OECD: Warum das österreichische Schulsystem teuer ist

OECD: Warum das österreichische Schulsystem teuer ist
Neue OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2016" vergleicht Bildungsausgaben in den 35 Mitgliedsstaaten.
  • Kleine Klassen, alte Lehrer: Die neue OECD-Studie " Bildung auf einen Blick 2016" gibt Aufschlüsse darüber, warum das österreichische Schulsystem teurer ist als in anderen Industriestaaten.
  • Österreich investiert jährlich erheblich mehr pro Schüler in berufsbildenden Schulen als pro Schüler in allgemeinbildenden Schulen. Im Bereich der Sekundarstufe II besuchen Schüler häufiger berufsbildende Schulen als im Durchschnitt der OECD‐Länder.
  • Die Bildungsabschlüsse Erwachsener in Österreich spiegeln Herkunft und Bildungsstand der Eltern wider. Das Übertreffen des Bildungsstands der Eltern (Aufwärtsmobilität) ist bei jenen Kindern, deren Eltern im Ausland geboren wurden, geringer.
  • Geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen nach wie vor in bestimmten Studienfächern in der Hochschulbildung – und bei den Gehältern im späteren Leben. Frauen verdienen weniger als Männer bei vergleichbaren Bildungsabschlüssen.
  • Der Anteil von Erwachsenen mit tertiärem Abschluss nimmt in Österreich weiter zu, liegt jedoch nach wie vor leicht unter dem OECD‐Durchschnitt.

In Österreich wird in allen Schulbereichen deutlich mehr Geld pro Schüler ausgegeben, als im Schnitt aller 35 OECD-Länder. Im Volksschulbereich sind es kaufkraftbereinigt 10.780 US-Dollar (OECD-Schnitt: 8.477), im Sekundarbereich 15.024 Dollar (OECD: 9.811). Das geht aus der neuen OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2016" hervor - und die Studie benennt auch gleich die Gründe für die hohen Bildungsausgaben.

Vor allem die geringen Klassengrößen (im Schnitt im Volksschulbereich 18 Kinder gegenüber 21 im OECD-Schnitt bzw. im Sekundarbereich I 21 gegenüber 23 im OECD-Schnitt) und das höhere Alter der Pädagogen - verbunden mit entsprechend höheren Gehältern -, sind verantwortlich dafür, dass das Schulsystem in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern teurer ist. Dazu braucht es aufgrund der geringeren Unterrichtsverpflichtung mehr Pädagogen, um die Zahl der Unterrichtsstunden abzudecken.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung lagen die Bildungsausgaben 2013 (Anm: das sind die aktuellsten in der Studie angeführten Zahlen) jedoch unter dem OECD-Schnitt: In Österreich werden genau fünf Prozent des BIP für Bildungseinrichtungen vom Primar- bis Tertiärbereich verwendet, in der OECD sind es im Schnitt 5,2 Prozent.

Geringe Unterrichtsverpflichtung

Die Unterrichtsverpflichtung entspricht nur im Volksschulbereich dem OECD-Schnitt, im Sekundarbereich I (AHS-Unterstufe/Neue Mittelschule) stehen dagegen die österreichischen Lehrer jährlich um 87 Stunden kürzer in der Klasse (Ö: 607, OECD: 694), in der AHS-Oberstufe sind es 55 Stunden (Ö: 589, OECD: 644).

Was die höheren Gehälter betrifft, so verdienen Pädagogen in Österreich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen mehr als im OECD-Schnitt. Lag 2014 bei Volksschullehrern schon das Einstiegsgehalt mit rund 32.800 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr über dem OECD-Schnitt (31.000), ist der Abstand beim Höchstgehalt mit rund 64.000 noch größer (OECD: 51.300). Ähnlich verhält es sich in der Sekundarstufe I (Ö: rund 34.300 Start-, rund 66.600 Endgehalt; OECD: 32.500 bzw. 53.600) und der AHS-Oberstufe (Ö: 36.000 bzw. 74.500; OECD: 34.200 bzw. 56.200).

37 Prozent der Lehrer über 50 Jahre alt

Als Spezialproblem Österreichs kommt noch dazu, dass dieses Senioritätsprinzip aufgrund der Altersstruktur der Lehrer kostenmäßig immer stärker schlagend wird. Im Volksschulbereich sind in Österreich 37 Prozent aller Pädagogen 50 Jahre oder älter, in der OECD nur 31 Prozent. Am höchsten fällt der Unterschied im Sekundarbereich I aus: In der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule sind in Österreich 48 Prozent der Lehrer Silver Ager (OECD: 34 Prozent), an den Oberstufenschulen (Sekundarbereich II) kommt Österreich auf einen Anteil von 42 Prozent (OECD: 38 Prozent).

Einschränkung: Lehrer-Methusalems mit 60 Jahren oder darüber sind in Österreich - vermutlich wegen des geringeren faktischen Pensionsantrittsalters - eher selten. Der Anteil liegt je nach Schultyp zwischen drei und fünf Prozent (OECD: sechs bis neun Prozent).

