ÖGB-Chef Katzian: "Die Leute drehen schön langsam durch"
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian war am Sonntag in der ORF-Pressestunde zu Gast. Die Sektkorken hätten wegen der hohen Lohnabschlüsse in den ÖGB-Büros zwar nicht geknallt, doch Katzian sagte: "Insgesamt kann man sagen, dass die Sozialpartnerschaft da trotz aller Schwierigkeiten einen guten Job gemacht hat. [...] Ja, wir sind der Meinung, wir haben sehr gute Lohnabschlüsse gemacht."
Ungewöhnlich hohe Lohnabschlüsse
Die Bahnstreiks verteidigte Katzian noch einmal. Es bedurfte eben einer "Drucksituation", um die Gehaltssteigerung um 8,08 Prozent bzw. mindestens 480 Euro zu erzielen. Vielleicht gibt es diese Drucksituation schon bald wieder. Im Jänner werde man nämlich Bilanz ziehen und "die nächsten Schritte vorbereiten" - etwa die Forderung nach einem Mindestlohn von 2.000 Euro für sämtliche Branchen.
Im Handel liegt der Mindestlohn etwa noch bei 1.945 Euro. "Ganz klares Ziel ist, die 2.000 Euro Mindestlohn zu erreichen", sagte Katzian. Wenn es nicht auf dem Verhandlungsweg gehe, werde man sich wieder alternative Tätigkeiten - wie beim Bahnstreik - überlegen.
Forderung nach einem Mindestlohn
Höhere Zinsen? "Eine ordentliche Gaudi"
Katzian drängt angesichts der massiven Teuerung weiter auf ein Wärmepaket und inflationsdämpfende Deckel bei Mieten und Gütern des täglichen Bedarfs. Finanziert werden sollte dies über die Übergewinnsteuer - und zwar eine umfassendere als das "Light"-Modell der Regierung.
Preisdeckel hält Katzian nach wir vor für den richtigen Zugang - und weist Kritik daran zurück. Das sei "dieselbe Diskussion wie bei der Mehrwertsteuer, wo wir gefordert haben, sie auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs zu senken", ärgerte sich Katzian. Er könne dem Argument, dass genau dieser Weg in Ungarn dazu geführt hat, dass Produkte teurer geworden sind und viele Ungarn nun lieber in Österreich einkaufen, nichts abgewinnen. "Mir geht das so auf den Hammer", kommentierte Katzian Analysen, die Preisdeckel als "Gießkannen-Lösung" identifizieren.
Der Wocheneinkauf sei um 14 Prozent teurer geworden. "Wir können ja nicht so tun, als wären nur die Ärmsten der Armen von der Inflation betroffen", sagte Katzian. Das sei ja nicht lustig. Dass die Europäische Zentralbank (EZB) indes erneut den Leitzins auf nunmehr 2,5 Prozent erhöht hatte, werde zudem dazu führen, dass nun viele Kreditnehmer Probleme bei der Rückzahlung bekommen werden: "Da werden wir noch eine ordentliche Gaudi haben."
Kampf gegen die Inflation
Teures Gas "unmoralisch"
Als "unmoralisch" bezeichnete Katzian auch die hohen Gasvorschreibungen für Haushalte. Gerade deshalb forderte er wiederholt neben der Strom- auch eine Gaspreisbremse. "Die Leute drehen schön langsam durch. Da geht es um Menschen, um Schicksale, um die Würde von Leuten, die sich ein Leben aufgebaut haben", so Katzian. Der ÖGB schlägt seit dem Sommer einen Gaspreisdeckel von acht Cent pro Kilowattstunde (kWh) für die ersten 9.800 kWh vor.
Sowieso "der Geschnalzte" sei jemand, der sich um viel Geld eine Wärmepumpe eingebaut habe, um das Klima zu schützen, und dafür nun keine Ermäßigungen bekomme.
Wie Katzian Fachkräftemangel beheben will
Um dem Fachkräftemangel beizukommen, forderte Katzian bessere "Arbeitsbedingungen". Er bemängelte, dass bei öffentlichen Ausschreibungen immer die Billigst- statt der Bestbieter gewinnen würden.
Auch bei den Wiener Linien, die höhere Löhne zahlen und derzeit unter anderem keine Bim-Fahrer finden? "Die guten Arbeitsbedingungen haben ja nicht immer mit dem Geld zu tun", sagte Katzian und nannte etwa Arbeitszeiten als weiteren Faktor. Zudem müsse die duale Lehrlingsausbildung wieder gestärkt werden, die seit Jahren zurückgehen, weshalb etwa Schweißer oder Fräser fehlen würden.
Unterstützung für "Pam"
Katzian geht davon aus, dass die türkis-grüne Bundesregierung bis 2024 hält. Wer soll dann für die SPÖ als Spitzenkandidatin oder Spitzenkandidat ins Rennen gehen? "Die Pam (Pamela Rendi-Wagner, Anm.) ist die Parteivorsitzende, sie hat meine volle Unterstützung."
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