Nulldefizit in Gefahr? Damoklesschwert über dem Budget

Finanzminister Hartwig Löger
Nach guten wirtschaftlichen Bedingungen zum Start muss sich Türkis-Blau heuer wärmer anziehen.

Das Ausmaß des Konjunkturabschwungs ist noch ungewiss. Gewiss ist, dass der Abschwung kommt – mit negativen Auswirkungen auf Steuereinnahmen und Budget sowie möglicherweise auf das Nulldefizit und die Steuerreform.

Kurzum: Der budgetäre Spielraum für Finanzminister Hartwig Löger wird nach einem wirtschaftlich sehr günstigen ersten Regierungsjahr von Türkis-Blau enger. Vorbei sein dürften die Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen und kräftig sinkender Arbeitslosenzahlen.

Ende März präsentieren das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) ihre neuen Prognosen für 2019 und 2020. Kurz danach muss Löger die neuen Daten verknüpft mit seinen Budgetzahlen nach Brüssel melden.

Doch schon jetzt wird im Finanzministerium heftig gerechnet, denn die Tendenz ist nach den bereits vorliegenden internationalen Prognosen klar: Es geht abwärts.

Nulldefizit in Gefahr? Damoklesschwert über dem Budget

Führende Wirtschaftsforscher halten die wichtigsten türkis-blauen Finanz-Ziele zwar noch immer für erreichbar, aber der Druck auf Reformen in den verschiedensten Bereichen (Föderalismus, Verwaltung, Förderungen, Pensionen etc.) steigt natürlich, wenn sich die Einnahmensituation für den Staatshaushalt verschlechtert. Neue, teure Großprojekte – etwa in der Pflege – müssen dann auf den Prüfstand.

Situation nicht trivial

IHS-Chef Martin Kocher sagt dazu im Gespräch mit dem KURIER: "Wir waren schon bei der Prognose im Dezember sehr vorsichtig. Wie weit die Datenjetzt nach unten angepasst werden müssen, ist noch nicht ganz sicher. Aus heutiger Sicht bleiben das Nulldefizit 2019 und die geplante Steuerreform machbar, aber die Situation ist nicht trivial. Es wird sicher schwieriger für den Finanzminister."

Nulldefizit in Gefahr? Damoklesschwert über dem Budget

Das sieht auch Christian Helmenstein, Chefökonom der einflussreichen Industriellenvereinigung (IV), so. Und geht noch einen Schritt weiter als Kocher.

Helmenstein regt an, größere Teile der für die Jahre 2021/2022 geplanten Steuerreform auf das kommende Jahr vorzuziehen, um dem Konjunkturabschwung etwas entgegen zu setzen und den heimischen Konsum zu stützen.

Helmenstein sagt: "Ich halte das Gerede von einer drohenden Rezession in Deutschland für unnötigen Alarmismus. Und für Österreich haben wir schon vor einem Jahr gesagt, dass das Wirtschaftswachstum 2019 um einen ganzen Prozentpunkt schwächer ausfallen wird als 2018, also grob 1,7 nach 2,7 Prozent. Aber ja, wir stehen jetzt vor einer zusätzlichen Anpassung nach unten. Insofern wäre ein Vorziehen der Steuerreform sinnvoll, weil eine Entlastung erst in den Jahren 2021 und 2022 hilft der Konjunktur dann nicht mehr."

Nulldefizit in Gefahr? Damoklesschwert über dem Budget

So weit ist die Bundesregierung freilich noch lange nicht. Vielleicht ist eine Planänderung auch gar nicht nötig und der Konjunkturabschwung hält sich mit ein wenig Glück in Grenzen.

Die neueste Prognose für das heimische Wirtschaftswachstum 2019 stammt von der Kommission in Brüssel aus dem Februar und liegt bei 1,6 Prozent. Mit 2,0 Prozent hat das Wifo noch im Dezember gerechnet. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von grob 400 Milliarden Euro "kostet" jedes Zehntelprozentpunkt an Wachstum also rund 400 Millionen Euro.

Doch Löger beruhigt im KURIER-Gespräch: "Auswirkungen auf das Budget sehe ich nicht, weil unsere Kalkulationen konjunkturbereinigt erstellt werden. Noch dazu muss man sagen, dass die Wirtschaft wächst und nach wie vor in Schwung ist. Wie geplant werden wir also 2019 den ersten administrativen Überschuss seit 1954 erreichen. Gleichzeitig haben wir mit dem Familienbonus Plus die größte familienpolitische Entlastung auf den Weg gebracht."

Steuerreform hält

Das bedeutet: Derzeit sieht man im Finanzministerium keinen Anlass an der Finanzierbarkeit der Steuerreform oder der Abschaffung der kalten Progression zu zweifeln. Die aktuelle Planung wäre auch dann nicht gefährdet, heißt es, wenn das Wachstum heuer sogar um ganze zwei Prozentpunkte niedriger ausfallen würde als 2018.

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