Link: OECD-Studie "Bildung auf einen Blick"

AKADEMIKERQUOTE: 2015 lag der Anteil der Hochschulabsolventen an der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren in Österreich bei 31 Prozent (OECD-Schnitt: 35 Prozent). Das entspricht einem leichten Anstieg für Österreich gegenüber dem Vorjahr (30 Prozent), einem etwas stärkeren im OECD-Raum (2014: 33 Prozent). In Österreich werden seit dem Vorjahr nicht nur Hochschulabschlüsse zur Akademikerquote gezählt, sondern auch bestimmte Schulabschlüsse (BHS-Abschlüsse gelten nun als tertiäre Kurzausbildungen, Anm.). (A1.2 bzw. A1.3)

AUSGABEN PRO SCHÜLER/STUDENT: In Österreich betrugen diese 2013 von der Volksschule bis zur Hochschule kaufkraftbereinigt pro Kopf durchschnittlich 14.361 US-Dollar. Damit lagen sie weit über dem OECD-Schnitt von 10.493 Dollar. Gleiches gilt auch für die jeweiligen Einzelbereiche Volksschule, Sekundarstufe und - etwas eingeschränkt - Hochschulen. (B1.1)

BETREUUNGSVERHÄLTNIS: Vergleichsweise weniger Schüler als im OECD-Schnitt kamen 2014 in Österreich in der Volksschule und in der Sekundarstufe auf einen Lehrer: Im Primarbereich (Volksschule) sind es zwölf Schüler (OECD: 15), in der Sekundarstufe neun (OECD: 13). Lediglich im tertiären Bildungsbereich (Bachelor/Master/Doktorat) liegt dieser Wert mit 17 Studenten pro Lehrendem genau im OECD-Durchschnitt. (D2.2)

BILDUNGSAUSGABEN: Österreichs Bildungsausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung lagen 2013 unter dem OECD-Schnitt: In Österreich werden genau fünf Prozent des BIP für Bildungseinrichtungen vom Primar- bis Tertiärbereich verwendet, in der OECD sind es im Schnitt 5,2 Prozent. Greift man nur den Schulbereich heraus, kommt Österreich auf 3,2 Prozent (OECD-Mittelwert: 3,7 Prozent). Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben beträgt in Österreich 9,9 Prozent und ist damit ebenfalls unter dem OECD-Durchschnitt (11,2 Prozent). (B2.2. bzw. B4.2)

BILDUNGSMOBILITÄT: In Österreich gelingt ein sogenannter "Bildungsaufstieg" vor allem in Richtung Hochschulabschluss eher selten. Beispiel: Nur 21 Prozent der nicht mehr in Ausbildung befindlichen 25- bis 44-jährigen, deren Eltern höchstens einen Abschluss im Sekundarbereich II (v.a. Matura oder Lehre, Anm.) haben, schaffen selbst einen Hochschulabschluss - in der OECD sind es dagegen 43 Prozent. (A4.4)

BILDUNGSNIVEAU: Der Anteil von Personen mit mindestens einem Abschluss der Sekundarstufe II an den 25- bis 64-Jährigen lag in Österreich 2015 bei 85 Prozent (OECD: 78 Prozent). (A1.3)

GENDER GAP: Die Einkommen der Frauen hinken in Österreich hinterher: Sie verdienen unabhängig von der Bildungsstufe weniger. In Österreich erhält etwa eine 35- bis 44-jährige Frau mit Tertiärabschluss 72 Prozent dessen, was ein Mann mit gleichem Alter und Bildungsabschluss verdient (OECD-Mittel: 74 Prozent). (A6.2).

HOCHSCHULABSCHLUSSQUOTE: Für Österreich prognostiziert die OECD, dass 50 Prozent eines Altersjahrgangs im Lauf ihres Lebens ein Hochschulstudium abschließen werden. Das entspricht in etwa dem OECD-Schnitt (49 Prozent). Bedingt ist das vor allem durch die tertiären Kurzausbildungen, zu denen nun auch die BHS zählen. Ein Abschluss auf Bachelor-Niveau wird in Österreich dagegen nur genau einem Viertel prognostiziert (OECD: 38 Prozent), auf Master-Niveau 20 Prozent (OECD: 18 Prozent) und auf Doktoratsebene 1,9 Prozent (OECD: 1,7 Prozent). (A3.1)

INTERNATIONALE STUDENTEN: Mit 15 Prozent wies Österreich 2014 hinter Luxemburg (44 Prozent), Neuseeland (19 Prozent) und Australien (18 Prozent) ex aequo mit Großbritannien den vierthöchsten Anteil internationaler Studenten an den eigenen Hochschulen auf (OECD: sechs Prozent). Den Löwenanteil unter den ausländischen Studenten in Österreich machen mit 39 Prozent Deutsche aus, gefolgt von Italienern (12,5 Prozent). (C4.1)

KINDERGARTEN: In Österreich besuchen 36 Prozent (OECD: ebenfalls 36 Prozent) der Zweijährigen und 73 Prozent (OECD: 71 Prozent) der Dreijährigen eine frühkindliche Bildungseinrichtung. Bei den Vierjährigen sind 92 Prozent (OECD: 86 Prozent) im Kindergarten, bei den Fünfjährigen 96 Prozent (OECD: 95 Prozent). (C2.1)

