mich nicht. Wir haben als Volkspartei ein Ziel, dass wir bei den Wahlen im Herbst 2024 als Nummer eins über die Ziellinie gehen und dass Karl Nehammer Bundeskanzler bleibt, weil das Sicherheit und Stabilität für Land und Leute bedeutet.
Eine Frage auch zur SPÖ, wo am Samstag entschieden wird, ob Hans Peter Doskozil oder Andreas Babler die Partei führt. Haben Sie einen Wunschkandidaten?
Das entscheiden die Delegierten der SPÖ, und dann werden wir weitersehen.
Eine Gesprächsbasis hat man zu beiden?
Natürlich. Wir sind immer gesprächsbereit und werden mit allen reden. Hoffentlich kehrt nach dem Parteitag bei dieser Partei mehr Ruhe ein.
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