Österreichs Afghanistan-Plan mit Tadschikistan & Co

Zwar betonte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) auch am Samstag, dass er an Abschiebungen nach Afghanistan festhalten wolle. Ein genereller Abschiebestopp würde nämlich "illegale Migration" befeuern und den Schleppern in die Hände spielen. Die Expertenmeinung ist jedoch ziemlich einhellig: Realistisch sind Abschiebungen in das umkämpfte Land unter den aktuellen Voraussetzungen nicht mehr.
Sollte Afghanistan an die radikalislamischen Taliban fallen, sei davon auszugehen, dass diese das bestehende Rückführungsabkommen kündigen werden, meint Rechtswissenschaftler Walter Obwexer im KURIER. Dann wären Abschiebungen rechtlich definitiv nicht mehr möglich. Österreich bereitet sich nun auf dieses Szenario sowie auf Fluchtbewegungen aus Afghanistan vor.
Wie der KURIER erfuhr, plant Österreich für September eine Konferenz mit Afghanistans zentralasiatischen Nachbarstaaten – Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Ob diese physisch oder via Video stattfinden soll, sei noch offen, heißt es aus dem Innenministerium (BMI).
Nehammer: "Leid verhindern"
Ziel sei es, in dieser Region zielsichere Hilfe und Schutz zu leisten, mit Blick auf die bevorstehenden Fluchtbewegungen: "Hilfe vor Ort kann nur im Gleichklang mit den Partnern vor Ort funktionieren", sagt Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Nehammer: "Es gilt, diesen Staaten Hilfe zu leisten und gemeinsam mit ihnen zu verhindern, dass die international agierenden Schlepperorganisationen Profit aus dem Leid der Menschen schlagen."
Könnten in diese Staaten im Falle einer Kooperation Afghanen abgeschoben werden? "Dafür bräuchte es erstens die Zustimmung der betroffenen Länder und zweitens eine Einzelfallprüfung, ob die betroffene Person durch die Abschiebung nicht gefährdet wird", sagt Obwexer.
Auch im Sinne anderer EU-Staaten?
Österreich, Deutschland, Dänemark, Belgien, die Niederlande und Griechenland hatten am 6. August in einem gemeinsamen Brief gefordert, dass Abschiebungen nach Afghanistan möglich bleiben sollen. Deutschland, Dänemark und die Niederlande haben ihre Meinung bereits geändert und einen Abschiebestopp verhängt. Die Unterstützer des Briefes einigten sich gleichzeitig auch darauf, dass schutzbedürftige Personen in Afghanistans Grenzländern versorgt werden und der Grenzschutz gestärkt werden soll. Die Regierung setzt darauf, dass zumindest diese Willenserklärung nun eingehalten wird.
Kommentare