KLASSENGRÖSSE: 2014 saßen in Österreich im Schnitt in der Volksschule 18 Kinder in einer Klasse (OECD: 21), nur in Estland, Lettland und Luxemburg waren es noch weniger. Im Sekundarbereich I (AHS-Unterstufe, Hauptschule/Neue Mittelschule) lag die durchschnittliche Klassengröße bei 21 Schülern (OECD: 23), damit liegt Österreich im vorderen Mittelfeld. (D2.1)

LEHRERALTER: Österreich hat im OECD-Vergleich relativ alte Lehrer. Im Volksschulbereich sind in Österreich 37 Prozent aller Pädagogen 50 Jahre oder älter, in der OECD sind es 31 Prozent. Am höchsten fällt der Unterschied im Sekundarbereich I aus: In der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule sind in Österreich 48 Prozent der Lehrer mindestens 50 Jahre (OECD: 34 Prozent), an den Oberstufenschulen (Sekundarbereich II) kommt Österreich auf einen Anteil von 42 Prozent (OECD: 38 Prozent). Lehrer mit 60 Jahren oder darüber sind in Österreich - vermutlich wegen des geringeren faktischen Pensionsantrittsalters - dagegen eher selten: Der Anteil liegt ja nach Schultyp zwischen drei und fünf Prozent (OECD: sechs bis neun Prozent).

LEHRERGEHÄLTER: Pädagogen verdienen in Österreich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen mehr als im OECD-Schnitt. Lag 2014 bei Volksschullehrern schon das Einstiegsgehalt mit rund 32.800 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr über dem OECD-Schnitt (31.000), ist der Abstand beim Höchstgehalt mit rund 64.000 US-Dollar noch größer (OECD: 51.300). Ähnlich verhält es sich in der Sekundarstufe I (Ö: rund 34.300 Start-, rund 66.600 Endgehalt; OECD: 32.500 bzw. 53.600) und der AHS-Oberstufe (Ö: 36.000 bzw. 74.500 US-Dollar; OECD: 34.200 bzw. 56.200 US-Dollar). Im Vergleich zu anderen Akademikern stehen Lehrer in Österreich etwas schlechter da: So verdient ein Lehrer in der Volksschule 77 Prozent vom durchschnittlichen Akademiker-Gehalt, in der Sekundarstufe I sind es 86 und in der AHS-Oberstufe 94 Prozent (OECD: 81 bzw. 85 und 89 Prozent). (D3.1a, D3.2a)

NEETS: Der Anteil junger Menschen, die sich weder in Beschäftigung noch in Ausbildung befinden (NEET; Not in Education, Employment or Training), lag in Österreich 2015 mit 11,7 Prozent der 20- bis 24-Jährigen unter dem OECD-Mittelwert von 17 Prozent. (C5.2)

PRIVATE BILDUNGSAUSGABEN: Der Anteil der privaten Ausgaben für Bildungseinrichtungen liegt in Österreich bei lediglich fünf Prozent (OECD: 16 Prozent). Dies ist vor allem auf den Hochschulsektor und das Fehlen von Studiengebühren zurückzuführen: 2013 betrug der Privatanteil im Tertiärbereich in Österreich fünf Prozent, in der OECD dagegen 30 Prozent. (B3.1b)

STUDIENANFÄNGERQUOTE: 2014 begannen in Österreich 70 Prozent eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium (OECD: 68 Prozent). Ohne internationale Studierende würde dieser Prozentsatz allerdings nur 57 Prozent betragen (OECD: 61 Prozent). Ein tertiäres Kurzprogramm (z.B. 4. und 5. BHS-Jahrgang) begannen dabei 35 Prozent eines Altersjahrgangs (OECD: 18 Prozent), ein Bachelor-Studium 41 Prozent (OECD: 59 Prozent), ein Masterstudium 28 Prozent (OECD: 23 Prozent) und ein Doktoratstudium 3,7 Prozent (OECD: 2,5 Prozent). (C3.1)

UNTERRICHTSZEIT - LEHRER: Volksschullehrer müssen in Österreich (779 Stunden pro Jahr) geringfügig länger unterrichten als im OECD-Schnitt (776 Stunden). Im Sekundarbereich I stehen dagegen die österreichischen Lehrer jährlich um 87 Stunden kürzer in der Klasse (Ö: 607, OECD: 694), in der AHS-Oberstufe sind es 55 Stunden (Ö: 589, OECD: 644). Die Zahl der Unterrichtstage liegt in Österreich mit 180 in allen Schulformen fast im OECD-Schnitt (Volksschule: 183, Sekundarstufe I: 181, AHS-Oberstufe: 180), die (allerdings nur für Pflichtschullehrer definierte) Jahresarbeitszeit indes darüber (Ö: 1.776; OECD: 1.585 für Volksschule, 1.609 für Sekundarstufe I). (D4.1, D4.2)

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